Pruritus: internistische und dermatologische Versorgung Logo of esanum https://www.esanum.de

Chronischer Pruritus: Dermatologie und Innere Medizin Hand in Hand

Juckreiz betrifft uns alle. Sollte sich dieser allerdings chronifizieren, muss den Ursachen des Pruritus auf den Grund gegangen werden. Hier sind nicht nur Dermatologen, sondern auch Internisten gefragt.

Unterschiedliche Formen des Pruritus 

In Deutschland sind mehr als 10 Millionen Menschen von Juckreiz betroffen. Dieser wird dann als chronisch kategorisiert, wenn er länger als sechs Wochen anhält. Dabei wird zwischen chronischem Juckreiz auf unbefallener Haut und Pruritus auf befallener Haut unterschieden, da ausgehend davon festgestellt werden kann, ob eine dermatologische oder internistische Ursache zugrunde liegt. 

Allgemeine Maßnahmen gegen Juckreiz

Grundsätzlich gibt es zunächst allgemeine Maßnahmen, die getroffen werden können, um den Pruritus einzudämmen, wie Prof. Staubach-Renz auf dem DGIM betonte: 

Dermatologische Therapie von Juckreiz 

Tritt der Pruritus auf befallener Haut auf, so kann zunächst eine topische Behandlung verordnet werden, die aus einer dreiteiligen Basistherapie besteht. Diese sollte hydratisierende, fettende sowie filmbildende Komponenten enthalten.1 Feuchthaltefaktoren sorgen für die Bindung von Wasser im Haut, rückfettende Stoffe füllen die interzelluläre Lipidmatrix auf, und der filmbildende Teil der Therapie legt einen hydrophoben Film auf die Hautoberfläche und reduziert somit den Feuchtigkeitsverlust der Haut. 

Beispiele für mögliche Zusammensetzungen der lokalen Therapie finden sich in den Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus.2

Sollte die Basistherapie den Pruritus nicht minimieren, kann auch eine systemische Behandlung in Frage kommen. Dabei sind laut Prof. Staubach-Renz Antihistaminika der zweiten Generation Mittel der Wahl, da man diese bis zur vierfachen Dosis hochdosieren kann. Auch bei chronischer Urtikaria helfen diese.1
Neue und zukünftige Behandlungsoptionen sind zum einen die Wirkstoffgruppe der kleinen Moleküle, zum Beispiel JAK-Inhibitoren, PDE-4-Inhibitoren und NK-1-Rezeptor-Antagonisten. Außerdem werden in Zukunft auch Biologika eine Rolle in der Therapie von Pruritus spielen. Insbesondere die Blockierung des inflammatorischen Zytokins IL-31 erweist sich als vielversprechend bei der Minimierung chronischen Juckreizes.1

Internistische Pruritus-Behandlung 

Wenn der Juckreiz bei unbefallener Haut auftritt, sind zumeist internistische, neurologische oder psychosomatische Ursachen Auslöser für den Pruritus. Um dies herauszufinden, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen medizinischen Fachbereiche essentiell, betonte Prof. Mettang.

Innere Erkrankungen, die Juckreiz auslösen, sind unter anderen: 

Selbst wenn die Haut zu Beginn nicht verändert ist, kann es im Laufe der Zeit zu sekundären Hautveränderungen wie Xerosis cutis, Kratzexkoriationen und chronischer Prurigo kommen, weswegen eine internistische Behandlung des Pruritus äußerst wichtig ist. 

Bisher wurden in den Leitlinien zur Therapie des chronischen Pruritus bei schwerer Niereninsuffizienz2 vor allem Gabapentin, Pregabalin und eine UVB-Lichttherapie empfohlen. Neu aufgenommen wurde nun Difelikefalin, ein Kappa-Opioid-Rezeptor-Agonist, der dafür sorgt, dass der Juckreiz auf Rückenmarksebene durch das Schmerzempfinden modifiziert wird. 

Häufig kann der chronische Juckreiz der Diagnose der ursächlichen Krankheit vorausgehen, so auch bei Polyzythämia vera. Typisch für diese ist ein aquagener Pruritus, der durch Wasserkontakt ausgelöst wird und insbesondere an Armen, Beinen und dem Oberkörper auftritt. Auch für Morbus Hodgkin kann Juckreiz ein initiales Symptom sein oder typischerweise ein Rezidiv ankündigen und sollte somit stets ernst genommen werden.

Zum Abschluss betonte Prof. Mettang deswegen, bei unklarem Pruritus immer interdisziplinär zu denken, um der Ursache auf den Grund zu gehen – und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen.3

Weitere Highlights vom DGIM 2023 finden Sie in unserer Kongressberichterstattung.

Referenzen:
  1. Staubach-Renz, Petra. "Symptomatische Behandlung des schweren Pruritus – Management aus dermatologischer Sicht". Session: Pruritus – nicht nur an der Oberfläche kratzen. DGIM Kongress 2023. 
  2. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-048
  3. Mettang, Thomas. "Strategien bei der Behandlung von Pruritus im Rahmen innerer Erkrankungen – worauf können wir uns stützen?". Session: Pruritus – nicht nur an der Oberfläche kratzen. DGIM Kongress 2023.