"Mit dem Rauchen aufzuhören ist meist nicht das Problem. Doch nicht wieder damit anzufangen, ist für viele Rauchende kaum durchzuhalten", weiß Frau Dr. Pieper im Interview zu berichten.
Mit jedem weiteren Jahr als Raucherin oder Raucher nimmt allerdings das Risiko für Komorbiditäten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Diabetes mellitus oder sogar Krebs zu. Daher wird aktuell darüber nachgedacht, ob E-Zigaretten nicht als geeignetes Mittel der Harm Reduction besonders gefährdeten Menschen angeboten werden sollten.
Der Vorteil eines solchen Vorgehens: Gelingt es, stark Rauchende auf die E-Zigarette umzustellen, so können diese ihre Schadstoffbelastung um bis zu 90 % senken im Vergleich zur konventionellen Tabak-Zigarette. Komplett risikofrei sind jedoch auch die E-Zigaretten nicht. Der Einfluss der Lösungsmittel in den Liquids sowie der Schadstoffe im Dampf ist bisher noch nicht abschließend untersucht. Insbesondere die Pulmologie sieht hier Gefahrenpotenzial.
Doch birgt der Umstieg auf das Dampfen ebenso einen großen Nachteil: Die in den E-Zigaretten verdampften Liquids sind heutzutage in verschiedenen Nikotinstufen verfügbar. Wird also das Tabakrauchen durch äquivalente Mengen an Nikotin beim Dampfen ersetzt, ohne die Konzentration sukzessive zu reduzieren, fehlt der Anreiz zur Nikotinentwöhnung. Insbesondere für Menschen mit Diabetes oder Gefäßerkrankungen wäre ein vollständiger Verzicht auf das Rauchen oder Dampfen aus medizinischer Sicht jedoch die beste Wahl.
Die Rauchentwöhnung ist zudem gleichermaßen ein Thema, welches viele Ärztinnen und Ärzte selbst betrifft. Gerade bei Kongressen verwandelt sich der Eingangsbereich zum Kongress-Center nicht selten in einen menschgemachten Nebelwald. Hier und da mischen sich dann auch schon einmal Dampfwolken diverser E-Zigaretten mit dem Tabakrauch der konventionellen Zigaretten.
"Ganz klar, dass Ärztinnen und Ärzte in der Beratung ihrer Patientinnen und Patienten zum Rauchstopp eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen sollten", schätzt Frau Dr. Pieper ein. Doch Ärztinnen und Ärzte sind eben auch nur Menschen, die auf Stress ganz unterschiedlich reagieren können. Arbeitsverdichtung, Überstunden und fehlender Ausgleich/chronischer Stress sind sehr starke Trigger für das Rauchen.
Arbeitgeber und Institutionen der ärztlichen Selbstverwaltung sowie Berufsverbände und Fachgesellschaften sind daher aufgerufen, sich mehr um ihr ärztliches Personal zu kümmern, geeignete Präventionsangebote zu schaffen und Programme für einen gelingenden Rauchstopp anzubieten.
Frau Dr. Pieper ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Berlin. Dort beschäftigt sich die studierte Biochemikerin unter anderem mit den Auswirkungen der Bestandteile von E-Zigaretten auf die Gesundheit sowie das Suchtpotenzial des Dampfens insbesondere für jugendliche Konsumenten.