Sport ist Mord? Gefahr des plötzlichen Herztodes Logo of esanum https://www.esanum.de

Plötzlicher Herztod während des Sports: Prävention & Diagnose

Sport führt zur Verringerung kardiovaskulärer Sterblichkeit, doch in seltenen Fällen kann währenddessen ein plötzlicher Herztod eintreten. Wie lässt sich dieses Risiko minimieren?

Ursachen des plötzlichen Herztodes 

Zwar sind die positiven Auswirkungen von Sport auf das Herz-Kreislauf-System natürlich bekannt, allerdings können hämodynamische und metabolische Belastungen während des Sports bei manchen Menschen mit Herzkrankheiten tödliche Herzrhythmusstörungen und sogar Herzinfarkte auslösen. 

Ursachen für den Tod beim Sport können vielfältig sein und sind stark altersabhängig. So sind erbliche Erkrankungen wie Kardiomyopathien und Ionenkanalerkrankungen die häufigste Todesursache bei jungen Menschen unter 25 Jahren. Angeborene Anomalien, beispielsweise im Bereich der Koronararterien, oder Arteriopathien können ebenso eine Todesursache sein. Ein kleiner Teil der Betroffenen stirbt an Myokarditis oder Commotio cordis. Es ist festzuhalten, dass sich 90 % aller Todesfälle während des Sports bei Männern im mittleren Alter zwischen 45 und 55 Jahren ereignen. Bei ihnen ist die häufigste Ursache eine koronare Herzkrankheit. 

EKG oder kein EKG? 

Betrachtet man die Fälle des plötzlichen Todes beim Sport, fällt auf, dass die meisten Betroffenen keine Symptome aufzeigen. Deswegen sind zuverlässige diagnostische Tests essentiell. Ein empfindlicher und preisgünstiger Test wäre bei der hohen Anzahl an Menschen, die Sport treiben, optimal. 

Mit Hilfe des EKGs lassen sich Herzerkrankungen wie das Wolff-Parkinson-White-Syndrom, das Long-QT-Syndrom und das Brugada-Syndrom gut erkennen. Außerdem werden in EKGs in den meisten Fällen Kardiomyopathien – hypertroph sowie arrhythmogen – ersichtlich. Allerdings ist das Elektrokardiogramm nicht sehr effektiv, um Menschen mit stummer koronarer Herzkrankheit zu erkennen.  

Um eine zuverlässige Diagnostik sicherzustellen, müssen pragmatische Methoden verwendet werden, bei denen die gewohnte Aktivität, das Vorhandensein oder Fehlen von Herzsymptomen und das Risikoprofil der Betroffenen berücksichtigt werden. 

Das Risikoprofil kann mithilfe der SCORE-Tabelle eingestuft werden, die auf der Raucheranamnese, dem systolischen Blutdruck und dem Lipidprofil basiert. 

Als besonders gefährdet gelten Menschen, die relativ viel sitzen oder Herzsymptome haben und deswegen einen erhöhten Wert in der SCORE-Tabelle aufweisen. Diese  Hochrisikopersonen sollten sich einem Belastungstest oder einer funktionellen Bildgebung unterziehen, bevor sie sich körperlich anstrengen.

Wie kann man den plötzlichen Herzstillstand beim Sport verhindern? 

2021 wurde zur Wiederbelebung von Christian Eriksen ein automatischer externer Defibrillator (AED) auf dem Spielfeld eingesetzt. 

Zwar ist bekannt, dass ein vorheriges Screening den plötzlichen Herztod nicht unbedingt verhindert. Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass AEDs an allen Sportstätten, auch in Turnhallen, zur Verfügung stehen. 

Bei einem Screening werden nur etwa 60% aller Sportlerinnen und Sportler erkannt, die einen
plötzlichen Herztod erleiden könnten. In vielen Fällen sind die Todesfälle auf stumpfe Herzverletzungen (Commotio cordis), die auf dem Spielfeld auftreten, oder eine Myokarditis zurückzuführen, die bei der Untersuchung nicht erkannt wurde. Allerdings gibt es hinreichende Belege dafür, dass eine frühzeitige Herz-Lungen-Wiederbelebung und der Einsatz eines AED die Überlebenschancen bei einem Herzstillstand um das Vierfache verbessern. 

"Wenn jemand vor einem Einkaufzentrum zusammenbricht, liegt seine Wahrscheinlichkeit zu überleben bei nur etwa 10 %. Bei einem Herzstillstand in einer Sporthalle hingegen sorgt eine frühzeitige Wiederbelebung durch Laien dafür, dass die Überlebensrate auf zwischen 45 und 90 % steigt." 

– Professor S. Sharma (London, GB)

Daher ist es umso wichtiger, das allgemeine Wissen um den plötzlichen Herztod und die Bereitschaft der Umstehenden zur aktiven Ersten Hilfe zu steigern. 

Was kann man als behandelnder Arzt seinen Patienten raten, wenn es um den plötzlichen Herztod beim Sport geht? 

Fakt ist: Bewegung ist für die Gesundheit essentiell. Und absolut betrachtet ist das Risiko für einen plötzlichen Herztod während des Sports sehr gering.

Wenn es um Empfehlungen für regelmäßige Bewegung zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht, gibt es große Datensätze aus der ganzen Welt mit Nachbeobachtungszeiträumen von mehreren Jahrzehnten. Diese Daten deuten darauf hin, dass die kardiovaskuläre Sterblichkeit um 20 bis 40 % niedriger ist, wenn

  •  zwischen 2,5 und 10 Stunden pro Woche bei moderater Intensität trainiert wird
  • oder zwischen 75 und 150 Minuten pro Woche bei starker Intensität Sport betrieben wird. 

Im Optimalfall werden mehrere Sporteinheiten pro Woche absolviert, am besten jeden oder jeden zweiten Tag. Als Arzt oder Ärztin können Sie Ihren Patienten auch Bewegung auf Rezept verschreiben. 

Im direkten Gespräch sollten Sie Ihren Patienten aber die Sorgen nehmen: Das Risiko eines plötzlichen Todes bei diesem Maß an körperlicher Aktivität ist sehr gering. Eine gute Richtschnur ist, dass der Puls zwischen 60 und 80 % der für das Alter geltenden maximalen Herzfrequenz liegen sollte. Die meisten Menschen mit einer leichten Herzerkrankung können damit ohne Probleme Sport treiben. 

Lediglich bei Menschen mit einer sehr schweren Herzerkrankung oder Angina pectoris ist Vorsicht geboten. Diese Patienten und Patientinnen sollten sich nicht voll belasten. 

Aber generell gilt: Die meisten Menschen können und sollten sich mindestens 150 Minuten pro Woche bewegen.

Quellen:
  1. ESC TV Today: Among the topics: Sudden Cardiac Death (SCD) in sports - In-flight medical emergencies, 26.01.2023, Online abgerufen unter: https://esc365.escardio.org/event/837

Mehr Informationen rund um das Thema Bewegung finden Sie auf der Seite des SMHS. 

SMHS_Logo_Claim_Unten.pngDer Sports, Medicine and Health Summit ist ein interdisziplinäres Fortbildungsforum für Sport, Medizin und Gesundheit. Vom 22. - 24. Juni 2023 treffen sich nationale und internationale Vertreter und Vertreterinnen aus Medizin, Sport und Gesundheit, um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu präsentieren.