Verdachtsdiagnose
Aufgrund der komplexen Symptomatik wurde der Patient zur Diagnostik auf eine Überwachungsstation aufgenommen. Angesichts der Brustschmerzen und des AV-Blocks wurde am folgenden Tag eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, die keine hämodynamisch signifikanten Koronarstenosen offenbarte. In der weiteren Diagnostik erfolgten sowohl eine Lungenbiopsie als auch eine Bronchoskopie. Die histologische Untersuchung des Biopsats offenbarte nicht-verkäsende Granulome ohne Anzeichen von Malignität. In der bronchoalveolären Lavage (BAL) fand sich ein erhöhter CD4/CD8-Quotient und Hinweise auf eine lymphozytäre Alveolitis. Eine Lungentuberkulose konnte mittels Quantiferon-Tests ausgeschlossen werden. In Zusammenschau aller Befunde ergab sich der Verdacht auf eine Sarkoidose mit kardialer Beteiligung.
Definition Sarkoidose
Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung unklarer Ätiologie, die multiple Organe betreffen kann, insbesondere die Lunge und das lymphatische System. Eine kardiale Beteiligung tritt in etwa 5% der Fälle auf.
Klinik
Die klinische Präsentation kann vielfältig sein und hängt von den betroffenen Organen ab.
Zu den allgemeinen Symptomen gehören Fieber, Müdigkeit, Gewichtsverlust. Die pulmonale Manifestation äußert sich in Dyspnoe, trockenem Husten und thorakalen Schmerzen. Bei der kardialen Beteiligung können Brustschmerzen und Arrhythmien auftreten. Neurologische und kognitive Symptome sind seltener, aber bei der Neurosarkoidose möglich.
Es gibt ebenfalls zwei Sonderformen der akuten Sarkoidose:
- Löfgren-Syndrom: Eine hochakute Form der Sarkoidose, gekennzeichnet durch Fieber und eine Symptomtrias aus Polyarthritis der Sprunggelenke, Erythema nodosum an den Streckseiten der Unterschenkel und bilhilärer Lymphadenopathie.
- Heerfordt-Syndrom: Ein seltenes Krankheitsbild, das aus Fieber und durch eine Trias aus Parotitis, Uveitis (Iridozyklitis) und Fazialisparese gekennzeichnet ist.
Diagnostik
Die Diagnose beruht auf der Kombination von klinischen, radiologischen und pathologischen Befunden. Typische Laborbefunde umfassen erhöhte Werte von ACE und gegebenenfalls erhöhte Kalziumwerte. Bildgebende Verfahren wie Röntgen und CT des Thorax zeigen häufig bilaterale Lymphadenopathie und pulmonale Infiltrate. EKG und Echokardiographie sind wichtig zur Beurteilung der kardialen Beteiligung. Bei kognitiven oder neurologischen Symptomen sollte eine Neurosarkoidose mittels cMRT und Liquorgewinnung ebenfalls ausgeschlossen werden.
Therapie
Die Behandlung besteht hauptsächlich aus Kortikosteroiden zur Kontrolle der Entzündung. Die klare Indikation der Glucocorticoidtherapie ist die akute pulmonale Manifestation mit quantifizierbarer Einschränkung der Lungenfunktion. Bei kardialer Beteiligung sollte ein permanenter AV-Block 2. Grades Typ Mobitz II durch Implantation eines Herzschrittmachers behandelt werden.
Bei schweren oder refraktären Fällen können andere immunsuppressive Medikamente eingesetzt werden. Bei der Sonderform des Löfgren-Syndroms sollte zunächst wegen hoher Spontanremissionsrate (ca. 85%) mit einer antiphlogistischen und symptomatischen Therapie begonnen werden.
Prognose
Die Prognose variiert und hängt von der Ausdehnung und dem Befall der Organe ab. Viele Patienten erfahren eine vollständige Remission, während andere eine chronische Erkrankung oder – seltener – schwere Komplikationen entwickeln können.
Therapie und Verlauf bei Herrn F.
Bei Herrn F. wurde eine Kombinationstherapie mit Prednisolon und Methotrexat aufgrund der kardialen Beteiligung eingeleitet. Hierunter verbesserten sich die Dyspnoe und der Allgemeinzustand des Patienten. Bei dem AV-Block wurde zunächst ein Eventrecorder eingebracht, um die Herzrhythmusstörung kontinuierlich zu beobachten. Nach 10 Tagen konnte der Patient in deutlich gebessertem Allgemeinzustand in die Häuslichkeit entlassen werden. Eine regelmäßige Anbindung an die kardiologische Ambulanz wurde mit dem Patienten vereinbart, um den kardialen Zustand engmaschig zu überwachen.