Verdauungskrankheiten und ihre wirtschaftliche Auswirkungen Logo of esanum https://www.esanum.de

Der hohe Preis von Verdauungskrankheiten

Eine neue europaweite Studie unterstreicht den besorgniserregenden Anstieg der Prävalenz verschiedener Verdauungskrankheiten seit dem Jahr 2000.

Über 300 Millionen Menschen in Europa von Verdauungskrankheiten betroffen

Dem Bericht zufolge sind über 300 Millionen Menschen in Europa und im Mittelmeerraum von Verdauungserkrankungen betroffen, die erhebliche wirtschaftliche Kosten verursachen. Dabei sind Inzidenz und Prävalenz vieler Verdauungserkrankungen unter sehr jungen und älteren Menschen am höchsten. Aufgrund der Alterung der europäischen Bevölkerung wird diese Krankheitslast unweigerlich zunehmen.   

Wie die Forschenden gezeigt haben, ist die altersstandardisierte Inzidenz und Mortalität von Leber- und Bauchspeicheldrüsenkrebs in den meisten europäischen Ländern seit 2000 gestiegen. Dabei wurden insbesondere Alkoholkonsum, Fettleibigkeit und andere modifizierbare Lebensstilfaktoren als Hauptfaktoren identifiziert, die zu einem großen Teil zur allgemeinen Belastung durch diese Verdauungsstörungen beitragen. Ein weiterer Grund zur Sorge: Die Ergebnisse zeigten ebenso, dass die Häufigkeit von Darmkrebs bei jungen Erwachsenen zunimmt.

Die Forscher konnten einen hohen Body-Mass-Index (BMI) auf dem gesamten Kontinent als Grund für die zunehmende Belastung durch Verdauungsstörungen ausmachen. Darüber hinaus trägt der Alkoholkonsum nach wie vor wesentlich zur Krankheitslast bei, auch wenn seit dem Jahr 2000 einige Fortschritte bei der Reduktion der auf Alkohol zurückzuführenden Krankheitslast erzielt wurden. Der Risikofaktor Rauchen konnte dank der Befolgung nationaler Interventionsstrategien verringert werden. 

Höhere Belastung durch Verdauungskrankheiten in benachteiligten Ländern 

Ein Großteil der sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede auf Bevölkerungsebene kann die Diskrepanzen bei der Belastung durch Verdauungskrankheiten zwischen den Ländern erklären. Der UEG-Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass sich die geschätzten Kosten für die stationäre Gesundheitsversorgung (ohne Behandlung und Diagnostik) bei Verdauungserkrankungen EU-weit auf etwa 20 Milliarden Dollar im Jahr 2021 belaufen. 

"Die gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Belastung durch Verdauungskrankheiten nimmt in alarmierendem Maße zu", erklärt Helena Cortez-Pinto, Präsidentin der UEG.

"Unsere Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften befinden sich bereits in einer prekären Lage, und es besteht dringender Handlungsbedarf, um diese Belastungen durch Aufklärung der Öffentlichkeit, Änderung der Lebensgewohnheiten und Forschung in den Griff zu bekommen, damit diese alarmierenden Trends umgekehrt werden können". 

Wenn die durch Verdauungskrankheiten bedingte vorzeitige Sterblichkeit in den 31 europäischen Ländern um 25 % gesenkt werden könnte, würden sich die geschätzten Einsparungen durch die Vermeidung von Produktivitätsverlusten auf insgesamt 11,4 Milliarden Euro (im Jahr 2019) belaufen. Diese Zahl könnte in Verbindung mit einer noch stärkeren Reduzierung deutlich erhöht werden.  

Implikationen für die weitere Forschung zur Belastung durch Verdauungskrankheiten

Der Vorsitzende des UEG-Forschungsausschusses, Luigi Ricciardiello, führt aus: "In ganz Europa bestehen nach wie vor starke gesundheitliche Ungleichheiten, und angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Herausforderungen gehen wir davon aus, dass sich diese Ungleichheiten noch weiter verschärfen werden. Leider sind viele Erkrankungen des Verdauungstrakts trotz ihrer hohen Prävalenz und ihrer globalen Auswirkungen immer noch wenig bekannt und finden sowohl aus politischer als auch aus finanzieller Sicht relativ wenig Beachtung."

Im Jahr 2014 führte die UEG bereits eine vergleichbare Studie durch, die auf ähnliche Belastungen hinwies. Da seither nur begrenzte Verbesserungen erzielt wurden, werden die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser jüngsten UEG-Studie dazu beitragen, den Fortschritt bei der Verringerung der Belastung durch Verdauungsstörungen zu beschleunigen. Darüber hinaus können dank des Berichts vorrangige Bereiche ermittelt werden, in denen Forschungs- und Investitionsbedarf besteht – bezogen auf Gesamteuropa und einzelne Länder.

Tanith Rose, leitende Forscherin der von der UEG in Auftrag gegebenen Studie, fasst zusammen:

"Die mangelnden Fortschritte der letzten zwei Jahrzehnte bei der Verringerung der Häufigkeit von Erkrankungen des Verdauungstrakts unterstreichen die Notwendigkeit einer stärkeren Anwendung wirksamer Präventionsstrategien. Soziale und wirtschaftliche Faktoren tragen zu erheblichen Unterschieden in der Belastung durch die meisten Verdauungskrankheiten bei, und Bemühungen zur Verringerung der Belastung, bei denen diese Faktoren nicht berücksichtigt werden, werden wahrscheinlich nur begrenzten Erfolg haben."