Übersetzt aus dem Italienischen.
Buonarroti: Mit Ausnahme der Droge Esketamin, die in öffentlichen klinischen Einrichtungen mit einem konventionellen therapeutischen Modell – dem psychedelische Psychotherapieansätze fremd sind – weit verbreitet ist, gibt es in Italien derzeit keine klinische Forschung oder therapeutische Verwendung anderer psychedelischer Drogen. Italien ist ein Land, das sehr innovationsresistent ist, was die Einführung dieser neuen therapeutischen Ansätze verlangsamt.
Buonarroti: Derzeit zeigen viele der Daten aus den wichtigsten randomisierten klinischen Studien eine offensichtliche Wirksamkeit bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen und arzneimittelresistenten schweren Depressionen. Es wurden Studien eingeleitet, in denen die Wirksamkeit bei der Behandlung von Zwangsstörungen, Essstörungen und bipolaren Störungen des Typs 2 untersucht wird, aber es ist noch zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen. Was die Kontraindikationen betrifft, könnte ich antworten, dass diese Medikamente bei Personen mit einer familiären Vorgeschichte oder Veranlagung zu Psychosen nicht empfohlen werden. Aber das wäre meiner Meinung nach eine zu einfache Antwort. Es ist notwendig, die Auswirkungen und Risiken auf der Grundlage einer dimensionalen Bewertung der Person viel genauer zu untersuchen.
Buonarroti: In den USA und in Australien wurden zweifellos riesige Fortschritte gemacht. Ich glaube, dass wir in Italien lernen sollten, offener für Innovationen zu sein, indem wir mit Spitzenforschungszentren zusammenarbeiten, die Erfahrungen auf dem Gebiet der psychedelischen Therapien gesammelt haben. Wir sollten damit anfangen, multizentrische Studien in Zusammenarbeit mit Ländern durchzuführen, die diese Forschung seit Jahren betreiben. In Italien gibt es viele Ärztinnen und Ärzte, die auf diesem Gebiet Fachwissen erworben haben, und die meisten von uns sind gezwungen, im Ausland zu arbeiten, um ihre Fähigkeiten zu nutzen. Die Ressourcen und das Fachwissen wären vorhanden – was fehlt, ist der Wille seitens der Institutionen.
Es ist verständlich, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft Angst vor dem pathoplastischen Potenzial von Medikamenten hat. Die wissenschaftliche Herangehensweise erfordert jedoch die Fähigkeit, erworbene Paradigmen in Frage zu stellen, die auf Daten beruhen, die bisher eine relative Sicherheit in Bezug auf die therapeutische Verwendung von Molekülen wie Psilocybin, LSD und MDMA in kontrollierten Umgebungen zeigen, anders als außerhalb des klinischen Bereichs. Die fortschreitende Entwicklung dieser Forschung muss mit Mut und Umsicht vorangetrieben werden, und Italien hat stets bewiesen, dass es dieses heikle Gleichgewicht zu halten vermag.
Buonarroti: Das ist eine komplexe Frage, für die man sich näher mit den Details der bisher durchgeführten Forschung befassen müsste. Ehrlich gesagt, sehe ich in der allgemeinen Bevölkerung eine übermäßige Begeisterung für diese Therapien. Ich glaube, dass einige derjenigen, die von unglaublichen Vorteilen dieser Therapien berichten, zur Übertreibung neigen. Die Wissenschaft schreitet in kleinen Schritten und mit Bedacht voran. Ein zu großer Enthusiasmus birgt die Gefahr, diese Therapien zu diskreditieren, indem man sie in den Bereich der "alternativen" Therapien oder – was noch schlimmer ist – der Pseudowissenschaft einordnet.
Dr. Matteo Buonarroti ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Grundversorgung, derzeit mit Spezialisierung auf Psychiatrie an der Universität Rom La Sapienza. Er ist aktiv an der Gründung der Italienischen Gesellschaft für Psychedelische Medizin beteiligt, deren Ziel es ist, Forschung, Ausbildung und klinische Praxis im Bereich der psychedelischen Therapien zu fördern.