Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Das eRezept kommt
Der Rollout des eRezepts startet in dieser Woche, Uniärzte erhalten 3,35 Prozent mehr Gehalt: mehr aus KW 34 erfahren.
eRezept kommt – mit Bugs und Mehrarbeit
In dieser Woche startet der Rollout des eRezepts – zu erwarten sind nach Einschätzung der KBV erhebliche technische Hürden und Mehraufwand für die Ärzte. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen und seine Vorstandskollegen Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Thomas Kriedel verweisen dabei auf eine Online-Umfrage im August bei rund 4.000 Praxen, mit der über Erfahrungen mit der eAU und dem eRezept, das in zehn Prozent der Praxen erprobt wurde, erhoben werden sollten.
Die Ergebnisse:
- 53 Prozent der Praxen berichten, Austellen und Versand der eAU laufen bis auf kleinere Probleme gut, aber bei 49 Prozent ist der digitale Versand zeitweilig nicht möglich. 50 Prozent berichten über Probleme mit der IT-Infrastruktur (Konnektorenabstürze) und versenden deshalb keine eAU an Kassen.
- Die Ausstellung einschließlich der elektronischen Signatur dauern zu lange.
- Neun Prozent der Befragten haben bereits Erfahrungen mit dem eRezept gemacht, davon beobachtete fast die Hälfte Probleme beim Einlösen in der Apotheke.
- Bei fast der Hälfte der Patienten existieren Akzeptanzprobleme, viele seien technisch nicht für das eRezept ausgerüstet.
- Der zusätzlich notwendige Papierausdruck wird kritisch gesehen und hält die Praxen einstweilen von der Verwendung des eRezepts ab. Kritisiert wird der zusätzliche Zeitbedarf und die dadurch verursachte Blockade des PCs.
- Mangelhafter Service der IT-Anbieter, Fehlinstallationen, lange Wartezeiten auf KIM-Freischaltung und Hotlines.
Das zuständige Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel hat die gematik aufgefordert, die in der Praxis aufgetauchten Probleme schnellstmöglich zu lösen. Außerdem müsse die Praxis des Datenschutzes geklärt werden. So habe der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte die mailbasierte Umsetzung des eRezepts untersagt damit einen für Patienten maßgeschneiderten Transportweg unmöglich gemacht. Ergänzte KBV-Chef Gassen.
3,35 Prozent mehr Gehalt plus 4.500 Euro einmalig netto für Uniärzte
In der dritten sich über zwei Tage hinziehenden Verhandlungsrunde haben sich der Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft der Länder auf einen neuen Gehaltstarifvertrag für die Ärzte an Unikliniken geeinigt. Danach erhalten die Ärzte ab dem 1. September eine lineare Gehaltserhöhung von 3,35 Prozent sowie sofort eine einmalige Sonderzahlung von 4.500 Euro netto. Der Tarifvertrag läuft 13 Monate. Ferner wurde vereinbart, dass ab dem 1. Januar 2023 der Anspruch auf Zusatzurlaub für Nachtarbeit auch dann gilt, wenn unterschiedliche Dienste geleistet wurden. Die Kombination von bestimmten besonders belastenden Dienstarten ist verboten. Nicht durchsetzbar war bei den Ländern die Forderung, die Arbeit an Randzeiten des Tages durch Zeitzuschläge aufzuwerten und eine zusätzliche Gehaltsgruppe für besonders erfahrene Ärzte einzuführen.
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Triage
Die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit eines Patienten soll das maßgebliche Kriterium dafür sein, mit welcher Priorität Ärzte eine Triageentscheidung bei begrenzten Kapazitäten aufgrund einer übertragbaren Krankheit treffen. Das sieht die vom Bundeskabinett am Mittwoch beschlossene Novellierung des Infektionsschutzgesetzes vor. Die gesetzliche Regelung der ärztlichen Triage war nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts am 16. Dezember 2021 (1 BvR 1541/20) notwendig geworden. Das Ziel ist, Benachteiligungsrisiken von Menschen mit Behinderungen zu verhindern. Die Grundsätze der gesetzlichen Regelung:
- Gleichbehandlung: Die Kriterien zur Zuteilungsentscheidung gelten für alle Patienten unabhängig von der Ursache der intensivpflichtigen Behandlungsbedürftigkeit.
- Aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit: Sie ist das maßgebliche Entscheidungskriterium. Komorbiditäten können eingeschränkt bei der aktuellen Überlebenswahrscheinlichkeit berücksichtigt werden. Kriterien wie Alter, Behinderung oder Grad der Gebrechlichkeit, die keinen Einfluss auf die kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit haben, sind ausgeschlossen.
- Eine Ex-Post-Triage wird ausdrücklich ausgeschlossen.
- Triageentscheidungen werden nach dem Mehraugenprinzip getroffen.
Bundesregierung beschließt Pandemieregeln für den Herbst
Mit Wirkung vom 1. Oktober bis zum 7. April kommenden Jahres sollen bundeseinheitlich eine Maskenpflicht im fern- und Flugverkehr sowie eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten. Nach einem zweistufigen System können die Länder weitere Vorsorgemaßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen. Dies sieht der Entwurf eines neuen Infektionsschutzgesetzes vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat.
Die Regelungen im Einzelnen:
- Personen über 14 Jahren müssen im Luft- und öffentlichen Fernverkehr FFP-2-Masken tragen, Kinder ab sechs Jahren und Personal medizinische Masken.
- Für Besucher und Beschäftigte in Krankenhäusern, voll- sowie teilstationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten gilt eine Masken- und Testnachweispflicht.
- Je nach Infektionslage haben die Länder in der Stufe 1 die Möglichkeit, folgende Schutzmaßnahmen anzuordnen: Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen (Ausnahmen für Personen mit einem Testnachweis, Genesene oder vollständig Geimpfte für 90 Tage), Testpflicht in bestimmten Gemeinschaftseinrichtungen (Asylbewerberheime, Haftanstalten, Kinderheime) sowie Schulen und Kitas, Maskenpflicht in Schulen für Beschäftigte und Schüler ab dem fünften Schuljahr, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts erforderlich ist.
- Sollte sich eine Coronawelle aufbauen, können die Länder für das gesamte Bundesland oder für bestimmte Gebietskörperschaften weitergehende Maßnahmen anordnen: Maskenpflicht im Außenbereich, wenn der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann, verpflichtende Hygienekonzepte, Anordnung eines Mindestabstand von 1,50 Metern im öffentlichen Raum, Personenobergrenzen für Veranstaltungen in öffentlich zugänglichen Innenräumen.