Enttäuscht und verärgert hat die KBV auf die vom erweiterten Bewertungsausschuss (EBA) gegen die Stimmen der Ärzte entschiedene Honoraranpassung für das Jahr 2023 reagiert. Die KBV hatte eine angemessene Berücksichtigung der in den letzten Monaten bis auf acht Prozent gestiegenen Inflation gefordert, was der EBA jedoch nicht zugestanden hat. Der Grund: Maßgeblich für die Honoraranpassung 2023 sind nicht aktuelle Veränderungen der Praxiskosten im laufenden Jahr, sondern die durchschnittliche Kostenentwicklung des Jahres 2021. Mit einem Inflationsausgleich können Ärzte daher erst im Jahr 2024 – mit großer Verzögerung – rechnen. Die Elemente der am 14.09. getroffenen Honorarentscheidung:
Durchschnittlich erhält damit ein Arzt oder Psychotherapeut im nächsten Jahr eine zusätzliche Vergütung von 11.000 Euro, so der GKV-Spitzenverband. Das sei "ein Ergebnis, welches die wirtschaftliche Gesamtsituation der niedergelassenen Ärzteschaft berücksichtigt", so Stefanie Stoff-Ahnis vom Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. Der Spitzenverband hatte argumentiert, mit einem durchschnittlichen Praxisertrag von 215.000 Euro (2019) lägen Vertragsärzte an der Spitze aller Freiberufler. Energiekosten machten im Schnitt lediglich zwei Prozent der gesamten Praxiskosten aus. Stark gestiegene Energiepreise würden Praxen daher nicht gefährden. Dies gelte auch für energieintensive Radiologie, die zu den ertragsstärksten Fachgebieten zählt. Auch nach dem Honorarabschluss will die KBV weiter mit dem GKV-Spitzenverband über Sonderregelungen für energieintensive Praxen verhandeln.
Der Bundesrat hat sich am 16.09. mit dem GKVFinG beschäftigt und den Bundestag bei seinen weiteren Beratungen aufgefordert, die im Terminservice- und Versorgungsgesetz geschaffene extrabudgetäre Vergütung der Versorgung von Neupatienten beizubehalten. Der Hartmannbund und der Spitzenverband der Fachärzte begrüßten das Votum der Länder. Sie hätten verstanden, welche Bedeutung die Regelung des TSVG für die ambulante Versorgung habe. Dies solle bei den weiteren Beratungen des Bundestages beachtet werden. Das Parlament berät das GKVFinG am 23.09.2022. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig.
Nach Auffassung des scheidenden Vorsitzenden des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sollten seine Kollegen es in diesem Herbst schaffen, bis zu zwei Drittel der über 60-Jährigen gegen Grippe zu impfen. Neben der Corona-Boosterung müssten nun auch andere Infektionskrankheiten in den Blick rücken, wie etwa Grippe und das Risiko schwerer Erkrankungsverläufe. Der EU-Ziel liege hier bei 75 Prozent, mit weniger als 50 Prozent verfehle Deutschland die Zielquote für vulnerable Gruppen weit. Notwendig dazu sei auch politische und öffentliche Unterstützung.
In seiner Grundsatzrede beim Hausärztetag am 15.09. kritisierte Weigeldt energisch die mangelhafte Nutzung von Daten im Gesundheitswesen. Wie schon bei den Impfstoffstudien habe Deutschland auch für das Corona-Therapeutikum Paxlovid auf israelische und Daten weiterer Länder zurückgreifen müssen. Beim Umgang mit Daten und dem Datenschutz verhalte sich Deutschland ähnlich "bigott" wie bei der Organspende und verlasse sich auf das Ausland. Auch im dritten Pandemiejahr habe Deutschland nicht wirklich dazu gelernt. Das gelte auch für die inkonsistenten Regelungen im Infektionsschutzgesetz und die darin geregelte Maskenpflicht mit kaum zu erklärenden Differenzierungen. Ausdrücklich lobte Weigeldt die richtige Entscheidung für ein Dispensierrecht für Paxlovid, kritisierte aber auch die unzureichende und späte Einbindung der Hausärzte bei Informationen über den Einsatz des Therapeutikums.
Der nach 16 Jahren Amtszeit ausscheidende Bundesvorsitzende zog eine positive Bilanz für seinen Verband und die von ihm vertretenen Hausärzte:
Zum Nachfolger von Ulrich Weigeldt als Bundesvorsitzender – er hatte seinen vorzeitigen Rücktritt von der Verbandsspitze nach insgesamt 16-jähriger Amtszeit bereits vor längerem angekündigt – wählte die Mitgliederversammlung den 51-jährigen Allgemeinarzt Dr. Markus Beier. Seine Stellvertreterin wurde Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth für den ebenfalls ausgeschiedenen Verbandsvize Dr. Berthold Dietsche. Zweiter Stellvertretender Vize ist Dr. Ulf Zitterbart. Neue Beisitzerin wurde Dr. Barbara Römer.
Krankenhäuser sollen dazu verpflichtet werden, mit einer ausreichenden Zahl von Pflegekräften zu arbeiten. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs zur „Personalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung“ , den das Bundeskabinett am 14.09. beschlossen hat.
Dazu soll ein Instrument zur Pflegepersonalbemessung (PPR 2.0), das von der Konzertierten Aktion Pflege entwickelt worden ist, in mehreren Stufen eingeführt werden: Ab 1. Januar 2023 startet eine Erprobungsphase mit einer repräsentativen Auswahl von Kliniken auf Normalstationen und in der Pädiatrie. Auf Basis der Erfahrungen wird eine Rechtsverordnung folgen, mit der die PPR 2.0 ab 2025 für alle Krankenhäuser verbindlich werden.
Weitere neue Regelungen: Die Budgetverhandlungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern werden vereinfacht und beschleunigt, eine Schiedsstelle soll automatisch tätig werden können. Das Verwaltungsverfahren und die Auftragsbearbeitung des Krankenhauszukunftsfonds werden überarbeitet. Der Einsatz digitaler medizinischer und pflegerischer Versorgung soll weiterentwickelt werden. Vor allem soll die Nutzerfreundlichkeit verbessert werden.
Koronare Herzkrankheiten, darunter akuter Herzinfarkt, bleiben mit 121.463 gestorbenen Menschen auch 2020 die häufigste Todesursache, allerdings sinkt die Mortalität weiter. Laut Herzbericht 2021, der am 14.09. veröffentlicht wurde, sank die Quote der Sterbefälle zwischen 2018 und 2019 bei KHK um 6 Prozent von 140,3 auf 131,9 Verstorbene je 100.000 Einwohner. Bei Herzschwäche sank die Quote um 11,8 Prozent von 41,2 auf 36,3. Ursächlich dafür, so der Vorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Professor Thomas Voigtländer, seien verbesserte Prävention, Diagnostik und Therapie. Denkbar sei aber auch ein Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie als neu hinzugekommener Todesursache, so dass andere Sterblichkeitsursachen seltener angegeben werden. Zu beachten sei, dass Herzerkrankungen ein wesentlicher Risikofaktor für die Corona-Mortalität seien.
Trotz einer gesunkenen Zahl von Interventionen bleibt die Hospitalisierungsrate auf einem hohen Niveau. Ausdrücklich weist der Bericht auf die Bedeutung von Begleiterkrankungen wie hohem Blutdruck, Übergewicht, Diabetes und Niereninsuffizienz hin. Notwendig sei ein konsequentes präventives und therapeutisches Vorgehen gegen diese Komorbiditäten, so Voigtländer.
Nach wie vor groß sind die regionalen Unterschiede bei der Mortalität: Die höchste Sterblichkeit weist Sachsen-Anhalt mit 182 KHK- und 86 Herzinfarkttoten je 100.000 Einwohner auf, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. In Nordrhein-Westfalen liegen die Sterbeziffern bei 113 für KHK und 36 für Herzinfarkt. Angesichts unterdurchschnittlicher Hospitalisierungsraten beispielsweise in Sachsen müsse untersucht werden, welchen Einfluss die Versorgungsdichte mit kardiologischen Leistungen auf Morbidität und Mortalität haben könnte.