Leitlinien-Update: Neues zur Therapie und Diagnose von Müdigkeit Logo of esanum https://www.esanum.de

Nicht überdiagnostizieren: S3-Leitlinie Müdigkeit wurde aktualisiert

Wenn es ums Thema Müdigkeit geht, sind Hausärztinnen und -ärzte häufig die ersten und damit auch wichtigsten Ansprechpartner. Die S3-Leitlinie zum Thema wurde nun aktualisiert.

Wie sollte die Diagnose bei Müdigkeit aussehen?

  • Zur Abklärung der Ursache wird ein Differentialblutbild empfohlen.
  • Von unkritischer Diagnostik wird abgeraten.
  • Oftmals steckt eine Depression hinter der andauernden Müdigkeit.
  • Nur sehr selten ist Müdigkeit das Symptom einer schweren Erkrankung.
  • Mediziner sollten auf eine post-exertionelle Malaise (PEM) achten.

Neues Kernthema post-exertionelle Malaise (PEM)

Eine der neuen Kernempfehlungen ist es, dass Ärztinnen und Ärzte bei Müdigkeitsbeschwerden insbesondere auf PEM achten sollten. Hierbei kommt es nach Belastung – diese kann sowohl psychisch als auch körperlich sein – zu gesteigerter Müdigkeit, die mindestens 14 Stunden anhält. Es ist wichtig, diese zu erfragen, um mögliche Trigger zu vermeiden und so die Symptomatik zu verbessern. 

Cave: Überdiagnostik

Die Experten warnen darüber hinaus vor ambitionierter, jedoch häufig fehlgeleiteter Überdiagnostik. So sollte keine unkritische Bestimmung von Vitamin-Spiegeln erfolgen. Oftmals gibt es keinen Zusammenhang zwischen zum Beispiel einem zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel und Müdigkeit. 

Deshalb wird zur Abklärung der Symptomatik lediglich die Bestimmung eines Differenzialblutbildes empfohlen. Bestehen bereits bekannte chronische Erkrankungen, sollten diesbezüglich ebenfalls diagnostische Schritte unternommen werden. So kann Müdigkeit beispielsweise bei schlecht eingestellten Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. 

Auch an seelische Erkrankungen denken

Nur etwa in 3 bis 5 Prozent der Fälle liegt der Müdigkeit eine schwere Erkrankung zugrunde. Oftmals ist dann ebenfalls B-Symptomatik wie Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust vorhanden. 

Obwohl das Symptom auch postinfektiös oder im Rahmen einer viralen oder bakteriellen Erkrankung auftreten kann, leiden etwa 20 Prozent der Betroffenen an einer Depression. Daher ist es wichtig, auch psychische Ursachen in Betracht zu ziehen und eine entsprechende Anamnese durchzuführen. Hierzu stehen Fragebögen zur Verfügung. 

Auch dem Thema myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Fatiguesyndrom (ME/CFS) ist ein Kapitel gewidmet. Obligat für die Diagnose ist hier das Auftreten eines PEM. Spezifische Therapien für ME/CFS gibt es aktuell nicht. 

Patienten nicht überfordern

Bei der Therapie der Müdigkeit gilt es, die Betroffenen nicht zu überfordern. Strittig ist, inwieweit körperliche Belastung und Pacing sinnvoll sind. Viel wichtiger scheint die empathische Betreuung durch den Hausarzt.

Zugrundeliegende chronische Erkrankungen sowie Schlafstörungen sollten entsprechend behandelt werden. 

Wann Müdigkeit mehr ist

Dem Symptom Müdigkeit liegt ein bio-psycho-soziales Krankheitsmodell zugrunde, welches in der aktualisierten Leitlinie zum Thema gut aufgefasst wird. Die Diagnostik sollte nur Wesentliches umfassen und alle Patientinnen und Patienten mit ihren Beschwerden ernst nehmen. Nicht zu vernachlässigen ist die Möglichkeit einer depressiven Erkrankung als Grundlage für die Müdigkeit. 

Quellen: