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Der BTK-Inhibitor Acalabrutinib überzeugt durch seine gute Wirksamkeit

Seit kurzem ist der BTKi der 2. Generation, Acalabrutinib, bei CLL zugelassen. Neue Daten vom ASH-Kongress aus klinischen Studien und dem Real-World-Setting bestätigen seine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit. Warum Acalabrutinib auch in Ihrer Praxis die Therapie der Wahl werden könnte, lesen Sie hier.

Die Vielzahl an Therapiemöglichkeiten bei der Behandlung der CLL wird zunehmend eine Herausforderung für die Ärzteschaft. Denn es gilt die für den Patienten individuell beste Option zu finden. Auf dem diesjährigen ASH-Kongress wurden diese Optionen näher beleuchtet.1 Im folgenden Beitrag stellen wir eine dieser Optionen vor, den BTK-Inhibitor der zweiten Generation Acalabrutinib (Calquence®).

Wirkmechanismus von Acalabrutinib

Die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der B-Lymphozyten. Das Enzym ist essentiell für die Differenzierung, Signalweiterleitung und Proliferation dieser Abwehrzellen.2,3 Im Rahmen einer malignen Erkrankung wie der CLL ist die Expression der BTK hochreguliert. Die Folge ist eine gesteigerte Zellteilung der malignen Lymphozyten.2

Hier greift nun die Substanzklasse der BTK-Inhibitoren (BTKi) ein. Sie hemmen die BTK-Aktivität und damit auch die nachgeschalteten Signalwege. Dies führt klinisch zu einer signifikanten Reduktion der Tumorlast.2

Acalabrutinib: Zugelassen für alle Stadien der CLL

Acalabrutinib konnte in mehreren Studien durch eine hohe Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil überzeugen.4,11 Acalabrutinib ist dabei nicht der erste BTK-Inhibitor, der zur Therapie der CLL eingesetzt wird. Der BTKi Ibrutinib ist bereits einige Jahre in Europa für die Behandlung von therapienaiven und bereits vorbehandelten Patienten zugelassen.3

Acalabrutinib ist ebenfalls für diese Indikationen zugelassen. Der BTKi der zweiten Generation kann als Monotherapie oder als Kombination mit dem Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab als Primärtherapie verabreicht werden.5 Liegt ein Rezidiv oder eine refraktäre CLL vor, wird Acalabrutinib als Monotherapie angewendet.5 Die Einnahme ist unkompliziert; das Medikament wird zweimal täglich unabhängig von den Mahlzeiten oral eingenommen.6

Hohe Targetselektivität und günstiges Nebenwirkungsprofil

Eine Schwäche des bisher verfügbaren BTK-Inhibitors war das teilweise ungünstige Nebenwirkungsprofil. Insbesondere kardiovaskuläre Effekte können problematisch sein.7 So sind z.B. Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie und Blutungen mögliche Begleiterscheinungen.2,7,8 Als Ursache hierfür wird die Inhibition von Off-Target-Kinasen diskutiert, bei der neben der BTK auch andere Kinasen in Ihrer Aktivität beeinflusst werden.2,9

Acalabrutinib hat in in-vitro-Studien hingegen gezeigt, dass es die BTK hochselektiv und potent inhibiert, andere Kinasen aber kaum in ihrer Aktivität beeinflusst.2,10 Diese selektive Inhibition der BTK könnte der Grund für das andersartige Nebenwirkungsprofil von Acalabrutinib sein.2

Zu dieser Schlussfolgerung kam auch eine Metaanalyse, die auf dem ASH-Kongress vorgestellt wurde.7 Diese Studie zeigte, dass Acalabrutinib gegenüber Ibrutinib ein günstigeres Verträglichkeitsprofil zu haben scheint, insbesondere kardiovaskuläre Ereignisse (arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern), Anämie und Thrombozytopenie traten seltener auf.7 Mehr dazu lesen Sie hier.

Acalabrutinib vs. Chemoimmuntherapie

Als BTKi der zweiten Generation ist Acalabrutinib ebenfalls eine Alternative zur Chemoimmuntherapie, wie die unten erwähnten Zulassungstudien für Primärtherapie und Rezidiv gezeigt haben:

Die unverblindete, randomisierte, multizentrische Phase-III-Studie ELEVATE TN11 beschäftigte sich mit der Wirksamkeit von Acalabrutinib bei Therapie-naiven Patienten. 525 Teilnehmer wurden 3 Studienarmen zugeteilt. Sie erhielten Acalabrutinib als Monotherapie, eine Kombination aus Acalabrutinib mit dem Antikörper Obinutuzumab oder eine Chemoimmuntherapie (Chlorambucil plus Obinutuzumab).

Die Ergebnisse zeigen einen Vorteil für Acalabrutinib plus Obinutuzumab oder Acalabrutinib als Monotherapie bei therapienaiver CLL: Die Ansprechrate betrug 94% bei der BTKi-Kombinationstherapie bzw. 85% bei der Monotherapie (Chemoimmuntherapie: 79%).11,12 Auch das progressionsfreie Überleben war gegenüber der CIT für Kombinations- und Monotherapie signifikant verlängert (93% bzw. 87% vs. 47% nach 24 Monaten).11 Das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant, dennoch zeichnete sich bereits ein Trend zugunsten der beiden Behandlungsoptionen mit Acalabrutinib ab.11

Neben der Wirksamkeit wies Acalabrutinib auch eine gute Verträglichkeit auf.11,12 Die häufigsten Nebenwirkungen der Monotherapie bzw. Kombinationstherapie mit Acalabrutinib bestanden aus:

Acalabrutinib in der Rezidivsituation

Weitere Argumente liefert die unverblindete, randomisierte, multizentrische Phase-III-Studie ASCEND.4,13 In dieser Untersuchung mit 310 Patienten zeigte sich, dass Acalabrutinib auch zur Behandlung bei rezidivierter oder refraktärer CLL gut wirksam und verträglich ist.

Im Rahmen der Studie wurde Acalabrutinib als Monotherapie mit den Kombinationsschemata

verglichen.

Die Ansprechrate wurde wie folgt berichtet:4

12-Monats-PFS-Rate:4

Kam es zu unerwünschten Begleiterscheinungen unter Acalabrutinib, waren dies meistens Ereignisse vom Grad 1 oder 2 (Kopfschmerzen, leichte Blutungen).4 Dosisreduktionen aufgrund unerwünschter Ereignisse waren seltener notwendig als in den Vergleichsgruppen. Bei 11% der Patienten in der Acalabrutinib-Gruppe kam es zu Therapieabbrüchen aufgrund unerwünschter Ereignisse.4

Fazit:

Mit Acalabrutinib steht ein hochselektiver und gut verträglicher BTKi der zweiten Generation zu Behandlung der CLL zur Verfügung. Wie die vorgestellten Studien zeigen, scheint Acalabrutinib ähnlich gut wirksam wie Ibrutinib zu sein, hat aber ein andersartiges Tolerabilitätsprofil. Bereits zur offiziellen Zulassung wurde Acalabrutinib schon in der Onkopedia-Leitlinie3 als Therapieoption für ein breites Patientensprektrum empfohlen. Sowohl Betroffene mit als auch ohne genetische Risikomerkmale können von der Therapie profitieren.4,11

Autorin: Dr. med. Michaela Hilburger


Quellen

  1. Session “A map for the changing landscape of CLL”. Hematology.org Web site. https://www.hematology.org:443/meetings/annual-meeting/programs/education-program. Accessed Dec 2, 2020.
  2. Herman et al.: The Bruton Tyrosine Kinase (BTK) Inhibitor Acalabrutinib Demonstrates Potent On-Target Effects and Efficacy in Two Mouse Models of Chronic Lymphocytic Leukemia; DOI: 10.1158/1078-0432.CCR-16-0463 Published June 2016.
  3. Chronische lymphatische leukämie (CLL). Onkopedia Web site. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/chronische-lymphatische-leukaemie-cll. Accessed Nov 24, 2020.
  4. Ghia P, Pluta A, Wach M, et al. ASCEND: Phase III, Randomized Trial of Acalabrutinib Versus Idelalisib Plus Rituximab or Bendamustine Plus Rituximab in Relapsed or Refractory Chronic Lymphocytic Leukemia. J Clin Oncol. 2020;38(25):2849-2861. doi:10.1200/JCO.19.03355
  5. EMA. Calquence - acalabrutinib. 2020. https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/calquence. Accessed Dec 02, 2020.
  6. EMA. Calquence: EPAR - Product information. 2020. https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/calquence-epar-product-information_en.pdf. Accessed Dec 02, 2020.
  7. Hilal T. Adverse events in clinical trials of ibrutinib and acalabrutinib for B-cell lymphoproliferative disorders: A systematic review and network meta-analysis. . 2020/12/05. https://ash.confex.com/ash/2020/webprogram/Paper137062.html. Accessed Dec 02, 2020.
  8. Wu J, Zhang M, Liu D. Acalabrutinib (ACP-196): a selective second-generation BTK inhibitor. J Hematol Oncol. 2016;9:21. Published 2016 Mar 9. doi:10.1186/s13045-016-0250-9.
  9. Berglöf A, Hamasy A, Meinke S, et al. Targets for Ibrutinib Beyond B Cell Malignancies. Scand J Immunol. 2015;82(3):208-217. doi:10.1111/sji.12333.
  10. Covey T, Barf T, Gulrajani M, Krantz F, van Lith B, Bibikova E, et al. Abstract 2596: ACP-196: a novel covalent Bruton’s tyrosine kinase (Btk) inhibitor with improved selectivity and in vivo target coverage in chronic lymphocytic leukemia (CLL) patients. Cancer Res. 2015;75(15 Supplement):2596. doi: 10.1158/1538-7445.AM2015-2596.
  11. Sharman JP, Egyed M, Jurczak W, et al. Acalabrutinib with or without obinutuzumab versus chlorambucil and obinutuzmab for treatment-naive chronic lymphocytic leukaemia (ELEVATE TN): A randomised, controlled, phase 3 trial. Lancet. 2020;395(10232):1278-1291. Accessed Dec 02, 2020. doi: 10.1016/S0140-6736(20)30262-2.
  12. Isaac K, Mato AR. Acalabrutinib and Its Therapeutic Potential in the Treatment of Chronic Lymphocytic Leukemia: A Short Review on Emerging Data. Cancer Manag Res. 2020;12:2079-2085. Published 2020 Mar
  13. doi:10.2147/CMAR.S219570.
  14. Stenger Matthew. Acalabrutinib improves progression-free survival vs idelalisib plus rituximab or bendamustine plus rituximab in relapsed or refractory CLL. Ascopost Web site. https://ascopost.com/issues/august-25-2020/acalabrutinib-improves-progression-free-survival-vs-idelalisib-plus-rituximab-or-bendamustine-plus-rituximab-in-relapsed-or-refractory-cll/. Updated 2020. Accessed Dec 02, 2020.
DE-31754/21