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Virtual Reality: Therapie bei Höhenangst

Höhenangst ist für Betroffene extrem belastend. Mit immersiven Technologien wie der Virtual Reality-Therapie werden bereits große Behandlungserfolge erzielt.

Immersive Technologien helfen bei Angstörungen

Ein Mann steht in der ersten Etage eines Einkaufszentrums. Er versucht, etwa drei Meter Weg von der Wand hin zu einem metallgerahmten Glasgeländer zu gehen, von dem aus man in den Innenhof sehen kann. Er atmet schwer, schwitzt, macht wenige Schritte, geht dann wieder zurück, wischt sich die Hände an der Jacke ab und schafft es schließlich bis zu einem Betonpfeiler, der das Geländer einfasst. Dort hält er sich fest. Sich an das Geländer zu stellen und hinabzublicken, ist ihm nicht möglich.

Richard ist Rettungssanitäter. Sein Leben lang leidet er unter einer schweren Form von Höhenangst. Davon betroffen ist nicht nur sein Privatleben, sondern auch sein Beruf; bei Einsätzen in hohen Gebäuden erfindet er Ausreden, um daran nicht teilnehmen zu müssen. Seine Angst belastet ihn schwer, bis er sich endlich nach seiner Pensionierung zu einer Therapie entschließt: mit Hilfe immersiver Technologien will er seine Angst loswerden.

Die virtuelle Welt als Safe Space

In den nächsten Wochen erhält Richard an acht Terminen jeweils eine dreißigminütige Virtual Reality (VR)-Therapie, die aus den Erkenntnissen der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt wurde. Die Sitzungen werden gefilmt. Richard wird von einem virtuellen Coach durch das Programm geführt und muss verschiedene Aufgaben bewältigen, die ihn mit seiner Höhenangst konfrontieren. Im Unterschied zu Methoden der realen Konfrontation oder Annäherung, durchlebt der Patient bei der VR-Therapie zwar die angstauslösenden Situationen, kann sich der Konfrontation jedoch besser stellen, weil er weiß, dass ihm nichts passieren kann. Die virtuelle Welt wird so zum Safe Space innerhalb der Realität.

Im Video ist ersichtlich, dass Richard unter großem Stress steht, während er eine virtuelle Hängebrücke überquert. Er atmet schwer und blickt mehrfach rechts und links in die Tiefe, bevor es ihm gelingt, seine Hand auf das Geländer der Hängebrücke zu legen und seinen Weg fortzusetzen. Nach vier Wochen Therapie stellt sich Richard erneut der Situation im Einkaufszentrum: Er ist nun in der Lage, zügig von der Wand auf das Geländer zuzugehen, sich dort anzulehnen und herunterzuschauen. Richard sagt: "Das wäre vor drei Monaten noch undenkbar gewesen. Ich hätte das total vermieden, ich hätte es nicht mal versucht."

Studiendaten belegen Wirksamkeit

Laut Oxford VR leidet jeder fünfte Mensch im Laufe seines Lebens einmal an Höhenangst. Da die meisten keine Behandlung erhalten, muss eine noch höhere Dunkelziffer angenommen werden. Mit der VR-Therapie wurde eine Therapiemethode etabliert, die nicht zeit- und personalintensiv, niedrigschwellig und wirksam ist.

Eine von Oxford VR durchgeführte randomisierte kontrollierte Studie zu Höhenangst, belegt die Wirksamkeit. Die Teilnehmenden zeigten eine deutliche Verringerung ihrer Höhenangst - im Durchschnitt von 68% nach der VR-Therapie. Bei der Hälfte der Personen aus der VR-Therapiegruppe verringerte sich die Höhenangst um mehr als 75%. 

Auch bei Sozialer Phobie, Generalisierter Angststörung, Logophobie, Posttraumatischer Belastungsstörung und bei Depressionen wird Virtual Reality Therapie, häufig in Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie, mittlerweile erfolgreich eingesetzt.


Quellen

  1. D. Freeman et al.: "Automated psychological therapy using immersive virtual reality for treatment of fear of heights: a single-blind, parallel-group, randomised controlled trial." DOI: https://doi.org/10.1016/S2215-0366(18)30226-8