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Wochenrückblick: Sozialetat erreicht 1,345 Billionen Euro - Weichenstellungen im Gesundheitswesen

Deutschlands Sozialetat steigt 2024 auf 1,345 Billionen Euro. Parallel laufen Honorarverhandlungen für Ärzte, ePA-Einführung und weitere Gesundheitsreformen.

1,345 Billionen Euro für Soziales

Deutschlands Sozialetat ist 2024 kräftig gewachsen: Das Volumen stieg um 83 Milliarden Euro (plus 6,6 Prozent) auf 1,345 Billionen Euro. Damit erreicht der Anteil am Bruttoinlandsprodukt nun 31,2 Prozent – ein Anstieg um einen Prozentpunkt. Das Sozialbudget setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen: Den größten Posten bilden die gesetzlichen Sozialversicherungen (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) mit 806 Milliarden Euro. Hinzu kommen die Entgeltfortzahlung der Arbeitgeber im Krankheitsfall sowie weitere Sozialausgaben aus den staatlichen Haushalten. Besonders stark stiegen 2024 die Kosten für Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Im Vergleich zu 2019 – dem letzten Jahr vor der Pandemie – hat sich der Sozialbudget-Anteil um 2,1 Prozentpunkte erhöht.

KBV zeigt sich vor Honorarverhandlungen vorsichtig optimistisch

Vor den in den kommenden Wochen anstehenden Verhandlungen über Eckpunkte für die Honorarentwicklung der Vertragsärzte 2026 hat sich KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen zuversichtlich gezeigt, dass der Anstieg nicht nur einen Inflationsausgleich bringen könnte. Zur Begründung verweist Gassen auf Aussagen des neuen Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, der eine Nullrunde für Ärzte für abwegig erklärt hatte.

Bei ihren politischen Forderungen sucht die KBV gemeinsame Sache mit den Krankenkassen: Beide verlangen eine stärkere Einbindung der Gesundheits-Spitzenverbände in die Reformentwicklung. Die bisherige Praxis der vergangenen Legislaturperiode müsse geändert werden – dort hatten hauptsächlich Professoren-Gremien die Reform-Blaupausen erstellt. Für das von der Koalition geplante Primärarztsystem fordert die KBV eine klare Zielsetzung: Es sollte eine bessere Steuerung durch Priorisierung ermöglichen – vor allem angesichts knapper werdender Ressourcen. Beim Ausbau der Terminservicestelle 116 117 pocht die KBV auf eine eigenständige Finanzierung. Bisher tragen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Kosten aus ihren Verwaltungshaushalten.

Hausärzte besorgt um Erfolg der ePA

Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, warnt vor einem Scheitern der elektronischen Patientenakte in der Versorgungswirklichkeit. Rund 70 der 74 Millionen GKV-Versicherten haben seit Jahresanfang eine ePA von ihrer Krankenkasse erhalten. Dennoch wird die elektronische Patientenakte von den Versicherten noch zu wenig genutzt. Beier forderte die Krankenkassen zu deutlich mehr Aufklärungsarbeit auf – schließlich handele es sich um eines der wichtigsten versorgungspolitischen Projekte.

Ab Oktober muss die ePA bundesweit verpflichtend von Leistungserbringern genutzt und den Patienten angeboten werden. Klagen gibt es allerdings immer noch über eine störanfällige Technik. Zudem kritisiert die KBV, dass gut zwei Monate vor der verpflichtenden Nutzung nicht alle Praxen von ihren Anbietern für Praxisverwaltungssysteme das erforderliche Modul zur Nutzung der ePA erhalten haben. Etwa ein Viertel der Praxen wartet noch darauf. Die KBV fordert ein Praxissicherstellungsgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung. Damit sollen die notwendigen Investitionen in die digitale Infrastruktur der Arztpraxen ermöglicht werden.

Auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, berichtet über Anlaufprobleme. So hätten ihn Zuschriften von Bürgern erreicht, die über Probleme bei der Einrichtung der ePA beispielsweise auf ihrem Smartphone klagten. Schwartze fordert Nachbesserungen, um die Akte anwendungs- und patientenfreundlicher zu machen. 

Krankenhausreform: BMG legt Entwurf für Korrekturgesetz vor

Das Bundesgesundheitsministerium hat in der vergangenen Woche den Referentenentwurf für eine Korrektur des zum Jahresbeginn in Kraft getretenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vorgelegt. Eine Einigung über die wichtigsten Korrekturen hatte es kurz vor der parlamentarischen Sommerpause mit den Ländern gegeben. Nach einer Verbändeanhörung und der Ressortabstimmung soll das Bundeskabinett den Entwurf verabschieden, sodass die parlamentarischen Beratungen direkt nach der Sommerpause starten können. Das Gesetz soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Wesentliche Änderungen sind die Finanzierung des Transformationsfonds aus dem Infrastruktur-Sondervermögen sowie zahlreiche Flexibilisierungen hinsichtlich der Anforderungen zur Anerkennung von Leistungsgruppen. Ferner wird der Zeitplan gestreckt. 

Vier Länder planen Reanimation verpflichtend für Lehrpläne

Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wollen ab 2026 Reanimationsunterricht verpflichtend in ihre Lehrpläne aufnehmen, Hessen will 2028 folgen. Im Saarland existiert dies schon als verpflichtendes Angebot im Schulunterricht. Die Länder greifen damit die seit langem von Notärzten erhobenen Forderungen nach obligatorischen Kursen zur Reanimation im Schulunterricht auf. Die Ärzte verweisen dabei auf erhebliche Lücken Deutschlands in der Health Literacy im internationalen Vergleich. Aufgrund von Unwissenheit scheuen viele Menschen von lebensrettenden Notfallmaßnahmen wie Herzdruckmassage oder dem Einsatz eines Defibrillators zurück, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungswagens zu überbrücken. Die anderen Bundesländer wollen es dabei belassen, dass Schulleitungen solche Kurse eigenverantwortlich ermöglichen.

Eigenbeteiligung in der Heimpflege auf neuem Rekord

Die Zuzahlung zur stationären Altenpflege ist binnen eines Jahres zum Stichtag 1. Juli 2025 nach Daten der Ersatzkassen um 8,3 Prozent auf 3108 Euro monatlich im ersten Jahr der Unterbringung gestiegen. Hauptursache dafür sind steigende Personalkosten, die an die Pflegebedürftigen überwälzt werden. Aber auch die Belastungen der Heime durch Ausbildungskosten sowie den Aufwand für Bau- und Modernisierungsinvestitionen, die eigentlich von den Ländern übernommen werden müssten, steigern die Belastung durch Eigenbeteiligungen.