Fünf-Punkte-Plan gegen Engpässe bei Kinderarzneimitteln Logo of esanum https://www.esanum.de

Kinderarzneimittel: Fünf-Punkte-Plan gegen Engpässe

Die Produktion für Kinderarzneimittel wurde bis an die Kapazitätsgrenzen hochgefahren, um die Versorgung für die kommende Infektionssaison zu verbessern. Doch reicht das?

Fünf-Punkte-Plan gegen Versorgungsengpässe vereinbart

Das Bundesgesundheitsministerium, die Produzenten von Kinderarzneimitteln, die Berufsverbände der Pädiater und Hausärzte sowie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände haben am Donnerstag einen Fünf-Punkte vereinbart, der dazu beitragen soll, gravierende Versorgungsengpässe, wie sie in der letzten Herbst-Winter-Saison aufgetreten sind, möglichst zu vermeiden. Vorgesehen ist danach:

  • Eine regelmäßige Situationsanalyse des BMG mit den relevanten Pharma-Unternehmen: Zur Versorgungssteuerung richtet das BMG einen regelmäßig tagenden Steuerungskreis unter Beteiligung der Industrie, der Pädiater und Hausärzte sowie der Apotheker ein. Wenn es trotz verbesserter Ausgangslage zu Engpässen kommen sollte, können auch zusätzliche Kinderarzneimittel importiert werden.
  • Haus- und Kinderärzte appellieren an Eltern, keine großen Vorräte anzulegen. Hamsterkäufe müssten unbedingt vermieden werden. Sinnvoll sei es allerdings, für wenige Tage hinreichend Fiebermittel oder Hustensäfte vorrätig zu halten.
  • Die ABDA sagte zu, dass Apotheker bei der Beratung von Eltern unterstützend mitwirken. Dazu werde auch der Austausch von Kinderarzneimitteln hinsichtlich Darreichungsform, Dosierung und Packungsgröße erleichtert. Bei der Substitution sowie bei der Herstellung von Rezepturen wird eine Retaxation ausgeschlossen, wenn es sich um Arzneimittel handelt, die auf der Dringlichkeitsliste des BfArM stehen. Ebenso werden in diesen Fällen Wirtschaftlichkeitsprüfungen für die Ärzteschaft ausgeschlossen.
  • Festbeträge bleiben bei dringlichen Kinderarzneimitteln weiter ausgesetzt, auch Rabattverträge sind hier ausgeschlossen. 
  • BMG, Ärzte, Apotheker und Industrie engagieren sich für eine sachlich-realistische Kommunikation mit dem Ziel, unnötige Bevorratung zu vermeiden.

"Wir produzieren an der Kapazitätsgrenze – das bleibt fragil"

Lauterbach sieht die Versorgungslage im bevorstehenden Herbst und Winter deutlich entspannter als im vergangenen Jahr:

"Es ist großartig, wie die Industrie reagiert hat und die Produktion um teilweise bis zu 100 Prozent an die Grenze des technisch Machbaren hochgefahren hat."

Allerdings seien bei sehr ausgeprägten Infektionswellen neuerliche Engpässe nicht völlig auszuschließen.

Für die Industrie bestätigte Andreas Burkhardt, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika und Deutschland-Chef von Teva, Lauterbachs Einschätzung. Die relevanten Unternehmen hätten ihre Produktion auf einen sieben Tage laufenden Drei-Schicht-Betrieb ausgeweitet und seien damit an der Grenze des technisch Machbaren angekommen. Je nach Infektionsausprägung und insbesondere bei technischen Problemen sei die Versorgungslage jedoch immer noch fragil. 

ALBVVG schafft noch keine Investitionsanreize 

Das ALBVVG, mit dem Festbeträge und Rabattverträge für Kinderarzneimittel abgeschafft wurden und insofern Preiserhöhungen erlaubt hat, habe es ermöglicht, starke Kostensteigerungen seit dem Frühjahr letzten Jahres zu kompensieren. Investitionen und eine Ausweitung der Kapazitäten seien aber aufgrund der generell schwierigen Rahmenbedingungen für den Generikamarkt mit nach wie vor zu hohen Risiken behaftet. Burkhardt: "Das ALBVVG hat daran nichts geändert. Es schafft keine Anreize und berücksichtigt lediglich ein Prozent der Arzneimittel."

"Wir haben die Preisschraube bei Generika überdreht", gestand Lauterbach zu. Das ALBVVG sei um Jahre zu spät gekommen. Der Minister kündigte weitere Gesetze an, die die Rahmenbedingungen für die Industrie, insbesondere auch für die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika, verbessern. Dazu sei unter anderem ein Medizin-Forschungs-Gesetz im Rahmen einer Strategie für die Industrie geplant.