Brustkrebs-Überdiagnosen bei Frauen über 70 Jahren sehr häufig
Eine aktuelle, große Studie der Universität Yale kommt einmal mehr zu dem Schluss, dass Früherkennungsuntersuchungen mit dem Alter an Nutzen verlieren: Oft werden hierbei Auffälligkeiten entdeckt, die keine klinische Relevanz entwickelt hätten.
Risiko für Brustkrebs-Überdiagnosen nimmt mit dem Alter deutlich zu
- das Massenscreening auf Brustkrebs birgt laut einer US-amerikanischen Untersuchung an über 54.000 älteren Frauen ein hohes Risiko für Überdiagnosen und konnte die Sterblichkeit nicht relevant senken
- bei Frauen im Alter von 70–74 Jahren kam es in 31 Prozent der Fälle zu Überdiagnosen, bei den 75- bis 84-Jährigen in 47 Prozent und im Alter über 85 Jahren sogar in 54 Prozent der Fälle
- als Überdiagnosen sind Krebsfälle definiert, die bei einem Screening entdeckt wurden, die sich aber ohne eine Untersuchung zu Lebzeiten der Person nie bemerkbar gemacht hätten
Könnten die Risiken des Mammographie-Screenings hier den Nutzen übersteigen?
Unter einer Überdiagnose wird die Entdeckung eines Gewebes verstanden, welches bei Biopsie alle pathologischen Merkmale von Krebs aufweist, das aber unerkannt keine Symptome oder den Tod verursacht hätte. Neben häufigen falsch-positiven Ergebnissen von Früherkennungsuntersuchungen, welche invasive Tests und Verfahren nach sich ziehen, wird auch die Überdiagnose selbst inzwischen als wichtiger zusätzlicher Schaden des Screenings angesehen.1
Eine kürzlich in den Annals of Internal Medicine veröffentlichte retrospektive Kohortenstudie versuchte, dieses Risiko zu quantifizieren. Hierzu verglichen Ärzte des Yale Cancer Center die kumulative Inzidenz von Brustkrebs bei 54.635 Frauen, die sich kürzlich einer Mammographie unterzogen hatten, mit Frauen, die nicht weiter am Screening teilnahmen. Frauen mit Krebs in der Vorgeschichte wurden ausgeschlossen.
Überdiagnosen bei über der Hälfte der gescreenten Frauen über 85 Jahren
Bei Frauen im Alter von 70 bis 74 Jahren betrug die bereinigte kumulative Inzidenz von Brustkrebs 6,1 Fälle pro 100 untersuchten Frauen gegenüber 4,2 Fällen pro 100 nicht untersuchten Frauen. In dieser Population waren folglich schätzungsweise 31 Prozent der bei den untersuchten Frauen gefundenen Brustkrebsfälle überdiagnostiziert. Bei Frauen im Alter von 75 bis 84 Jahren waren es 47 Prozent und bei Frauen über 85 Jahren sogar 54 Prozent der Diagnosen.
Diese höhere Rate an Krebsdiagnosen bei den gescreenten Frauen deutet darauf hin, dass ein erheblicher Anteil der so entdeckten Brustkrebsfälle bei nicht untersuchten Frauen keine Symptome verursachen oder sich anderweitig bemerkbar machen würde, schließen die Autoren. Sie berichten weiter, dass sie keinen statistisch signifikanten Rückgang der brustkrebsspezifischen Todesfälle im Zusammenhang mit dem Screening feststellen konnten.
"Wir brauchen bessere Werkzeuge"
Diese Zahlen verdeutlichen, dass wir bessere Methoden brauchen, um herauszufinden, wer von einem Screening profitieren könnte und welche Befunde wahrscheinlich nicht zu symptomatischem Krebs fortschreiten werden, sodass wir Übertherapie vermeiden können, erklärt Erstautorin Prof. Ilana Richman vom Yale Cancer Center in einem Interview.2 "Überdiagnostik ist gerade für ältere Frauen sehr relevant. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Überdiagnostik und Lebenserwartung", sagt Richman.2
Weiter Informationen aus der Onkologie
- ecancer. Breast cancer overdiagnosis common among older women - ecancer.
- Richman, I. B., Long, J. B., Soulos, P. R., Wang, S.-Y. & Gross, C. P. Estimating Breast Cancer Overdiagnosis After Screening Mammography Among Older Women in the United States. Ann Intern Med (2023).
letzter Zugriff auf Websites: 08.09.23