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Welche zerebralen Störungen durch Mikro- und Nanoplastik sind möglich?

Viele Kunststoffpartikel sind klein genug, um in Zellen einzudringen sowie die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Mikroplastik kann laut einer aktuellen Studie zerebrale Thrombosen und weitere Pathologien verursachen.

Nanokunststoffe als Ursache für neurologische Störungen

Zunehmende Konzentrationen von Mikro- und Nanoplastik: Nicht nur in Umwelt und Nahrungskette, auch im Menschen

Eine im Februar 2025 in 'Nature' erschienene Analyse von Obduktionen offenbarte einen signifikanten Anstieg der Mikroplastikkonzentration im menschlichen Geweben zwischen 2016 und 20242, namentlich im Gehirn und der Leber. Die Werte in Gehirnproben waren dabei 7–30-mal höher als in Lebern oder Nieren. Eine noch größere Anreicherung von Mikro- und Nanokunststoffen wurde in Gehirnen Verstorbener mit dokumentierter Demenzdiagnose gefunden, mit erheblichen Ablagerungen in zerebrovaskulären Wänden und Immunzellen.2 

Wasser, Salz, Tiere und sogar die Luft sind mit Mikroplastik belastet. Wissenschaftler der Universität Wageningen in den Niederlanden schätzen, dass jeder von uns 100.000 Mikroplastikpartikel pro Tag aufnimmt – das entspräche dem Verzehr einer Kreditkarte pro Jahr.4
Die Kumulation von Mikroplastik kann zu Gewebedysfunktion und Fehlfunktionen des Immunsystems, chronischer Inflammation, Atemwegserkrankungen und (über Effekte auf endokrine Drüsen) zu hormonellen und metabolischen Störungen führen.3

Sind Plastikpartikel inzwischen ein Risikofaktor für kardiovaskuläre und zerebrale Ereignisse?

Zunehmende Evidenz deutet darauf hin, dass Mikroplastik im Blutstrom zu akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen könnte.3
Im Rahmen einer Anfang 2025 in 'Science Advances' publizierten Studie konnte mittels Echtzeit-Bildgebung an Mäusen sichtbar gemacht werden, wie Mikroplastik die zerebrale Durchblutung vermindert und zu neurologischen Auffälligkeiten führt. Die im Blutstrom befindlichen Partikel wurden von Immunzellen phagozytiert. Die mit Partikeln überladenen Zellen bildeten Klumpen, die Kapillaren im Kortex verstopften und die Motorik der Versuchstiere beeinträchtigten.3,5

Eine weitere Arbeit berichtet, dass Nanoplastik-Fremdpartikel die Aggregation von α-Synuclein in Hirnregionen wie der Substantia nigra verstärken, wodurch M. Parkinson und andere neurologisch bedingte Demenzerkrankungen ausgelöst oder verschlimmert werden könnten. Im murinen Modell war nachweisbar, dass Nanoplastik außerdem durch Clathrin-abhängige Endozytose in Neuronen selbst internalisiert werden kann.6

An Mäusen konnte zudem gezeigt werden, dass eine frühe Exposition mit winzigen Plastikpartikeln die Gehirnentwicklung beeinträchtigt und sogar Verhaltensanomalien zu induzieren scheint (gestörtes Sozialverhalten, depressions- und angstartiges Verhalten).3

Steter Tropfen höhlt den Stein

Jüngste Messungen legen nahe, dass Mikroplastik nicht nur verzehrt oder eingeatmet werden kann, sondern über medizinisches Kunststoffmaterial (wie es für Infusionen verwendet wird) direkt in den Blutkreislauf gelangen kann, wo die Plastikpartikel hauptsächlich von Immunzellen transportiert werden.3,7 „Wenn medizinische Injektionssysteme nicht schnell und gründlich verbessert werden, kann das direkte Eindringen von Mikroplastik in den menschlichen Blutkreislauf zu einem anhaltenden und möglicherweise wiederkehrenden Problem werden“, resümieren die Autoren der oben bereits genannten Thrombose-Studie.3

Wenngleich Kunststoffverbindungen aus bestimmten Anwendungen schwer wegzudenken sind, wäre es daher umso nötiger, die Exposition überall da zu minimieren, wo es eigentlich bessere Alternativen gibt. Während es einerseits verbreitete Rufe nach einer Reduzierung von Einwegplastik gibt, werden andererseits viele traditionelle Papierverpackungen von Herstellern durch neue Kunststoffverpackungen ersetzt.8 Nur ein Alltagsbeispiel: Laut einer Studie geben die heute verbreiteten Plastik-Teebeutel (Nylon und PET) etwa 11,6 Milliarden Mikropartikel und 3,1 Milliarden Nanopartikel pro Tasse (!) ab. Sogar die meisten Teebeutel aus Papier enthalten zur Versiegelung (damit sie nicht platzen) Kunststofffasern.1,8 Neben dem Erhitzen wäre auch die Verpackung von Ölen und Fetten in Plastik besonders kritisch zu sehen, da Mikroplastik und toxische chemische Verbindungen (z. B. Antimon aus PET) besonders stark in solche Produkte übertreten können.

Quellen:
  1. Ali, T., Habib, A., Muskan, F., Mumtaz, S. & Shams, R. Health risks posed by microplastics in tea bags: microplastic pollution – a truly global problem. Int J Surg 109, 515–516 (2023).
  2. Nihart, A. J. et al. Bioaccumulation of microplastics in decedent human brains. Nat Med 1–6 (2025) doi:10.1038/s41591-024-03453-1.
  3. Huang, H. et al. Microplastics in the bloodstream can induce cerebral thrombosis by causing cell obstruction and lead to neurobehavioral abnormalities. Science Advances 11, eadr8243 (2025).
  4. We ingest the equivalent of a credit card every year because of microplastics in the environment. https://www.activesustainability.com/environment/microplastics/.
  5. Mallapaty, S. Microplastics block blood flow in the brain, mouse study reveals. Nature 638, 20–20 (2025).
  6. Liu, Z. et al. Anionic nanoplastic contaminants promote Parkinson’s disease-associated α-synuclein aggregation. Sci Adv 9, eadi8716 (2023).
  7. Huang, T. et al. MPs Entering Human Circulation through Infusions: A Significant Pathway and Health Concern. Environ. Health (2025) doi:10.1021/envhealth.4c00210.
  8. Hernandez, L. M. et al. Plastic Teabags Release Billions of Microparticles and Nanoparticles into Tea. Environ Sci Technol 53, 12300–12310 (2019).
  9. Oil, S. O. Is Olive Oil in a Plastic Bottle Safe? Selo Olive Oil https://seloolive.com/blogs/olive-oil/is-olive-oil-in-a-plastic-bottle-safe-understanding-the-risks-and-choosing-safe-packaging-alternatives-selo-olive-oil-blog (800).