Parkinson-Risiko steigt durch Luftverschmutzung: Neue Studie zeigt Zusammenspiel mit genetischen Faktoren Logo of esanum https://www.esanum.de

Einfluss der Luftverschmutzung auf das Parkinson-Risiko – Synergien genetischer und umweltbedingter Faktoren

Längst ist bekannt, dass sich Umweltfaktoren auf immunvermittelte Krankheiten auswirken können. Doch gilt dies auch für neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson? Kann Luftverschmutzung das Risiko, an Parkinson zu erkranken, erhöhen?

Parkinson und Risikofaktoren

Parkinson (PD) ist eine neurodegenerative Erkrankung, welche sich typischerweise durch Bewegungsstörungen wie Zittern (Tremor), Steifheit und Schwierigkeiten beim Gehen äußert. Neben genetischen Faktoren spielen bei der Entstehung der Krankheit auch äußere Einflüsse eine entscheidende Rolle. Zu den bekannten Umweltfaktoren zählen Pestizide, Lösungsmittel und Schwermetalle. Neuere Studien weisen zunehmend darauf hin, dass auch Luftverschmutzung, insbesondere durch den Straßenverkehr verursacht, das Risiko für die Entstehung von Parkinson erhöhen könnte.

Aktuelle Studie: Zusammenspiel von Genen und Luftverschmutzung

Eine aktuelle Fall-Kontroll-Studie, veröffentlicht im Fachmagazin JAMA Network Open, untersuchte den Zusammenhang zwischen langfristiger Exposition gegenüber verkehrsbedingter Luftverschmutzung und dem genetischen Risiko für die Entwicklung einer Parkinson-Erkrankung. Ziel war es, herauszufinden, ob sich bei Menschen mit genetischer Prädisposition für eine PD das Erkrankungsrisiko durch starke Luftverschmutzung erhöht. Dafür wurde insbesondere der sogenannte Polygenic Risk Score (PRS) herangezogen, der die genetische Anfälligkeit einer Person für Parkinson widerspiegelt.

Signifikante Ergebnisse: Genetische und umweltbedingte Synergien

Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit höherem genetischen Risiko, die gleichzeitig stärkerer verkehrsbedingter Luftverschmutzung ausgesetzt sind, tatsächlich ein signifikant höheres Erkrankungsrisiko aufweisen. Somit könnten genetische und umweltbedingte Risikofaktoren synergistisch wirken und die Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken, deutlich erhöhen.

Konkret zeigte sich, dass jede Standardabweichung (SD) Zunahme des PRS mit einem erhöhten Parkinson-Risiko verbunden war - sowohl in der PEG-Kohorte (Odds Ratio [OR], 1,69; 95 % Konfidenzintervall [KI], 1,49-1,91) als auch in der PASIDA-Kohorte (OR, 1,81; 95 % KI, 1,64-2,00). Die Meta-Analyse ergab eine Gesamt-OR von 1,76 (95 % KI, 1,63-1,90). Für die langfristige Exposition gegenüber verkehrsbedingter Luftverschmutzung (mit 5-jähriger Verzögerung) zeigte jede Zunahme um einen Interquartilsbereich (IQR) ein erhöhtes Parkinson-Risiko (PEG: OR, 1,10; 95 % KI, 1,04-1,16; PASIDA: OR, 1,09; 95 % KI, 1,00-1,18). Besonders ausgeprägt war das Risiko für Personen mit hohem PRS und hoher Schadstoffbelastung (PEG: OR, 3,41; PASIDA: OR, 2,81). Die gemeinsame Meta-Analyse ergab eine OR von 3,05, was um 9 % höher lag als die erwartete gemeinsame Wirkung.

Auswirkungen auf andere neurodegenerative Erkrankungen

Weitere Studien zeigen, dass Luftverschmutzung das Risiko, neben Parkinson, auch für andere neurodegenerative Erkrankungen erhöhen kann. Beispielsweise konnte nachgewiesen werden, dass eine langfristige Exposition gegenüber Feinstaub (PM 2,5) mit einem erhöhten Risiko an Alzheimer oder Demenz zu erkranken verbunden ist. Laut einer Analyse von 16 Studien im Journal of Alzheimer's Disease erhöht eine bereits moderate Feinstaubbelastung die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken2,3. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass auch Multiple Sklerose (MS) häufiger in Regionen mit hoher Feinstaubbelastung auftritt, was auf einen möglichen Einfluss von Luftverschmutzung auf die Entstehung oder den Verlauf der Krankheit hindeutet4.

Limitationen der Studie

Die Studie weist einige methodische Mängel auf. So basierte die Ermittlung der langfristigen Exposition gegenüber Luftverschmutzung teilweise auf Modellierungen und Schätzungen, was zu Ungenauigkeiten führen könnte. Des Weiteren berücksichtigt die Studie mögliche andere Umweltfaktoren, die ebenfalls einen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko haben könnten, nur unzureichend. Die Kausalität des Zusammenhangs zwischen Luftverschmutzung und Parkinson-Erkrankung bleibt daher teilweise ungeklärt.

Fazit: Bedeutung für zukünftige Forschung und Prävention

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studie wichtige Hinweise darauf liefert, dass verkehrsbedingte Luftverschmutzung das Parkinson-Risiko insbesondere bei genetisch anfälligen Personen erhöhen könnte. Dennoch sind weitere Untersuchungen notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen und die komplexen Wechselwirkungen zwischen genetischen und umweltbedingten Faktoren besser zu verstehen.

Quellen:
  1. Kwon D, Paul KC, Kusters C, et al. Interaction Between Traffic-Related Air Pollution and Parkinson Disease Polygenic Risk Score. JAMA Netw Open. 2025;8(3):e250854. doi:10.1001/jamanetworkopen.2025.0854
  2. Peters R, Ee N, Peters J, Booth A, Mudway I, Anstey KJ. Air Pollution and Dementia: A Systematic Review. J Alzheimers Dis. 2019;70(s1):S145-S163. doi: 10.3233/JAD-180631. PMID: 30775976; PMCID: PMC6700631.
  3. Aretz B, Doblhammer G, Heneka MT. The role of leukocytes in cognitive impairment due to long-term exposure to fine particulate matter: A large population-based mediation analysis. Alzheimers Dement. 2024 Dec;20(12):8715-8727. doi: 10.1002/alz.14320. Epub 2024 Oct 16. PMID: 39412000; PMCID: PMC11667545.
  4. Teekaput C, Rachbundit C, Wantaneeyawong C, Teekaput K, Thiankhaw K. Impact of air pollution on the clinical exacerbation of central demyelinating disease: A 10-year data from the Northern Thailand MS and NMOSD registry. Mult Scler Relat Disord. Published online January 10, 2025. doi:10.1016/j.msard.2025.106266