Demenz als Folge einer Leberzirrhose? Logo of esanum https://www.esanum.de

Bei Demenz auch die Leber abklären

Eine aktuelle Studie unterstreicht, dass hinter demenziellen Symptomen eine behandelbare Ursache stecken kann: eine hepatische Enzephalopathie im Rahmen einer unerkannten Leberzirrhose.

Denken Sie bei Demenz auch an eine Leberzirrhose?

Was wäre, wenn jeder 10. Demenzerkrankung eine behandelbare Ursache zugrunde läge? 

Diese Frage wirft eine neue Studie auf, die im JAMA Network Open veröffentlicht wurde.2 Den Daten von über 177.000 US-Veteranen mit einer Demenz-Diagnose zufolge könnten etliche von ihnen reversible neurologische Probleme haben, an denen eine nicht erkannte Lebererkrankung beteiligt ist. 

Bei 5 bis 10 Prozent dieser Demenzerkrankten, bei denen zuvor keine Zirrhose diagnostiziert worden war, stellten die Forscher einen hohen Fib-4-Wert fest, der auf eine fortgeschrittene Leberfibrose bis hin zur Zirrhose hindeutet und eine hepatische Enzephalopathie (HE) als Risikofaktor für die kognitive Beeinträchtigung anzeigen könnte.
Der Fibrosis-4 (FIB-4) Index ist ein Screening- oder Schätzparameter für den Grad einer Leberschädigung, bspw. im Rahmen einer Virushepatitis, einer Alkohol- oder Fettlebererkrankung. Für den Score werden lediglich das Alter, die Transaminasen ASAT und ALAT sowie die Thrombozytenzahl benötigt und diese können in einen der vielen verfügbaren Online-Laborrechner eingegeben werden.
Ein FIB-4-Score >2,67 deutet auf eine fortgeschrittene Fibrose und >3,25 auf eine Zirrhose hin, was auf 10,3 Prozent respektive 5,3 Prozent der Untersuchten zutraf. Höhere Fib-4-Scores waren mit einem höheren Alter, Herzinsuffizienz, Virushepatitis, Alkoholkonsum und Niereninsuffizienz assoziiert.

Die gute Nachricht? Eine HE ist im Gegensatz zu einer Demenz gut behandelbar. Veteranen leiden häufig an Begleiterkrankungen, die die kognitive Funktion beeinträchtigen können, wie Alkoholabusus, posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) und Kopfverletzungen, zusätzlich zu Risikofaktoren für Zirrhose. Die Resultate waren jedoch in einer regionalen Validierungskohorte Demenzkranker ähnlich, hier fielen bei bis zu 11,2 Prozent erhöhte FIB-4-Werte auf. Weitere bestätigende Studien aus der Allgemeinbevölkerung wären nötig und werden derzeit von den Studienautoren vorbereitet. 

Wichtige therapeutische Auswirkungen einer übersehenen Zirrhose

Der FIB-4-Score sollte bei älteren Menschen mit Demenz als erster Schritt oder Screening-Instrument verwendet werden, um HE als möglichen Faktor für kognitive Beeinträchtigungen zu diagnostizieren oder auszuschließen, resümieren die Autoren. "Die routinemäßige Verwendung des FIB-4-Index [...] könnte einer großen Anzahl von Patienten, Familien und Ärzten helfen, indem sie die Gelegenheit bietet, kognitive Beeinträchtigungen, die durch Lebererkrankungen verursacht werden, zu behandeln und möglicherweise rückgängig zu machen."3

Bei Demenzkranken mit nachgewiesener Leberzirrhose überschneiden sich HE- und Demenzsymptome erheblich. Patienten mit beiden Komorbiditäten haben eine nachweislich schlechtere Lebensqualität, die sich nach HE-Therapie verbessert.

Über diesen Zusammenhang hinaus ist es wichtig, eine fortgeschrittene Leberzirrhose in dieser Population nicht zu übersehen, damit die Patienten auch einem Screening auf hepatozelluläre Karzinome und anderen Zirrhose-Komplikationen zugeführt werden können, unterstreichen die Autoren. "Die frühzeitige Entdeckung von Leberproblemen ermöglicht gezielte Interventionen und eröffnet Möglichkeiten, behandelbare Faktoren, die zum kognitiven Abbau beitragen, in Angriff zu nehmen."3
 

Quelle: