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Neue Aussichten bei der Therapie von Morbus Crohn

Morbus Crohn als eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist zwar gut erforscht, aber noch nicht heilbar. Nun gibt es neue Erkenntnisse zur Milderung der Krankheit.

Dosisintervall Adalimumab Erhaltungstherapie 

Eine aktuelle Studie untersuchte die klinischen Ergebnisse eines verlängerten Adalimumab-Dosierungsintervalls im Vergleich zur herkömmlichen Dosierung bei Morbus-Crohn-Patienten in stabiler Remission. Das Dosierungsintervall, das normalerweise bei zwei Wochen liegt, wurde in der vorliegenden Studie auf drei bzw. vier Wochen gestreckt und beobachtet, in welchem Abstand persistierende Krankheitsschübe auftraten.1

Es zeigte sich, dass die kumulative Inzidenz persistierender Schübe in Woche 48 der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht unterlegen war. Außerdem war die kumulative Häufigkeit vorübergehender Schübe in beiden Gruppen ähnlich. 

Dr. Reinier van Linschoten (Franciscus Gasthuis & Vlietland, Niederlande) erklärte: 

"Eine Dosisverlängerung war bei den meisten Patienten in der Interventionsgruppe möglich, nur 10% mussten auf das herkömmliche Dosisintervall zurückgehen."

Zum Ende des Studienzeitraums wurde beobachtet: Weder die Krankheitsaktivität noch die Lebensqualität unterschieden sich zwischen der Kontroll- und Interventionsgruppe. Allerdings wurde innerhalb der Interventionsgruppe mehr Notfallmedikation in Anspruch genommen. Außerdem traten in dieser Gruppe vermehrt gastrointestinale Beschwerden auf, hauptsächlich leichte gastrointestinale Nebenwirkungen. 

Upadacitinib zeigt schnelle Wirkung 

Upadacitinib zeigte in der zweiten Induktionsstudie U-EXCEL (NCT03345849) wirksame Ergebnisse: 49,5% der mit Upadacitinib behandelten Patienten erreichten einen Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) < 150 im Vergleich zu 29,1% in der Placebogruppe (p<0,0001). Die klinische SF/AP-Remission (durchschnittliche tägliche Stuhlfrequenz  ≤2,8 und durchschnittliche tägliche Bauchschmerzen ≤1 und nicht schlechter als bei Studienbeginn) betrug 50,7% gegenüber 22,2% (p<0,0001) in der Placebogruppe. Außerdem war das endoskopische Ansprechen bei den mit Upadacitinib behandelten Betroffenen signifikant höher, mit einem klinisch relevanten Unterschied von 33% (p<0,0001). Ein signifikanter Anteil der Therapiegruppe erreichte bereits in Woche 2 ein klinisches Ansprechen und in Woche 4 eine klinische Remission. Bei den Patienten, die zu Beginn der Studie Kortikosteroide einnahmen, erreichte ein signifikant höherer Anteil der Patienten, die Upadacitinib 45 mg erhielten, in Woche 12 eine steroidfreie klinische Remission gemäß CDAI und gemäß SF/AP im Vergleich zu Placebo (p<0,0001 gegenüber Placebo für jeden Vergleich).2 

Bezüglich schwerwiegender behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Ein höherer Anteil der Patienten im Placebo-Arm berichtete über eine Verschlechterung des Morbus Crohn, während Anämie und Akne bei 6,3% bzw. 6,9% der mit Upadacitinib behandelten Patienten auftraten. Ebenso traten Herpes zoster und Anämie in der Upadacitinib-Gruppe häufiger auf, jedoch gab es keinen Fall von Magen-Darm-Perforation. 

Zusätzlicher klinischer Nutzen von Risankizumab 

Risankizumab, ein selektiver p19-Anti-IL-23-Antikörper, wurde in der 52-wöchigen Studie FORTIFY (NCT03105102) als Erhaltungstherapie bei Patienten mit verzögertem Ansprechen untersucht. Diese Patienten erreichten erst nach einer zweiten 12-wöchigen Induktionstherapie mit Risankizumab ein klinisches Ansprechen.3

In Woche 52 lag eine CDAI-Antwort bei 53,3% (180 mg) und 75,8% (360 mg) vor, während 56,7% und 66,7% eine CDAI-Remission erreichten. Die klinischen Remissionsraten hinsichtlich SF/AP betrugen 43,3% bei der niedrigeren und 54,5% bei der höheren Dosis. Hinsichtlich des zusammengesetzten Endpunktes der tiefen Remission (klinische CDAI-Remission plus endoskopische Remission) wurden Raten von 40,0 % (180 mg) und 39,4% (360 mg) Therapie beobachtet. 

Ist eine frühzeitige Operation für Morbus-Crohn-Betroffene von Vorteil? 

Mit dieser Frage befasste sich die LIR!C -Studie zur laparoskopischen Ileozökalresektion. Diese Prozedur konnte als valide therapeutische Alternative zu Biologika bei Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn identifiziert werden. Die Operation bei Betroffenen mit begrenzter und überwiegend entzündlicher terminaler Ileitis führte in dieser Studie zu einem dauerhaften Behandlungseffekt, vergleichbar mit dem von Patienten, die mit Infliximab behandelt wurden.4

Innerhalb der Studie wurden Patienten nach dem Zeitpunkt der Operation gruppiert (Gruppe 1: Erstoperation innerhalb von 29 Tagen nach der Diagnose; Gruppe 2: Erstoperation zwischen 30 und 180 Tagen nach Diagnose; Gruppe 3: Operation mehr als 180 Tage nach der Diagnose). Die Patienten, die sehr früh operiert wurden, hatten ein geringeres kumulatives Reoperationsrisiko, allerdings ein höheres Krankenhausaufenthaltsrisiko. Zusätzlich verringerte sich die Zeit bis zur erneuten Operation bei Eingriffen, die nach 2005 durchgeführt wurden, erheblich. Ähnlich war das Reoperationsrisiko in Gruppe 2. Lediglich in Gruppe 3 zeigte sich das Reoperationsrisiko deutlich erhöht. Das Risiko eines Krankenhausaufenthalts war in den Gruppen 2 und 3 ähnlich, jedoch niedriger als in Gruppe 1. Das kumulative Risiko der Verwendung von Immunmodulatoren zeigte sich bis zu 5 Jahren in Gruppe 3 am höchsten. Zwischen den Gruppen war das kumulative Risiko für biologische Arzneimittel jedoch nicht statistisch signifikant. Nach 2005 verringerte sich das kumulative Risiko einer Krankenhauseinweisung nach operativer Therapie um etwa 20% (p<0,05) und erhöhte sich bei einer medikamentösen Therapie mit Immunmodulatoren und Biologika um etwa 10% ( p<0,05). Früh resezierte Patienten mit Morbus Crohn zeigten demnach Vorteile, wie ein geringeres kumulatives Risiko einer erneuten Operation, was mit einem günstigeren postoperativen Krankheitsverlauf bei früh resezierten Morbus-Crohn-Betroffenen übereinstimmt. 

Fazit für die Praxis: 

Eine Verlängerung des Adalimumab-Dosisintervalls kann eine mögliche Behandlungsstrategie sein, allerdings mit potenziellen negativen Folgen, wie beispielsweise einer Zunahme der Notfallmedikation.

Weitere Highlights der UEG Week finden Sie in unserer Kongressberichterstattung

Quellen:
  1. Van Linschoten RCA, et al. Clinical outcomes of increased verus conventional adalimumab dose inervals in patients with Crohn’s disease in stable remission. OP106, UEG Week 2022, Vienna, Austria, 8–11 October.
  2. Loftus EV, et al. Efficacy and safety of upadacitinib induction therapy in patients with moderately to severely active Crohn’s Disease: results from a randomized phase 3 U-EXCEL study. OP192, UEG Week 2022, Vienna, Austria, 8–11 October.
  3. D’Haens G, et al. 52-weeks risankizumab subcutaneous maintenance dosing is efficacious and well tolerated in patients with moderate-to-severe Crohn’s disease who had delayed response to 12 weeks IV risankizumab induction. OP126, UEG Week 2022, Vienna, Austria, 8–11 October. 
  4. Sarikaya, MZ et al. Disease course and treatment outcomes of Crohn’s disease patients with early or late surgery: a Danish nationwide cohort study from 1997 to 2015. MP195, UEG Week 2022, Vienna, Austria, 8-11 October.
  5. https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/ABBVIE-INC-12136589/news/Abbvie-reicht-Zulassungsantrage-fur-Upadacitinib-Rinvoq-zur-Behandlung-von-Morbus-Crohn-bei-der-U-41112910/
  6. https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2022/10/06/upadacitinib-ein-moeglicher-zukuenftiger-wirkstoff-gegen-morbus-crohn/