Was bedeutet die Abnehmspritze für die Diabetes-Therapie? Logo of esanum https://www.esanum.de

Diabetes-Update: Was ist heute wichtig - und was morgen?

Bei der Jahrespressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft ging es um die aktuelle Versorgungslage für Diabetologen. Vier Experten beleuchteten die Themen Klinikversorgung, Krankenhausreform, Abnehmspritze und Lieferengpässe.

Diabetologie in der Krankenhausversorgung: Warum eine spezialisierte Behandlung unerlässlich ist

Die Diabetologie spielt aus vier verschiedenen Gründen eine entscheidende Rolle bei der Versorgung von Betroffenen im Krankenhaus. Prof. Julia Szendrödi, Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg, fasste sie kurz zusammen.

  1. In der Klinik ist der Fachbereich Diabetologie für die sichere Versorgung von Patienten mit Diabetes unerlässlich. In Deutschland haben Schätzungen zufolge etwa 10 Prozent der Bevölkerung Diabetes, nicht alle sind diagnostiziert. Etwa jeder fünfte Krankenhauspatient hat Diabetes, was die Bedeutung einer spezialisierten Versorgung nochmal unterstreicht.
  2. Der Zugang zu einer angemessenen Versorgung ist in Akutsituationen, bei einer Entgleisung oder bei der Erstdiagnose von Diabetes enorm wichtig. Darum müssen ausreichend Zentren mit Diabetes-Expertise vorhanden sein und die Patienten müssen wissen, wohin sie sich wenden können, um sicherzustellen, dass sie bei Diabetes rechtzeitig und angemessen behandelt werden.
  3. Ebenfalls eine große Rolle spielt bei Diabetes das Selbstmanagement. Zudem gibt es bei den Patienten Ungleichheiten in Bildung und Einkommen, die ausgeglichen werden müssen. Wichtig ist darum eine interdisziplinäre Versorgung, einschließlich Austausch zwischen verschiedenen Fachdisziplinen und die Zusammenarbeit mit Psychologen, Krankenschwestern und Diabetesberatern.
  4. Eine angemessene Versorgung wird nur durch eine entsprechende Qualitätssicherung sichergestellt. Die Expertise muss bei den Behandelnden vorhanden sein, um die Qualität der Versorgung zu gewährleisten, und es müssen finanzielle Ressourcen vorhanden sein, um Innovationen schnell umsetzen zu können, insbesondere im Hinblick auf neue und bessere Technologien.

Hier kommen spezialisierte Behandlungseinheiten ins Spiel. Diabetes Units sind Expertengruppen, in Krankenhäusern, die sich um die Bedürfnisse von Diabetespatienten kümmern. Die transdisziplinären Teams bestehen aus ärztlichem Personal, Diabetesberatern und Ernährungsberatern und arbeiten gemeinsam daran, eine optimale Versorgung für Menschen mit Diabetes zu gewährleisten. Die spezialisierte Behandlung hat zahlreiche Vorteile, darunter eine verbesserte metabolische Kontrolle, eine kürzere Liegedauer im Krankenhaus, geringere Mortalität und Morbidität sowie eine bessere Lebensqualität für die Patienten mit Diabetes.

Verbesserungen im Rahmen der Krankenhausreform

Prof. Baptist Gallwitz, Mitglied des Vorstands und Pressesprechers der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), analysierte die Auswirkungen der Krankenhausreform auf die Diabetologie sowie die dringenden Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. In Anbetracht der aktuellen Lage und der bevorstehenden Entwicklungen betonte er die Dringlichkeit einer solchen Reform und die Herausforderungen auf dem Weg zu einer effektiven Umsetzung.

Die vorgeschlagenen Schritte zur Neuausrichtung der Krankenhausversorgung, insbesondere die Einteilung in verschiedene Versorgungsstufen, stießen zunächst auf Widerstand und dies führte zu einer Verzögerung des Reformprozesses. Allerdings wurde das Krankenhaustransparenzgesetz nun von den Ländern akzeptiert, was bedeutende finanzielle Mittel für die kommenden Jahre in Aussicht stellt. Trotz dieser positiven Entwicklung bleiben für Gallwitz jedoch noch viele Fragen hinsichtlich der Umsetzung und der langfristigen Finanzierung offen. Im Namen der DDG plädiert er nachdrücklich dafür, dass die Qualität der Versorgung angemessen finanziert wird. Darum sollten Krankenhäuser, die sich auf spezialisierte Leistungen in der Diabetologie konzentrieren, mit finanziellen Zuschlägen belohnt werden und jene, die gewisse Leistungen nicht erbringen, entsprechende Abschläge in Kauf nehmen müssen. Des Weiteren wird eine Vorhaltefinanzierung für chronische Erkrankungen gefordert, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Ressourcen im Notfall vorhanden sind.

Prof. Gallwitz unterstrich auch die Bedeutung politischer Maßnahmen wie einer Zuckersteuer oder eines Werbeverbots für stark zuckerhaltige Lebensmittel im Rahmen der Prävention von Diabetes. Beispiele aus Ländern wie Großbritannien würden zeigen, dass solche Maßnahmen positive Auswirkungen auf die Rezepturen von Lebensmitteln haben können, indem sie zu einer Reduzierung des Zuckergehalts führen.

Er sieht es als unumgänglich, dass die Krankenhausreform schnell vorangetrieben wird, um Insolvenzen von Krankenhäusern zu verhindern und eine gleichmäßige Versorgung sicherzustellen. Als Sprachrohr der DDG betonte er die Notwendigkeit struktureller Voraussetzungen und qualifiziertem Personal für eine effektive diabetologische Versorgung. Zudem sollte die Diabeteskompetenz in Transparenzregistern und bei der Berechnung von Vorhaltepauschalen berücksichtigt werden, um eine adäquate Finanzierung sicherzustellen.

Zertifizierung von Kliniken: Qualitätssiegel und transparente Versorgung bei Diabetes

Eine Zertifizierung bietet für eine Klinik wie das Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche an den DRK-Kliniken Berlin viele Vorteile, wie Dr. med. Silvia Müther erläuterte:

  1. Ein durch die DDG anerkanntes Qualitätssiegel sorgt für mehr Transparenz und schafft bei den Patienten und deren Familien Vertrauen in die Qualität der angebotenen Versorgung.

  2. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes erfordert spezialisierte Strukturen, die oft nicht ausreichend finanziert sind. Durch das Zertifikat können bessere Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen werden, um hochwertige Dienstleistungen anzubieten.

  3. In der Pädiatrie ist ein multiprofessionelles Team erforderlich, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Patienten und ihren Familien gerecht zu werden. Neben Ärzten sind auch Berufsgruppen wie Psychologen und Sozialarbeiter entscheidend, um eine umfassende Betreuung sicherzustellen.

  4. Durch das Zertifikat wird sichergestellt, dass alle Abteilungen einer Klinik über die erforderliche Expertise im Umgang mit Diabetes verfügen. Dies gewährleistet eine effektive und koordinierte Behandlung, wenn ein diabetisches Kind in die Klinik aufgenommen wird.

  5. Im Rahmen der Zertifizierung entwickelte und implementierte standardisierte Behandlungspfade und Schulungen können eine konsistente und effektive Diabetesbehandlung gewährleisten.

  6. Diabetes sollte als Familienerkrankung betrachtet werden. Die Familienmitglieder sind oft stark in den Behandlungsprozess involviert. Durch das Zertifikat wird eine umfassende Unterstützung der Familien, einschließlich Schulungen und Beratung, gewährleistet.

  7. Die Zertifizierung fördert den Aufbau von Netzwerken und die Zusammenarbeit mit Schulen, Sportvereinen und anderen relevanten Institutionen. Dies trägt dazu bei, ein unterstützendes Umfeld für die betroffenen Kinder und Jugendlichen zu schaffen und deren Integration in den Alltag zu erleichtern.

Insgesamt bietet die DDG-Zertifizierung sowohl für Diabetes-Betroffene als auch für die Klinik deutliche Vorteile in Bezug auf Qualität, Struktur, Finanzierung und Patientenbetreuung und führt so zu einer besseren Versorgung und mehr Lebensqualität.

Nutzen-Risiko-Einordung der Abnehm-Spritze

GLP1-Rezeptor-Agonisten sind eine Medikamentengruppe, die bereits seit langem in der Therapie des Diabetes eingesetzt werden. Der Hauptzweck dieser Medikamente liegt in der Optimierung der metabolischen Kontrolle und der Reduzierung von Diabetes-Komplikationen. Den Gewichtsverlust, der als Nebeneffekt auftritt, ist erwünscht, jedoch können laut Prof. Julia Szendrödi starke Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit und Übelkeit auftreten. Die Medikamente zielen nicht ausschließlich auf den Gewichtsverlust ab, sondern vielmehr auf die Verbesserung der Blutzuckereinstellung und die Ökonomisierung des Insulinbedarfs bei Patienten mit Diabetes. Sie wirken, indem sie die Insulinausschüttung in Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel regulieren, was zu einer Reduzierung des Insulinbedarfs führen kann.

Es gibt einen nachgewiesenen Nutzen dieser Medikamentengruppe, der über die einfache Blutzuckereinstellung hinausgeht, insbesondere in Bezug auf kardiovaskuläre Komplikationen. Der positive Effekt des Gewichtsverlusts kann in den ersten Jahren nach der Diagnose zu einer Remission führen, was besonders für Komplikationen im Zusammenhang mit Adipositas von Vorteil ist.

Jedoch betont Prof. Szendrödi auch die Risiken und Nebenwirkungen dieser Medikamente, darunter schwere Übelkeit, gastrointestinale Beschwerden, Schwindelgefühle und allgemeines Unwohlsein. Die ärztliche Begleitung und eine sorgfältige Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses sind daher entscheidend, insbesondere bei Patienten mit Diabetes und Komplikationen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Medikamente keine alleinige Maßnahme zur Gewichtsreduktion sein können und nur in Verbindung mit Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität eingenommen werden sollten. Die Entscheidung über die Anwendung sollte immer in Absprache mit einem Arzt getroffen werden, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren und den Nutzen zu maximieren.

Mehr Informationen zum Thema im Interview mit Prof. Szendrödi.
 

Lieferengpässe und die Auswirkungen auf Patienten

Von Lieferengpässen ist die Rede, wenn über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg die Versorgung mit einem bestimmten Medikament nicht sichergestellt werden kann oder eine erhöhte Nachfrage nicht gedeckt werden kann. Probleme sieht Prof. Schulz bei den sogenannten "Abnehm-Spritzen". GLP-Rezeptor1-Agonisten kommen bei der Behandlung von Diabetes Typ 2 und Adipositas zum Einsatz. Es gibt jedoch massive Engpässe bei der Versorgung.

Die beiden weltweit führenden Pharmafirmen, die diese Spritzen herstellen, haben beide Schwierigkeiten, die enorme Nachfrage zu bewältigen. Die Auswirkungen sind gravierend. Patienten müssen große Anstrengungen unternehmen, um Apotheken zu finden, die noch diese Spritzen vorrätig haben. Dies hat auch zu gefälschten Medikamenten auf dem Markt geführt, was ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die Patienten darstellt.

Prof. Schulz betonte, dass diese Medikamente nicht als Wundermittel angesehen werden sollten. Sie stellen aber eine Möglichkeit dar, die Gewichtsreduktion zu unterstützen, und sollten daher immer in Verbindung mit Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität eingenommen werden. Die Nebenwirkungen und Risiken müssten sorgfältig abgewogen werden, weshalb eine ärztliche Begleitung unerlässlich sei.

Insgesamt sind die Lieferengpässe bei diesen Medikamenten äußerst besorgniserregend für Schulz, da die betroffenen Patienten dringend auf diese Therapie angewiesen sind, um ihre Gesundheit zu verbessern.