Off-Label-Use von Hydroxychloroquin: Welche Risiken gibt es? Logo of esanum https://www.esanum.de

Hydroxychloroquin: Vorsicht beim Off-Label-Use

„What do you have to lose? Take it“, verlautete es im Frühjahr 2020 aus dem Weißen Haus in Washington. Gemeint war das Malariamittel Hydroxychloroquin. Dass es allerdings alles andere als harmlos ist, zeigt eine Kasuistik der Uniklinik Münster.

Wie wirkt Hydroxychloroquin?

  • Hydroxychloroquin wird zur Prophylaxe und Therapie der unkomplizierten Malaria eingesetzt. Es wirkt durch Interferenz mit der Plasmodien-DNA schizontozid und weist auch eine Aktivität gegen die Gametozytenstadien der Parasiten auf.
  • Unter anderem durch Stabilisierung der Lysosomenmembran sowie Hemmung der Chemotaxis von Neutrophilen und Eosinophilen wirkt die Substanz auch antientzündlich und immunsuppressiv.
  • Diese Eigenschaften von Hydroxychloroquin macht man sich bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis und dem Lupus erythematodes zunutze. Bei vielen anderen Entzündungserkrankungen der Haut wird das Malariamittel außerdem im Off-Label-Use eingesetzt. 
  • Hydroxychloroquin gilt als nebenwirkungsarm, kann in seltenen Fällen jedoch Auslöser von schweren Arzneimittelreaktionen sein.

Welche Hautreaktionen kann Hydroxychloroquin hervorrufen?

Mit ihrem Fallbericht (DOI.org/10.1007/s00105-024-05294-y) machten Prof. Dr. Markus Böhm und sein Team von der UKM-Hautklinik deutlich, dass Hydroxychloroquin keineswegs leichtfertig eingesetzt werden sollte. Vorgestellt wurde eine 51-jährige Patientin mit neu aufgetretenem, progredientem Exanthem am gesamten Integument. Neben großflächig konfluierenden Rötungen zeigten sich disseminierte Pusteln, Vesikeln und Blasen sowie teils kokarden-förmige Plaques. Die Schleimhäute waren nicht betroffen. Die Patientin verspürte einen starken Juckreiz und gab außerdem ein leichtes Globusgefühl am Hals an. Etwa 2 Wochen zuvor war aufgrund eines Lichenplanopilaris eine Therapie mit Hydroxychloroquin als Off-label-Medikation eingeleitet worden, die inzwischen wieder abgesetzt worden war.

In Zusammenschau von Anamnese, klinischen, laborchemischen und histologischen Befunden wurde schließlich die Diagnose einer DRESS(drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms)-artigen Arzneimittelreaktion nach Einnahme von Hydroxychloroquin gestellt.

Wie wird das DRESS-Syndrom behandelt?

Nach Einleitung einer hoch dosierten oralen Steroidstoßtherapie mit Prednisolon und verschiedenen Topika für Rumpf, Extremitäten, Gesicht und Capillitium, gefolgt von einer zusätzlichen Behandlung mit Dapson, verbesserte sich der Hautbefund allmählich. Die Therapie konnte ausgeschlichen und nach einigen Monaten schließlich abgesetzt werden. 

Neben dem DRESS-Syndrom sind weitere schwere kutane Reaktionen auf Hydroxychloroquin beschrieben. Fieber, ein generalisiertes Exanthem, Lymphknotenschwellungen und hämatologische Auffälligkeiten (insbesondere Leukozytose, Eosinophilie) sollten an eine mögliche Arzneimittelreaktion denken lassen. Auch innere Organe können betroffen sein. Mittel der Wahl sind neben dem sofortigen Absetzen des auslösenden Medikaments hochdosierte Steroide.

Worauf ist beim Off-Label-Use von Hydroxychloroquin zu achten?

Der Fall zeigt, dass Hydroxychloroquin zur Behandlung entzündlicher Autoimmunerkrankungen der Haut in professionelle, erfahrene Hände gehört. Vor allem im Off-Label-Use müssen die Patienten sorgfältig aufgeklärt werden. Als Allerweltsmittel gegen Seuchen eignet sich das Mittel – ganz abgesehen von fehlenden Wirksamkeitsnachweisen – mit Sicherheit nicht.
 

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