Sport bei Arthrose: Worauf ist zu achten? Logo of esanum https://www.esanum.de

Arthrose: wie Sport vor und nach endoprothetischen Eingriffen helfen kann

Aufgrund einer Arthrose degenerierte Gelenke lassen sich mittlerweile gut künstlich ersetzen. Jedoch müssen Prähabilitation und Reha viel Bewegung beinhalten, um die Funktionstüchtigkeit des Gelenkersatzes sicherzustellen.

Führen Sport und Bewegung zu Arthrose? 

Eine Arthrose geht mit chronischen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen einher. Häufig ist die natürliche Reaktion Betroffener: weniger körperlich aktiv sein, damit es nicht noch mehr schmerzt. Da es sich um eine Gelenkabnutzung handelt, fragen sich viele Patientinnen und Patienten zudem, ob nicht gerade Sport der Auslöser für die Arthrose ist. 

Dazu referierten auf dem Sports, Medicine and Health Summit 2023 Dr. Leonard Achenbach, PD Dr. Casper Grim und Dr. Alexander Franz. 

Sowohl die primäre Arthrose, gekennzeichnet durch eine Veränderung der Knorpelphysiologie, als auch die posttraumatische Arthrose, resultierend aus einer osteochondralen Überlastung, entkoppeln das anabol-katabole Gleichgewicht. Dies führt zu Knorpeldestruktionen, subchondralen Veränderungen und mechanischem Versagen. 

Sport kann durchaus ein Auslöser für Arthrose sein, allerdings muss hier differenziert werden, so Grimm. An sich sind moderater Sport und Freizeitaktivität kein Risikofaktor für eine klinische oder radiologische Hüft- bzw. Knie-Arthrose. Allerdings scheinen Verletzungen einen Einfluss auf das spätere Arthroserisiko zu haben. Demnach können Trainingsumfang und Sportart – bei Spiel-/Kraftsportarten ist das Osteoarthritis-Risiko beispielsweise höher als beim Ausdauersport – Auslöser für eine spätere Arthrose-Erkrankung sein. Bei ehemaligen Spitzensportlern beispielsweise ist das Vorkommen einer radiologischen Osteoarthritis signifikant höher als bei der Normalbevölkerung. Die Prävalenz der klinischen Osteoarthritis hingegen ist bei ehemaligen Elitesportlern und der Normalbevölkerung etwa gleich. Daraus resultiert, dass moderate Freizeit- und Sportaktivitäten kein Risikofaktor für klinische oder radiologische Osteoarthritis sind. Verletzungen sind hingegen der Schlüsselfaktor für eine Osteoarthritis. (Is physical activity, practiced as recommended for health benefit, a risk factor for osteoarthritis?, doi: 10.1016/j.rehab.2016.02.007). 

So sollte das Training bei beginnender Arthrose aussehen

Wenn bereits eine Arthrose vorliegt, kann Bewegung zu einer Besserung der Lebensqualität führen. Denn durch mehr körperliche Aktivität kann das Körpergewicht verringert werden, was wiederum den Druck auf die Gelenke reduziert. Nichtsdestotrotz sollten sogenannte Low-Impact-Sportarten (vs. High-Impact-Sport) ausgeübt werden, denn vor allem diese haben einen protektiven Effekt auf das Auftreten oder die Verschlimmerung von Osteoarthritis. Generell sollten keine Leistungsziele gesetzt werden, es geht vielmehr um das allgemeine Bewegen. Außerdem ist auf eine gute Technik und Ausrüstung (beispielsweise beim Walking) zu achten, um die Gelenke nicht zusätzlich zu belasten. 

Prehabilitation vor endoprothetischen Eingriffen

Sollte die Arthrose doch so weit fortgeschritten sein, dass ein endoprothetischer Eingriff notwendig ist, kann auf Blood-Flow-Restriction-Training gegen Arthrose und operationsbedingten Muskelschwund gesetzt werden, so Franz. Sowohl kurz- als auch langfristig kann eine endotprothetische Operation zu (fettiger) Muskelatrophie sowie Verlusten der Muskelkraft und Muskelaktivierung führen, weswegen eine Rehabilitationsphase, die Muskeln gezielt aktiviert und Bewegung fördert, unabdingbar ist. Damit können Muskelmasse, Muskelkraft, Beweglichkeit und Funktionalität des künstlichen Gelenks optimiert werden. Die BFR-Trainingsmethode (entwickelt von Dr. Yoshiaki Sato) wird in den USA bereits lange als Reha-Element genutzt, in Deutschland findet sie allerdings nur selten Verwendung. 

Das BFR-Training erlaubt es, durch den gezielten Einsatz von Blutflussrestriktions-Manschetten, lediglich mit 20 - 30 prozentigem Anteil der Maximalkraft zu trainieren, um das gleiche Muskelwachstum wie ohne Manschetten zu erreichen. Bei dem Training führt die venöse Okklusion zu einer höheren Aktivierung der Muskulatur. So können die unangenehmen Effekte nach einem Gelenkeinsatz minimiert werden. Doch auch im Rahmen der Rehabilitation hat die BFR-Methode zahlreiche Vorteile (Impact of a Six-Week Prehabilitation With Blood-Flow Restriction Training on Pre- and Postoperative Skeletal Muscle Mass and Strength in Patients Receiving Primary Total Knee Arthroplasty, doi: 10.3389/fphys.2022.881484), denn "wer fitter in eine OP kommt, geht auch fitter wieder heraus", betont Franz. 

Das BFR-Ergometer-Training erhöht nicht nur die Muskelmasse und -kraft bei Gonarthrose-Patienten, sondern reduziert Gelenkschmerzen, nachgewiesen in kurz- und langfristigen Untersuchungen, und stellt eine sichere sowie effiziente Prähabilitationsstrategie für gelenkchirurgische Patienten dar. 

Die optimale Arthrose-Therapie

Die optimale Arthrose-Therapie besteht aus Bewegung und vor allem Prävention, sodass erst keine Verletzung zustande kommt, die in einer Arthrose resultieren kann, betonten die Referenten abschließend. Denn Arthrose ist verantwortlich für diverse Aktivitätseinschränkungen, insbesondere beim Gehen. Sie beeinträchtigt die soziale Teilhabe sowie die Lebensqualität. Betroffene mit Osteoarthritis haben eine höhere Gesamtmortalität und häufiger kardiovaskuläre Erkrankungen. Folglich sind Strategien durch primäre und sekundäre Präventionsprogramme zunehmend wichtig. 

Petushek et al. (2019) konnten in ihrer Meta-Analyse (Evidence-Based Best-Practice Guidelines for Preventing Anterior Cruciate Ligament Injuries in Young Female Athletes, doi: 10.1177/0363546518782460) belegen, dass die Rate an Kreuzbandverletzungen unter jungen Athletinnen um 51% gesenkt werden kann, wenn bestimmte Präventions-Übungen regelmäßig ausgeführt werden. Dazu reichen bereits 10-15 Min. Training zwei- bis dreimal die Woche. 

Mehr Highlights vom SMHS finden Sie in unserer Kongressberichterstattung

Referenzen:
  • Dr. Leonard Achenbach, "Stellenwert der Bewegung für die Orthopädie/Unfallchirurgie", Session: "SMHS meets DGOU: Endoprothetik und Bewegung", SMHS 2023 
  • PD Dr. Casper Grim, "Bewegung und Sport bei Arthrose", Session: "SMHS meets DGOU: Endoprothetik und Bewegung", SMHS 2023 
  • Lefèvre-Colau MM, Nguyen C, Haddad R, Delamarche P, Paris G, Palazzo C, Poiraudeau S, Rannou F, Roren A. Is physical activity, practiced as recommended for health benefit, a risk factor for osteoarthritis? Ann Phys Rehabil Med. 2016 Jun;59(3):196-206. doi: 10.1016/j.rehab.2016.02.007. Epub 2016 Apr 18. PMID: 27103057.
  • Dr. Alexander Franz, "Prehabilitation vor endoprothetischen Eingriffen", Session: "SMHS meets DGOU: Endoprothetik und Bewegung", SMHS 2023 
  • Franz A, Ji S, Bittersohl B, Zilkens C, Behringer M. Impact of a Six-Week Prehabilitation With Blood-Flow Restriction Training on Pre- and Postoperative Skeletal Muscle Mass and Strength in Patients Receiving Primary Total Knee Arthroplasty. Front Physiol. 2022 Jun 14;13:881484. doi: 10.3389/fphys.2022.881484. PMID: 35774280; PMCID: PMC9237436.
  • Petushek EJ, Sugimoto D, Stoolmiller M, Smith G, Myer GD. Evidence-Based Best-Practice Guidelines for Preventing Anterior Cruciate Ligament Injuries in Young Female Athletes: A Systematic Review and Meta-analysis. Am J Sports Med. 2019 Jun;47(7):1744-1753. doi: 10.1177/0363546518782460. Epub 2018 Jul 12. PMID: 30001501; PMCID: PMC6592422.