„Das Wesentliche ist: Wir verstehen die Atopische Dermatitis nicht mehr nur als Hauterkrankung, sondern als systemische Entzündung“, sagte Lauffer. Ziel ist also, die Entzündung nicht nur in der Haut, sondern auch systemisch zu kontrollieren. Der Ansatz schlägt sich in der Forschung nieder. So werden in einer 2024 veröffentlichten Übersichtsarbeit die verschiedenen Rollen der Zytokine bei der Pathogenese der AD beschrieben und ihre Bedeutung den Erkenntnissen aus AD-Mausmodellen gegenübergestellt. „Man erhofft sich von diesem Ansatz ein besseres Verständnis der Unterschiede zwischen den Spezies und einen tieferen Einblick in die Pathogenese der Atopischen Dermatitis beim Menschen“, so Lauffer.
Die Forschungsaktivität in den vergangenen Jahren hat zu einigen Zulassungen geführt. „Wir haben noch keinen bunten Blumenstrauß an Therapien wie beispielsweise bei Psoriasis, wo 10 bis 15 Therapeutika zur Verfügung stehen“, so Lauffer. Aber man verfüge therapeutisch über zwei große Gruppen: Die JAK-Inhibitoren mit Upadacitinib, Abrocitinib und Baricitinib und die Biologika mit Dupilumab, Tralokinumab, Lebrikizumab und Nemolizumab, die das Therapiespektrum deutlich bereicherten.
Und es gibt weitere Ansätze wie die OX40-Inhibition, die Interleukin-22-Rezeptor-Hemmung oder PDE4-Inhibitoren – „wir haben die große Hoffnung, dass wir irgendwann für die Behandlung der AD ebenfalls einen Blumenstrauß an Therapieoptionen zur Verfügung haben“, sagte Lauffer.
Auswertung großer Datensätze für ein besseres Verständnis der Subtypen
Von der Auswertung großer Datensätze (-omics) erhofft man sich ein besseres Verständnis der Subtypen und Endotypen der AD. Eine 2023 erschienene Studie zeigt das beispielhaft: Es wurden Hautbiopsien von 115 Patienten mit AD und 14 gesunden Kontrollprobanden entnommen. Es wurde die Genexpression untersucht und gleichzeitig wurden klinische Scores und Parameter der Patienten ermittelt. Mit Hilfe von Computer-Algorithmen konnten dann die kombinierten Daten ausgewertet werden, um verschiedene Untergruppen (Subtypen) der Erkrankung zu identifizieren.
In der Arbeit hat man sich das Ziel gesetzt, den Verlauf der Erkrankung besser prognostizieren zu können, um dann anhand der Blutparameter so etwas wie den EASI-Score vorhersagen zu können. „Das ist alles Zukunftsmusik und noch nicht handlungsrelevant“, schränkte Laufer ein. Dennoch erlauben die Daten interessante Schlussfolgerungen. So ist es gelungen, zwei klinische Phänotypen – papulös und erythematös – zu definieren, die sich auch durch unterschiedliche immunologische Signaturen unterscheiden.
Noch lassen sich aus der Stratifizierung keine Therapieempfehlungen ableiten
Eine 2024 erschienene Arbeit, an der auch Lauffer beteiligt war, hat die IFN-γ-Expression von 48 Patienten untersucht. Mit dem Ziel einer besseren Stratifizierung der Patienten wurde versucht, AD-Untergruppen auf der Grundlage ihrer läsionalen IFN- γ-Expression zu definieren und sie anhand ihrer Genexpression, ihres T-Zell-Sekretoms und ihrer klinischen Merkmale zu charakterisieren. „Es gibt eine Gruppe von Patienten, die sehr viel IFN-γ exprimiert, eine intermediäre Gruppe und eine Gruppe, die fast gar kein IFN-γ exprimiert. Diese Patienten unterscheiden sich tatsächlich klinisch“, berichtete Lauffer.
So wiesen die Patienten mit niedriger IFN-γ-Expression eher einen höheren Schweregrad auf, die Patienten mit höheren IFN-γ-Werten sind tendenziell älter und weisen vermehrt kardiovaskuläre Komorbiditäten auf. Patienten mit niedrigem IFN-γ sind hingegen eher die klassischen Atopiker mit Rhino-Konjunktivitis. Ob sich diese Erkenntnisse schon therapeutisch nutzen lassen, ist noch nicht wirklich klar. Möglicherweise, so Lauffer, sei man noch nicht so weit. Dafür spricht auch eine 2024 erschienene Arbeit, die zeigt, dass Serum-Biomarker ein Ansprechen auf beispielsweise Dupilumab nicht voraussagen können. „Klinische Studien, die einen klaren Vorteil der molekularen Stratifizierung zeigen, fehlen aktuell noch“, so Lauffer.
Hohe Effektivität der Therapien verändert das Therapieziel
Die S3-Leitlinie Atopische Dermatitis hat die drei Stufen – Basistherapie, Topische Therapie, Systemtherapie – definiert, äußert sich zum Therapieziel aber nicht eindeutig. Zielwerte wie bei der Psoriasis (PASI <3 oder PASI 90) findet man in der LL nicht. In Anbetracht der hohen Effektivität moderner Therapien beschäftigen sich verschiedene Arbeiten damit, das Therapieziel zu konkretisieren und anzupassen.
„Obwohl wir eigentlich sehr gute Medikamente haben, stehen die Therapieziele noch dahinter zurück“, berichtete Lauffer. In den Arbeiten werden beispielsweise EASI 75 oder EASI ≤7 als moderate Response definiert, EASI 90 oder EASI ≤3 als optimale Response. Die Therapieziele sollten – der hohen Effektivität vieler Therapien entsprechend – angepasst werden, meinte Lauffer und warb dafür, die „Diskussion um mutigere Therapieziele zu führen.“ Zumal eine möglichst frühe Therapie den Verlauf der AD positiv beeinflussen kann: Die gepoolten Daten von 12 klinischen Studien mit Dupilumab legen nahe, dass das Medikament, früh eingesetzt, den „atopischen Marsch“ unterbrechen könnte.
- Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), 30.04. bis 03.05.2025, City Cube, Berlin.
https://www.derma-tagungen.de/home/release/ddg2025/de-DE
Sitzung: Atopische Dermatitis: Handlungsrelevante Erkenntnisse aus der Forschung für den klinischen Alltag, 1. Mai.
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10999685/
https://www.nature.com/articles/s41467-023-41857-8
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38892346/
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-027
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36084766/