Multiple Sklerose: Wie das Mikrobiom die Neuroinflammation beeinflusst Logo of esanum https://www.esanum.de

Mikrobiom und Multiple Sklerose: Wie Ernährung die Neuroinflammation beeinflusst

Den immunmodulativen Einsatz von probiotischen Laktobazillen bei Personen mit MS hat Dr. Stefanie Haase in einer experimentellen Studie untersucht. Dabei geht es um den ausgelösten Shift eines proinflammatorischen in einen antiinflammatorischen Phänotyp.<sup>1</sup>

Die Rolle der mikrobiellen Metabolite für die Neuroinflammation der MS

Ernährungsgewohnheiten können neuroinflammatorische Prozesse entscheidend beeinflussen. Weitere Folgen eines hohen Salzkonsums: er kann zur Abnahme der Laktobazillen und damit auch - über die verminderte Produktion von Tryptophan-Stoffwechselprodukten-zu einer Neuroinflammation führen. Dies geschieht über den Anstieg proinflammatorischer Immunzellen außerhalb des Darms. Haase betonte in ihrem Vortrag, dass dieser Effekt sich auch umkehren ließe. Die Zugabe von Laktobazillen zur salzreichen Diät ermöglichen über die Produktion von Tryptophan-Metabolite eine Hemmung der Differenzierung proinflammatorischer Immunzellen.2

Laktobazillen in der humanen Bewährungsprobe bei MS

Insgesamt nahmen 28 Personen mit Multipler Sklerose und 41 gesunde Kontrollpersonen an der experimentellen Studie teil. Zu Studienbeginn sowie 2 Wochen nach Studienbeginn wurde den Studienteilnehmer Blut, Serum und Stuhl entnommen. In der Zwischenzeit erhielten die MS-Patienten -zusätzlich zu ihrer individuellen MS-Therapie- 3 x 2 Beutel pro Tag mit Laktobazillen per os. Die Forschungsgruppe führte unterschiedliche Messungen durch, um ihre Hypothese zu validieren: Immunphänotypisierung, mRNA-Expressionsanalysen, Zytokinmessungen (ELISA), Erhebung des Blutbildes, Bestimmung der Metaboliten in Stuhl und Serum sowie funktionelle Analysen.2

Abnahme proinflammatorischer Th1-Zellen bei MS-Patienten

Die Forschungsgruppe um Haase kam zu folgendem signifikanten Ergebnis: Laktobazillen verschieben die Zusammensetzung der Immunzellen in Richtung eines entzündungshemmenden Phänotyps: In der vorliegenden Studie kam es zu einer Abnahme der proinflammatorischen Th1-Zellen und zu einer Zunahme antiinflammatorischer regulatorischer T-Zellen sowie antiinflammatorisch wirkenden Zytokins IL-10.2

Zunahme der Indol-3-Essigsäure in den Stuhlproben der MS-Patienten

In den Stuhlproben der MS-Patienten waren 2 Wochen nach Beginn der Einnahme der Laktobazillen Tryptophan-Metabolite (u.a. Indol-3-Essigsäure, Serotonin und Nicotinamid) nachweisbar gewesen. Die Indol-3-Essigsäure konnte in allen Stuhlproben vorgefunden werden und weckte besonderes Interesse bei der Forschungsgruppe. Sie stellten sich die Frage, ob der Tryptophan-Metabolit Indol-3-Essigsäure direkten Einfluss auf T-Zellen haben könnte. Um diese Hypothese genauer zu untersuchen wurden PBMCs von gesunden Probanden isoliert und mit Indol-3-Essigsäure kultiviert. Es zeigte sich eine konzentrationsabhängige Zunahme der IL-10+ CD4+ T-Zellen. Die Forschungsgruppe konnte damit zeigen, dass Indole die Differenzierung der IL-10+ CD4+ T-Zellen in vitro fördern können.2

Fazit für die Praxis

DGN-Kongress 2023: Neurodegenerative Erkrankungen im Fokus 

Der DGN-Kongress vom 8. bis zum 11. November 2023 im CityCube Berlin hat den Fokus auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson gelegt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat mit ihrem Programm 2023 die neurologischen Folgen einer alternden Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. esanum berichtet vom DGN-Kongress, zum Beispiel über neue Therapieoptionen bei Myasthenie oder das Leitlinien-Update zur Epilepsie. Hier finden Sie die aktuelle Berichterstattung.

Quelle:
  1. Haase S. et al. (2020). The role of the gut microbiota and microbial metabolites in neuroinflammation. Eur J Immunol. 2020 Dec;50(12):1863-1870. 
  2. Haase, Stefanie, Dr. rer. nat., Antikörpertherapien der Alzheimer-Demenz, 96. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin, 10:30-12:00 Uhr, 09. November 2023.