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Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Herzerkrankungen

In einer aktuellen Studie haben Forschen den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Herzerkrankungen untersucht.

In einer aktuellen Studie haben Forschen den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Herzerkrankungen untersucht

Im Magazin The Lancet haben Joel Kaufman et al. über einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Parametern, die in Verbindung mit einer dauerhaften Belastung durch Luftverschmutzung erhoben worden sind, und dem Fortschreiten von Verkalkungen der koronaren Herzgefäße (coronaryartery calcifi cation / CAC) – einem wichtigen Marker für spätere ischämisch bedingte vaskuläre Ereignisse – berichtet.

Über einen Zeitraum von 10 Jahren führten die Forscher wiederholte Messungen an einer Population von knapp 7000 Menschen durch, die in verschiedenen US-amerikanischen Metropolen lebten – und realisierten damit die bisher größte Studie auf dem Gebiet. Langzeitkonzentrationen von Feinstaub mit einem Partikeldurchmesser von weniger als 2,5 μm (PM₂·₅) wurden mit 9,2–22,6 μg/m³ erhoben. Die durchschnittliche Rate des CAC-Progresses lag bei 24 Agatston-Einheiten pro Jahr, und die Rate wurde pro 5 μg PM₂·₅/m³ Feinstaub pro Jahr um 4,1 Agatston-Einheiten erhöht (95% Konfidenzintervall 1,4–6,8). Dieses Ergebnis legt nahe, dass der Umzug aus einer Umgebung mit einer jährlichen Feinstaubbelastung von 11 μg PM₂·₅/m³ (wie es beispielsweise für 2013 in Bois-Herpin 60 km südlich von Paris erhoben wurde) in eine Umgebung mit 22 μg PM2·5/m³ Feinstaubkonzentration (wie beispielsweise an der Schnellstraße in Saint Mande, Paris) in einem um 38% schnelleren Progress für Atherosklerose resultieren würde.

Die Studie von Kaufman et al. ist exemplarisch in ihrem prospektiven Design, in ihrer detaillierten Bestimmung der Auswirkungen von Luftverschmutzung, in ihrer sorgfältigen Bestimmung des CAC-Progresses und ihrer umfangreichen Analyse. Der Zusammenhang zwischen Feinstaubpartikeln und kardiovaskulären Erkrankungen ist bereits in vielen Studien untersucht worden – darunter auch große Multicenterstudien. Allerdings ist es in nur wenigen Studien gelungen, subklinische Marker für Atherosklerose direkt zu untersuchen, auf deren Grundlage die meisten kardiovaskulären Erkrankungen entstehen, wie zum Beispiel auch die CAC oder die pathologische Verdickung der Intima und Media (intima media thickness /IMT). In der Studie von Kaufman et al. wurde die Entwicklung dieser zwei Parameter im Verlauf analysiert, jedoch wurden lediglich Zusammenhänge zwischen luftverschmutzenden Faktoren und CAC gefunden. Nach einem gewissen anfänglichen Enthusiasmus konnte in darauffolgenden Studien kein Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen einem IMT-Progress und Luftverschmutzung erbracht werden, und ebenso wenig auf einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem IMT-Progress und neu aufgetretenen kardiovaskulären Ereignissen. Kaufman et al. mutmaßen, dass der inhärente große Messfehler infolge der sich über die Zeit verändernden Luftverschmutzung es schwierig macht, diesen Parameter zuverlässig zu erheben. Da die CAC ohnehin ein besserer Vorhersageparameter für kardiovaskuläre Ereignisse ist als die IMT, sind künftige Studien mit einem Fokus auf das CAC-Outcome von besonderer Bedeutung.

Eine der Stärken der Studie von Kaufman et al. ist die detaillierte Bestimmung der Exposition, basierend auf speziellen Überwachungskampagnen und einem erweiterten Raum-Zeit-Modell. Durch die Untersuchung verschiedener Schadstoffe konnten darüber hinaus Aussagen dazu getroffen werden, welche dieser Substanzen am meisten schadeten. Im Großen und Ganzen wurden die stärksten Zusammenhänge für PM₂·₅ und Stickoxide (NOx) gefunden. PM₂·₅ ist ein Gemisch aus primären und sekundären Schadstoffen, mit großen Einfluss durch Sulfate, Nitrate und Ammonium, die im Rahmen atmosphärischer Reaktionen von Vorstufengasen aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft entstehen. NOx wird hauptsächlich als Marker für eher lokal generierte Luftverschmutzung betrachtet. So legen die Studienergebnisse nahe, dass sowohl die lokal generierten als auch die sekundären Schadstoffe eine Rolle spielen. Unglücklicherweise war die Korrelation zwischen beiden Schadstoffen zu hoch (0·87), um ihren Effekte in einem Zwei-Schadstoff-Modell zu separieren. Ein weiterer Marker für die Evaluation der verkehrsbedingten Luftverschmutzung war Ruß. Es wurde vermutet, dass der Zusammenhang zwischen CAC und Ruß den Effekt mit NOx widerspiegeln würde, aber der Zusammenhang mit Ruß belief sich konstant auf null, trotz enger Korrelationen mit NOx (0.90). Möglicherweise waren die Rußkonzentrationen in dieser Studie wenig repräsentativ für schädliche Komponenten durch Autoabgase, da in den USA im Vergleich Europa verhältnismäßig wenige PKWs mit Diesel betankt werden. Tatsächlich lagen die Rußkonzentrationen in einer europäischen Studie beträchtlich höher als in der Studie von Kaufman et al., nicht aber für NOx.

Die Evidenz für die schädlichen Effekte von Luftverschmutzung auf das Voranschreiten von Atherosklerose wird durch die Analogie mit Zigarettenrauch in der Umgebung unterstützt. Zigarettenrauch gleicht in vielen Aspekten andersartiger Luftverschmutzung, beispielsweise in seinem Gehalt an feinen und ultrafeinen Partikeln und seiner Konzentration an Verbrennungsprodukten. Für Tabakrauch aus der Umgebung sind Zusammenhänge mit kardiovaskulären Ereignissen bekannt, und es liegen Evidenzen für eine Assoziation zwischen Zigarettenrauch und CAC vor.

Kaufman et al. konnten allerdings keinen Anhalt darauf finden, dass es einen Schwellenwert gibt, bei dessen Unterschreiten die Effekte von PM₂·₅ auf CAC nicht auftraten. Dies ist ernüchternd, zumal die PM₂·₅-Konzentrationen in vielen europäischen Städten tatsächlich höher liegen, als dies von Kaufman et al. berichtet wurde. In Anbetracht der sich aufdrängenden Evidenz der Effekte von PM₂·₅ auf die kardiovaskuläre Mortalität bei Konzentrationen, die unter der WHO AQG (Air Quality Guideline) liegen, sollte diese Richtlinie eher nach unten als nach oben korrigiert werden. Dennoch scheinen sich europäische Politikentscheider bisher bedeckt zu halten, wenn es darum geht, Entscheidungen hinsichtlich eines der aktuell größten Gesundheitsprobleme aus der Umwelt zu treffen.