Haben die Patienten in Deutschland Zugang zu den besten Medikamenten – und vor allem stehen sie schnell genug zur Verfügung? Diesen Fragen gingen die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion zum Thema “Arzneimittelinnovationen – schneller zum richtigen Patient” auf dem Hauptstadtkongress 2016 in Berlin nach.
Zwölf Jahre würde es im Durchschnitt dauern, bis ein neues Medikament alle Stufen der Entwicklung durchlaufen habe und zugelassen werde könne, erläuterte Prof. Wilhelm Dieter Paar, Leiter der Medizinischen Abteilung von Sanofi-Aventis Deutschland. Mehr als 90 Prozent der Forschungsansätze in der Industrie würden seinen Angaben zufolge nicht zu einer erfolgreichen Umsetzung führen; bis zu 2,6 Milliarden US-Dollar würde die Entwicklung bis zur Marktreife eines neuen Präparats kosten. In seinem Impulsvortrag machte sich Paar zwar für eine beschleunigte Zulassung stark, bei der bei einem absehbaren Zusatznutzen zum Beispiel Vergleichsstudien “nachgereicht” werden könnten, doch hält er diesen Fall eher für die Ausnahme. “Sie wird sicherlich nicht der Regelfall werden.” Generell gelte es immer, Schnelligkeit und Sicherheit abzuwägen.
Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, sieht die Politik vor allem vor zwei Herausforderungen gestellt. “Zum einen gilt es, Innovationen zügig auf den Markt zu bringen, zum anderen das Gesamtsystem tragbar zu halten.” Deutschland sei beim Marktzugang zu Medikamenten spätestens mit Umsetzung des AMNOG 2011 im internationalen Vergleich gut aufgestellt. Prof. Bertram Häussler, Geschäftsführer des IGES Instituts in Berlin, hält eine beschleunigte Zulassung auch für eine moralische Verpflichtung. “Ein Patient mit einer Krankheit, die einen ungünstigen Verlauf und kurze Überlebensdauer besitzt, ist eine längere Zulassung sicherlich keine gute Nachricht.” Anders gelagert sei der Fall bei Krankheiten, die erst in 20 oder 30 Jahren zu schwerwiegenden Symptomen führen würden. Hier sei eine beschleunigte Zulassung nicht gerechtfertigt.