Die Zahl der ÄrztInnen in Bayern hat vergangenes Jahr ein neues Rekordhoch erreicht. Allerdings steige auch der Personalbedarf, erklärt die Ärztekammer. Auch bei den Kliniken gibt es einen Zuwachs. Dahinter steht nach Einschätzung der Krankenhausgesellschaft ein Sondereffekt.
Es gibt derzeit so viele ÄrztInnen in Bayern wie noch nie. Wie auch in den Vorjahren, ist die Zahl der berufstätigen MedizinerInnen vergangenes Jahr gestiegen. Sie legte um 2,4 Prozent zu, auf 67.366. Das geht aus der aktuellen Mitgliederstatistik der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) hervor. Auf das zurückliegende Jahrzehnt gerechnet, summiert sich der Zuwachs auf 20 Prozent.
Der Präsident der Landesärztekammer, Gerald Quitterer, wünscht sich dennoch einen Ausbau der Medizinstudienplätze. Denn die wachsende Zahl von ÄrztInnen werde dringend gebraucht, sagt er. Es gebe in der Gesundheitsversorgung inzwischen wesentlich mehr Teilzeitstellen als früher. Nach einer Studie der Uni Bremen liege die Teilzeitquote in der Medizin bei 27 Prozent. Auch PraxisinhaberInnen hätten ihre Arbeitszeit in den vergangenen Jahren verringert, stellt Quitterer fest. Eine Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat zwischen 2012 und 2018 einen Rückgang von 56,4 Wochenstunden auf 51,1 Stunden ergeben.
"Es ist auch im Interesse der Patienten, wenn Ärzte auf ihre Gesundheit achten und die Erholung nicht zu kurz kommen lassen", betont Quitterer. Außerdem steige der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung auch in Bayern, deswegen nehme auch der Bedarf an ärztlicher Arbeitskraft weiter zu.
Zudem ist die Zahl der Krankenhäuser in Bayern in den vergangenen Jahren unterm Strich gestiegen, auch wenn quer durch den Freistaat Klinikschließungen immer wieder für Proteste in der Bevölkerung sorgen. Nach Zahlen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) ist die Zahl zwar jahrelang geschrumpft, von 381 im Jahr 1990 bis zu einem Tiefstand von 343 im Jahr 2012. Seitdem ist die Zahl der Krankenhäuser in Bayern aber wieder gestiegen, um 8,7 Prozent auf zuletzt 373.
Der BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen sieht dahinter einen Sondereffekt. Vor allem im Ballungsraum München seien in den vergangenen Jahren etliche Fachkliniken gegründet worden, die durch die Spezialisierung auf bestimmte Eingriffe mit betriebswirtschaftlichem Gewinn arbeiten können. "Für die ganz normale Regel- und Grundversorgung stehen solche Kliniken allerdings nur eingeschränkt zur Verfügung", betont Engehausen.
Die steigende Gesamtzahl von Krankenhäusern in Bayern ändert nach Ansicht des BKG-Geschäftsführers auch nichts daran, dass viele Kliniken mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben. Schon vor der Corona-Pandemie hatte über die Hälfte der bayerischen Krankenhäuser berichtet, dass sie Verlust machen. Die Krankenhausgesellschaft will sich deshalb in den nächsten Monaten für eine grundlegende Reform des Vergütungssystems stark machen. Momentan werden die Kliniken über Fallpauschalen für jede einzelne Behandlung und Operation bezahlt. Mit einer "Vorhaltepauschale" sollten Kliniken bessergestellt werden, die sich um die medizinische Grundversorgung kümmern, sagt Engehausen.
Die gleiche Forderung hat auch der Geschäftsführer der München Klinik, Axel Fischer. Der Leiter der kommunalen Krankenhäuser der Landeshauptstadt sieht eine bedenkliche Schieflage. "Wir brauchen weniger hochspezialisierte Fachkliniken, die zum Beispiel Hüft-Operationen anbieten", kritisiert Fischer. Seiner Ansicht nach sorgt das gestiegene Angebot dafür, dass auch Operationen durchgeführt werden, die nicht wirklich notwendig sind. Gleichzeitig gebe es Bereiche, für die nicht genug Geld da sei: "Dazu gehört neben Geburtshilfe, Kindermedizin und Notfallversorgung auch die Coronaversorgung." Eine Reform der Krankenhausfinanzierung ist deshalb in seinen Augen überfällig.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt erklärt, er könne sich eine Überarbeitung des Fallpauschalen-Systems vorstellen. Allerdings lasse sich eine solche Reform nicht mehr vor der Bundestagswahl umsetzen, erklärte der Minister.