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Wund(er)heilung mit der Kraft der Nanofasern

Die Heilung von durchtrennten Nervenbahnen erfordert heutzutage aufwändige Methoden, wie z. B. das Zusammennähen der beiden entstandenen Nervenstümpfe. Ein neuartiges Biomaterial, welches die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützt, könnte diese Prozesse zukünftig deutlich vereinfachen.

Unendliche Kombination durch peptidbasiertes Bionetzwerk

Die Heilung von durchtrennten Nervenbahnen erfordert heutzutage aufwändige Methoden, wie z. B. das Zusammennähen der beiden entstandenen Nervenstümpfe. Ein neuartiges Biomaterial, welches die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützt, könnte diese Prozesse zukünftig deutlich vereinfachen. 

Bei Verletzungen des sogenannten peripheren Nervensystems, wie sie oft durch Unfälle zustande kommen, hängt die Heilungschance sehr stark davon ab, ob die Nervenbahnen noch teilweise verbunden sind bzw. wie groß die Lücke zwischen zwei Nervenenden ist. Bei Lücken im Bereich von Millimetern bis Zentimetern ist heute eine Operation die Standard-Behandlungsmethode, die zumindest eine teilweise Regeneration verspricht. Bei dieser werden die getrennten Nervenenden wieder miteinander vernäht. Ziel dabei ist es, die Nervenenden so nahe zusammenzubringen, dass die verbleibende kleine Lücke über die Bildung von Zellen durch den Körper selbst geschlossen wird.

Ein neuer Ansatz ist die Entwicklung von Flüssigkeiten, die sogenannte Nanofasern enthalten. Hierbei handelt es sich um in Wasser gelöste Molekülstränge mit einer Dicke im Bereich von einigen milliardstel Metern. Diese dienen als Gerüst bzw. Haftgrund für Zellen und sind für den menschlichen Körper ungiftig. Eine solche Faser besteht aus einer Vielzahl von Peptiden. Diese Peptid-Ketten können ein zweidimensionales Gitter bzw. dreidimensionales Netzwerk bilden, an dem Zellen, wie Nervenzellen oder auch Muskelzellen, anhaften können. Die Ausgangsflüssigkeit kann durch Spritzen in Wunden eingebracht werden. Dort verbleibt sie für viele Wochen, bevor sie durch körpereigene Prozesse abgebaut wird. 

Die Herausforderung bei der Herstellung eines peptidbasierten Bionetzwerks ist es, aus der Vielzahl an möglichen Kombinationsmöglichkeiten von Molekülen diejenigen auszuwählen, welche eine gute Biokompatibilität mit optimaler Zellanhaftung vereinen. Das nun entwickelte Bionetzwerk funktioniert dabei so ähnlich wie ein Rankgitter für Tomatenpflanzen. Ohne dieses Gitter können die Pflanzen, ergo die Nervenzellen, nicht in die "Höhe" wachsen. Auf diese Weise hilft das Bionetzwerk den Nervenzellen, die Kluft zwischen zwei Nervenenden zu überbrücken. 

Um die Funktionsfähigkeit des besten Materials realitätsnah zu überprüfen, wurde Mäusen in einem minimalen chirurgischen Eingriff ein Gesichtsnerv durchtrennt, der den für die Schnurrhaare zuständigen Muskel steuert. Über Videoaufnahmen beobachteten die Forscher die Mäuse über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Sie konnten bei Mäusen, bei denen in den künstlich erzeugten Zwischenraum zwischen den Nervenenden Biomaterial injiziert wurde, eine schnellere und umfassendere Genesung feststellen, als dies bei nicht behandelten Mäusen der Fall war.

Die WissenschaftlerInnen vermuten, dass körpereigene, wachstumsfördernde Proteine durch die hergestellten Peptid-Ketten länger in der Wunde verbleiben. In Zukunft wäre es daher denkbar, die Ketten so zu funktionalisieren, dass zusätzlich zu der Gerüststruktur noch zellwachstumsfördernde Moleküle mit in das Biomaterial eingebracht werden können, um so deren Heilungspotenzial noch weiter zu erhöhen.