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Wochenschau Gesundheitspolitik: Ambulante OPs, Kriegsverletzte aus der Ukraine und eine Fusion

Die steigende Zahl ambulanter Operationen und deren Vergütung, die Betreuung von kriegsverletzten Ukrainern durch das TraumaNetzwerk und die Fusion von Charité und Deutschem Herzzentrum: diese und weitere gesundheitspolitische Entscheidungen in der Kalenderwoche 13.

Zahl ambulanter Operationsverfahren könnte sich verdoppeln

Im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat das Berliner IGES-Institut  weitere 2.476 Operationsverfahren identifiziert, die potenziell auch ambulant durchgeführt werden können. Damit würde sich die Zahl der im AOK-Katalog enthaltenen Leistungen nahezu verdoppeln. 60 Prozent der neu identifizierten Interventionen sind Operationen der Haut, am Auge sowie am Muskel- und Skelettapparat. Weitere 546 Leistungen sind diagnostische Maßnahmen wie Endoskopien.

IGES sowie die drei beauftragenden Institutionen setzen damit das vor zwei Jahren in Kraft getretene MDK-Reformgesetz um, mit dem der Gesetzgeber den Katalog für ambulante und stationsersetzende Leistungen substanziell erweitern wollte. Die Gutachter legten bei der Identifizierung potenziell ambulanter Leistungen Empfehlungen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften sowie Erfahrungen aus dem Ausland zugrunde. Ergänzend empfehlen die Gutachter die Implementation eines Prüfverfahrens, mit dem Krankenhäuser fallindividuell begründen können, bei welchen Konstellationen eine stationäre Behandlung indiziert ist. Dazu sollen Routinedokumentationen genutzt werden. Das Verfahren soll helfen, aufwendige MDK-Prüfungen zu vermeiden. Vorgesehen ist ferner die Berücksichtigung von Kontextfaktoren, die den Schwierigkeitsgrad beschreiben und zu einer differenzierten Vergütung führen. Die Gutachter empfehlen eine schrittweise Umsetzung des vorgeschlagenen Katalogs, für den sich nun GKV, KBV und DKG auf Vergütungen einigen müssen.

Sektorengleiche Vergütung: Kontroverse Vorstellungen von Ärzten und Kliniken

Das politische Ziel, vermehrt medizinische Dienstleistungen unabhängig vom Ort der Erbringung – stationär oder ambulant – zu erbringen, wird von kontroversen Vorstellungen über die Art der Vergütung begleitet sein. Das ist das Ergebnis einer Befragung unter operativ tätigen Vertragsärzten und Krankenhäusern, die das Deutsche Krankenhausinstitut und das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung im Rahmen des Innovationsfondsprojekts "Einheitliche sektorenübergreifende Vergütung ESV)" ausgewertet hat. Vertragsärzte befürworten danach zu 42 Prozent eine einzelleistungsorientierte Vergütung, bei den Krankenhäusern sind es nur 18 Prozent.  Diese neigen eher dazu, eine pauschalierte Vergütung einzuführen (38 Prozent), während dies nur elf Prozent der Vertragsärzte für wünschenswert halten. Das Projekt des GBA-Innovationsfonds läuft seit 2019 und soll Ende dieses Jahres zu Ergebnissen führen. Es wird wissenschaftlich von den Gesundheitsökonomen Reinhard Busse (TU Berlin) und Jonas Schreyögg (Uni Hamburg) betreut.

TraumaNetzwerk DGU zur Versorgung kriegsverletzter Ukrainer

Die deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie rechnet in naher Zukunft mit einer steigenden Zahl kriegsverletzter Menschen aus der Ukraine und hat dafür ihr TraumaNetzwerk mobilisiert. Die Patienten werden vom ukrainischen Zivilschutz ausgewählt und  deutschen Kliniken des TraumaNetzwerks zugeordnet. "Innerhalb des Netzwerks ist eine medizinisch sinnvolle Verteilung schwerverletzter Patienten in geeignete Krankenhäuser innerhalb kürzester Zeit möglich", sagt DGU-Präsident Professor Benedikt Friemert. Im Rahmen des Netzwerks wird ermittelt, welchen Behandlungsbedarf Verletzte haben und welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Friemert, ärztlicher Direktor für Unfallchirurgie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm, weist auf die besonderen Umstände von Kriegsverletzungen hin: So unterscheide sich eine durch eine Bombenexplosion entstandene Brandverletzung wesentlich von der Brandverletzung bei einem Haus- oder Fahrzeugbrand. Davon abhängig sei auch die Auswahl speziell ausgestatteter Krankenhausbetten.

In das TraumaNetzwerk der DGU sind mehr als 650 Kliniken eingebunden, die die erforderlichen Patientendaten elektronisch austauschen können. Im Rahmen des Netzwerks werden jährlich etwa 28.000 Patienten behandelt. Es existieren insgesamt 53 Netzwerke mit überregionalen, regionalen und lokalen Zentren, die speziell dafür zertifiziert sind.

Charité und Deutsches Herzzentrum fusionieren

Die Charité – Universitätsmedizin Berlin und das Deutsche Herzzentrum bündeln durch eine Fusion ab 2023 ihre kardiologische Kompetenz im Deutschen Herzzentrum der Charité am Standort Rudolf Virchow im Wedding. Ende 2023 beginnt der Neubau auf dem Campus, der 2028 fertiggestellt sein soll und mit einer Kapazität von 300 Betten eine europaweit führende Rolle in der Kardiologie spielen soll. Herzstück des neuen Klinikums wird ein kompaktes Hochhaus sein, in dem die modernsten OP-Säle, Herzkatheterlabore und Hybrideingriffsräume europaweite Maßstäbe setzen sollen. Außerdem wird darin die zentrale Notaufnahme integriert. Mit Hilfe von Building Information Modeling (BIM) soll eine eng am Nutzer ausgerichtete Gestaltung der Räume ermöglicht werden. Dazu wird zunächst ein dreidimensionaler digitaler Zwilling des später realen Gebäudes mit extremer Detailtiefe entwickelt werden, mit dem die Funktionalität eines jeden Raumes innerhalb des Gesamtkomplexes beurteilt werden kann. Ferner wird auf der Basis des "Green Hospital Ansatzes" eine Zertifizierung nach den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen angestrebt.

Covid-19-bedingter Krankenstand auf Rekordniveau

Mit 52.100 Krankschreibungen unter ihren Versicherten mit Beschäftigtenstatus registrierte die Barmer in der siebten Kalenderwoche (13. bis 19.  Februar) einen neuen Rekord. Zu Spitzenzeiten der ersten Pandemiewelle habe es dagegen nur 25.100 Anspruchsberechtigte auf Krankengeld gegeben, ermittelte das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung. Den höchsten Krankenstand weist Brandenburg mit 221 Langzeitkranken je 10.000 Versicherte auf, gefolgt von Bayern (189) und Mecklenburg-Vorpommern (162). Die niedrigsten Krankenstände haben Schleswig-Holstein (72), Hamburg (81) und Bremen (93). In diesen Ländern ist die Impfquote überdurchschnittlich.

Mehr Interesse an Pflegeausbildung

Um sieben Prozent ist die Zahl der Menschen, die eine Ausbildung in zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann  begonnen haben, auf 61.458 im vergangenen Jahr gestiegen. Das berichtet der Arbeitgeberverband Pflege. Dazu Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbandes: "Allen Unkenrufen zum Trotz boomt die Pflegeausbildung. Altenpflege ist für viele junge Menschen ein attraktiver Beruf und eine sinnstiftende Arbeit." Dies liege auch an einer fairen Ausbildungsvergütung, die im ersten Jahr in der Spitzengruppe aller Ausbildungsberufe rangiere.