Die von den ehemaligen Partnern der Ampel-Koalition in letzter Minute erfolgte Einigung, Teile des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes, darunter die Vergütung speziell hausärztlicher Leistungen zu entbudgetieren, ist generell bei den meisten Organisationen der Ärzteschaft positiv aufgenommen worden. Irritationen haben allerdings eine Stellungnahme der KBV ausgelöst: Danach werden die geplanten Änderungen in ihrer Detailtiefe als „sehr komplex und ihre Auswirkungen auf die Versorgung kaum vorhersehbar“ bewertet. Der Entwurf gehe auf zwischenzeitlich vorgebrachte Kritik der KBV nicht ein und enthalte gravierende Schwachstellen. So sei nicht sicher, dass die Entbudgetierung durch neue Finanzmittel gegenfinanziert werden. Krankenkassen seien nicht bereit, zusätzliche Gelder zur Verfügung zu stellen. Im schlimmsten Fall drohten Honorarumverteilungen innerhalb der Ärzteschaft. Notwendig sei daher auch die Entbudgetierung bei fachärztlichen Leistungen.
Diese Stellungnahme löste „Unverständnis“ bei den Verbänden der Fachärzte, der Hausärzte und der Pädiater aus, die die KBV-Äußerungen als „falsches Signal an die Politik“ bewerteten. Die drei Verbände sehen in der geplanten Gesetzesänderung „endlich eine wirkungsvolle Maßnahme gegen die Krise der hausärztlichen Versorgung“. Der Entwurf sei zwar nicht perfekt, aber zweifellos eine deutliche Verbesserung zum Status quo. Die Erklärung der KBV, mit der Umsetzung angesichts der Komplexität überfordert zu sein, sei eine „Bankrotterklärung und ein Schlag ins Gesicht derer, die dringend auf die Reform angewiesen sind“, so die Chefs des Hausärzteverbandes, Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier.
Die harsche Reaktion der Verbände wiederum veranlasste die KBV zum Versuch einer Klarstellung: Natürlich begrüße man ausdrücklich die geplante Gesetzesänderung. Man habe lediglich auf derzeit bestehende Umsetzungsprobleme hinweisen wollen, und diese Risiken seien auch den Ärzteverbänden bekannt. Die KBV sei mit den Fraktionen des Bundestages dazu im Gespräch, um noch Verbesserungen zu erreichen. Das Ziel müsse sein, dass durch die Reform keine Praxis wegen Umverteilungen Geld verlieren dürfe.
Schwerwiegende Bedenken gegen die in letzter Minute geplanten Änderungen der Vergütungssystematik kommen von Diabetologen. So macht der Berufsverband der Niedergelassenen Diabetologen darauf aufmerksam, das vom Bundesgesundheitsministerium als auch von Fraktionen im Rahmen der öffentlichen Anhörung gemachten Zusagen, die Bedürfnisse von chronisch Erkrankten – und das betrifft die rund neun Millionen Diabetiker in Deutschland – berücksichtigt werden sollen. Diese Modifikation der ursprünglichen Gesetzesfassung sei nun im Eilverfahren nicht mehr enthalten. Das sei ein „eklatanter Wortbruch“ der Politik und eine Existenzbedrohung insbesondere für diabetologische Schwerpunktpraxen. Der Kritik hat sich auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft und der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe angeschlossen.
Die KBV bewertet zentrale Elemente der Krankenhausreform – insbesondere die geplante Ausweitung des ambulanten Tätigkeitsspektrums, verbunden mit einem Anspruch auf Investitionskostenförderung durch die Länder sowie einer Förderung aus dem geplanten Transformationsfonds für den Umstrukturierungsaufwand – als Verstoß gegen das Beihilferecht der Europäischen Union. „Es ist aus unserer Sicht von grundlegender Bedeutung, dass alle Teilnehmer des Gesundheitswesens faire, gerechte und gleiche Rahmenbedingungen haben. "Der Transformationsfonds ist unbestritten zum Nachteil der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen“, so die drei KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.
Die KBV stützt sich dabei auf ein Rechtsgutachten der Kanzlei Gleiss Lutz. Diese stellt fest, dass mit der Reform Krankenhäuser auf Antrag für die vertragsärztliche Versorgung insgesamt zugelassen werden müssen, wenn Unterversorgung besteht oder droht. Ferner müssen Krankenhäuser (dies bezieht sich insbesondere auf Level 1i-Kliniken) auf Antrag für die hausärztliche Zulassung zugelassen werden, wenn noch keine oder keine drohende Unterversorgung besteht. In diesen Fällen haben Krankenhäuser neben einem Anspruch auf Investitionskostenfinanzierung zusätzlich Anspruch auf Förderung aus dem Transformationsfonds. Das „wird zu einer ganz erheblichen Stärkung der Wettbewerbsposition der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen gerade im ambulanten Bereich führen“, heißt es in der Expertise. Das gelte umso mehr, als aus dem Fonds auch Betriebskosten subventioniert werden können.
Zumindest vier Merkmerke des Beihilfetatbestandes – Zuwendung von staatlichen Mitteln, Unternehmenseigenschaft der Krankenhäuser, Begünstigung der Plankrankenhäuser und Wettbewerbsverfälschung – sehen die Gutachter als unstrittig gegeben an. Beim fünften Kriterium – Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels müsse differenziert werden: Zwischen Krankenhäusern ausschließlich lokaler und regionaler Bedeutung und Kliniken im grenznahen Bereich mit grenzüberschreitender Versorgung und Häusern mit einem spezialisierten Angebot und teils ausländischer Patientenklientel. In der Summe bestehen nach Auffassung der Juristen gute Gründe für die Annahme einer nach EU-Recht nicht zulässigen Beihilfe insbesondere durch Mittel aus dem Transformationsfonds. Dagegen könne die KBV eine Beschwerde bei der EU-Kommission erheben und notfalls auch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen. Regelhaft stehe die Kommission Beschwerden offen gegenüber. Klagen vor nationalen Gerichten räumen die Juristen wenig Chancen ein.
Nach einem sprunghaften Anstieg der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung um rund einen Prozentpunkt auf 17,5 Prozent erwartet die DAK Gesundheit auf der Basis einer Langfrist-Projektion des Berliner IGES-Instituts bereits zum nächsten Jahreswechsel einen weiteren Anstieg um 0,5 Prozentpunkt auf dann 8 Prozent. Für 2035 prognostiziert IGES bei unveränderten Rahmenbedingungen einen Anstieg allein der GKV-Beiträge auf dann 20 Prozent und auf knapp 50 Prozent für alle Sozialversicherungen.
Vor diesem Hintergrund fordert DAK-Chef Andreas Storm zu Beginn der neuen Legislaturperiode ein Sofortprogramm: den Verzicht der Finanzierung des Transformationsfonds für die Krankenhausreform durch die GKV und eine Aufstockung des Bundeszuschusses um 7 Milliarden Euro auf 21,5 Milliarden Euro, um versicherungsfremde Leistungen, wie die Kostenübernahme für Bürgergeldempfänger voll zu refinanzieren. Die generelle Ausgabendynamik müsse durch Strukturmaßnahmen gebremst werden: Rückkehr zur einnahmeorientierten Ausgabenpolitik und eine konsequente Patientensteuerung durch Ärzte, wie sie die Bundesärztekammer und andere Ärzteverbände forderten. Dringend notwendig sei auch die Reform der Notfallversorgung.
Fünf Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie hat Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ein ernüchterndes Fazit gezogen: „Fünf Jahre nach dem Beginn sind wir nicht besser auf eine neue Pandemie vorbereitet als 2020“, sagte Spahn in einem Interview der „Augsburger Allgemeinen“. Der Sand der Digitalisierung in den Ämtern sei weiter schlecht, es mangele an Vorräten an Masken, Beatmungsgeräten und Medikamenten. Es wäre wünschenswert gewesen, dass eine Enquetekommission im Bundestag mit Politik und Experten aus der Wissenschaft die Ausnahmezeit der Pandemie aufgearbeitet hätte, um daraus für die Zukunft zu lernen. Dafür habe es in der Ampel-Koalition keine Mehrheit gegeben, weil SPD und Grüne dies nicht gewollt hätten.
Als einer seiner ersten Entscheidungen nach seinem Amtsantritt hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, auch aus der WHO auszutreten. Der Schritt, mit dem der wichtigste Beitragszahler dieser UN-Organisation künftig ausfallen wird, war allgemein befürchtet worden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wertet die Ankündigung als einen „schweren Schlag für den internationalen Kampf gegen globale Gesundheitsrisiken“. Ohne den Beitrag der USA zur WHO werde es deutlich schwieriger, Ländern zu helfen, die vom Ausbruch von Infektionskrankheiten oder Umweltkatastrophen betroffen seien. Insbesondere viele Kinder seien dadurch gefährdet. Deutschland hat in den letzten Jahren seine Beiträge an die WHO aufgestockt – sowohl zur effektiveren Bekämpfung und Vermeidung einer zukünftigen Pandemie als auch für den zunehmend notwendigen Schutz vor Schäden als Folge des Klimawandels.