Reform der Notfallversorgung sieht mehr Arbeit für Hausärzte vor Logo of esanum https://www.esanum.de

Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Mehr Arbeit für Vertragsärzte

Die Reform der Notfallversorgung erweitert die Aufgaben für KVen und Vertragsärzte, insbesondere bei der pädiatrischen Versorgung. Der Hausärzteverband drängt auf schnellere Reformen und es wird eine Honorarerhöhung für ambulante Operationen gefordert.

Pläne für Notfallversorgung: Mehr Arbeit für Vertragsärzte

Die Reform für die Notfallversorgung liegt jetzt als Referentenentwurf vor. Sie erweitert die Aufgaben für KVen und Vertragsärzte. So sollen die KVen durchgängig zu einer telematischen und aufsuchenden Versorgung verpflichtet werden. Das soll insbesondere auch für die pädiatrische Versorgung gelten. Die Aufgaben der bisherigen Terminservicestellen sollen künftig durch Akutleitstellen der KVen wahrgenommen werden, die mit den Rettungsleitstellen zu einem Gesundheitsleitsystem vernetzt werden und eine Übergabe von Patienten auch durch elektronischen Datenaustausch organisieren. Die Akutleitstellen der KVen müssen 24 Stunden täglich erreichbar sein. Anrufe müssen zu 75 Prozent binnen drei Minuten entgegengekommen werden können. Das muss nach mindestens sechs Monaten der Verkündigung des Gesetzes realisiert sein. Ärzte in der Primärversorgung – auch Kinderärzte – müssen mit Mehrarbeit rechnen: Sie müssen in Notfallzentren telefonisch und videogestützt täglich 24 Stunden präsent sein für die Notfallversorgung. Dabei müssen auch aufsuchende Dienste gewährleistet sein. Insgesamt sieht das Bundesgesundheitsministerium einen Bedarf von bundesweit 700 Notfallzentren der KVen.

Insbesondere an der absehbaren Ausweitung der Arbeitsbelastung der Haus- und Kinderärzte entzündet sich Kritik. Nach Auffassung des Vorsitzenden des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, konterkariert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das mit dem Versorgungsstärkungsgesetz verfolgte Ziel, den Beruf von Hausärzten auch durch Entlastung attraktiver zu machen. Statt Doppelstrukturen zu schaffen, sei eine intelligente Patientensteuerung notwendig, so Reinhardt. Er sieht im parlamentarischen Beratungsverfahren eine Chance, die Notfallversorgung entsprechend zu gestalten.

KBV begrüßt Gesetz für Digital-Agentur

Die KBV hat die Pläne der Bundesregierung für ein Digital-Agentur-Gesetz grundsätzlich begrüßt und insbesondere die darin festgehaltenen Kriterien für die Anwenderfreundlichkeit und -sicherheit gewürdigt. 

Mit dem Referentenentwurf werde ein effektives Steuerungsmodell mit einer Ende-zu-Ende-Verantwortung der Agentur angestrebt, das den Erfahrungen bei der Einführung des elektronischen Rezepts Rechnung trage. 

Die KBV kritisiert allerdings, dass die Gesellschafterstruktur der gematik grundsätzlich nicht geändert werde. Dies beschränke auch künftig die Möglichkeiten der Einflussnahme der Selbstverwaltung und ihrer praktischen Erfahrung.

Hausärzteverband mahnt mehr Tempo bei Reformen an

Die stellvertretende Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth, hat ein höheres Tempo bei den Reformen für die ambulante Medizin angemahnt. In den vergangenen zehn Jahren sei nichts vorangegangen, insbesondere das Kollektivvertragssystem verharre im Stillstand. Folge sei, dass mittlerweile 5.000 Hausärzte fehlten. Nach wie vor habe man ein ungesteuertes Gesundheitssystem, das zur Verschwendung und Überbeanspruchung von Ressourcen führe. Wegweisend sei daher der Beschluss des Deutschen Ärztetages mit seinem Votum für ein Primärarztsystem gewesen. Buhlinger-Göpfarth plädiert dafür, die hausarztzentrierte Versorgung weiterzuentwickeln und diese flächendeckend zu implementieren. Die Entbudgetierung der Honorare für die Hausärzte für sich allein genommen, werde ohne einen solchen Systemwandel nur wenig Effekte haben. 

60 Millionen Euro mehr für ambulante Operationen

KBV und GKV haben sich durch einen gemeinsamen Bewertungsausschuss auf Verbesserungen der Honorierung ambulanter Operationen geeinigt. Rückwirkend zum Januar 2024 werden Zuschläge für ambulante Operationen erhöht. Sie bewegen sich zwischen 3,34 Euro und 62,18 Euro. Berücksichtigt wurden dabei auch Forderungen der HNO-Ärzte nach einer besseren Bewertung von Mandeloperationen. So ist für eine einfache Adenotomie eine Erhöhung von 13,13 Euro oder zwölf Prozent vorgesehen. Ferner werden über Hygienezuschläge auch jene Sicherheitsmaßnahmen finanziert, die die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) empfiehlt. Das Gesamtvolumen der Honorarerhöhung macht nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes rund 60 Millionen Euro aus.

NRW mit eigenem Gesetzentwurf für die Organspende

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat einen Gesetzentwurf seines Bundeslandes für die Neuordnung der Organspende vorgelegt, die nun auf eine Widerspruchslösung hinausläuft. Der Bundesrat könnte dieses Gesetz kurzfristig als Initiative der Länder verabschieden, sodass sich dann auch der Bundestag damit befassen muss. Laumann rechnet bei den Ländern mit einer deutlichen Mehrheit für seinen Vorstoß. Danach erwartet er die Unterstützung von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Berlin und dem Saarland. Im Kern läuft der Gesetzentwurf darauf hinaus, dass jeder als Organspender gilt, der nicht zuvor ausdrücklich seinen Widerspruch erklärt hat. Dieser Widerspruch soll in einem neuen Organspenderegister oder im Organspendeausweis erklärt werden können. Laumann begründet seine Initiative damit, dass 80 Prozent der Bundesbürger zur Organspende bereit seien, andererseits aber die Zahl gespendeter Organe beständig sinkt. 

Ersatzkassen kritisieren Anstieg der Arzneimittelausgaben

In den ersten vier Monaten des Jahres 2024 sind die Ausgaben der Ersatzkassen für Arzneimittel um 9,7 Prozent oder rund zwei Milliarden Euro gestiegen. Allein im April sei ein Anstieg der Ausgaben um 23,6 Prozent zu verzeichnen gewesen. Vor diesem Hintergrund kritisieren die Ersatzkassen die mit dem Medizinforschungsgesetz geschaffene Möglichkeit für die Arzneimittelhersteller, vertrauliche Preisabsprachen mit den Kassen zu vereinbaren. Notwendig angesichts des Kostenanstiegs sei viel mehr Transparenz, so der Standpunkt der Krankenkassen. Eine wesentliche Ursache des Ausgabenanstiegs ist der zum 1. Januar planmäßig wieder auf Normalniveau gesunkene Abschlag für patentfreie Arzneimittel, der mit der GKV-FinG vorübergehend für ein Jahr erhöht worden war.

Das Medizinforschungsgesetz wurde planmäßig am vergangenen Freitag verabschiedet. Es erleichtert und vereinfacht die Zulasssung klinischer Studien in Deutschland, was in den vergangenen Jahren dramatisch im internationalen Vergleich zurückgegangen war.