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Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Ambulante Versorgung, Bereitschaft und Diabetes

Die Intensität der ambulanten Versorgung ist wieder gestiegen, der Bereitschaftsdienst an Kliniken ist tagsüber nicht effizient und die Richtlinie für das Diabetes-Management wurde angepasst - das sind die gesundheitspolitischen Entwicklungen in der KW 24.

Vertragsärzte: Versorgungsintensität 2021 über Vor-Pandemie-Niveau

Anders als in der stationären Versorgung lag die Zahl der in der ambulanten Medizin durch Vertragsärzte versorgten Patienten im vergangenen Jahr um 0,9 Prozent über denen des Vor-Pandemie-Jahres 2019. Nach einem Rückgang der Fallzahlen im ersten Halbjahr intensivierte sich die Versorgung in der zweiten Jahreshälfte zunehmend bis zu einem Plus von 7,8 Prozent im vierten Quartal. Lediglich bei den Kinderärzten lag die Gesamtfallzahl 2021 noch um 3,1 Prozent unter der von 2019. Das geht aus Daten des Trendreports des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung hervor, die in der letzten Woche veröffentlicht wurden.

Nach einem teils starken Einbruch im ersten Pandemiejahr 2020 nahm nun wieder die Zahl der Früherkennungsuntersuchungen zu: Koloskopien plus 4,3 Prozent, Mammographien plus 3,9 Prozent, Kinderuntersuchungen plus 1,8 Prozent (jeweils zu 2019).  Auch in einem anderen Bereich der Prävention spiegelt sich das Engagement der Vertragsärzte wider: Die Zahl der Influenza-Impfungen stieg im Vergleich zu 2019 um 2,1 Millionen (plus 19,8 Prozent). 

Stark zugenommen haben auch Beratungsleistungen der Ärzte und Psychotherapeuten:

ZI-Analyse: KV-Bereitschaftsdienst an Kliniken tagsüber nicht effizient 

Nach Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung sind Forderungen etwa der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach einem durch Vertragsärzte auch tagsüber sichergestellten Bereitschaftsdienst in den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser kaum realisierbar. Eine Auswertung von Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2019 ergab, dass in den 1.200 größten Notaufnahmen zwischen 7 und 19 Uhr an Werktagen 4,43 Millionen ambulante Notfälle abgerechnet wurden; das entspricht im Durchschnitt 1,3 ambulante Patentenkontakte pro Stunde. Nur ein Viertel der Notaufnahmen kam auf mehr als 1,7 Patientenkontakte. Nur 20 der 1.200 größten deutschen Notaufnahmen versorgen mehr als 3,8 Patienten je Stunde. Im Ergebnis können die ohnehin sehr knappen hausärztlichen Kapazitäten in  Notfallaufnahmen der Kliniken tagsüber an Werktagen nicht effizient ausgelastet werden.

GBA aktualisiert DMP Diabetes mellitus Typ 2

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat am vergangenen Donnerstag eine Anpassung der Richtlinie für das Disease-Management-Programm Diabetes Typ 2 an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand beschlossen. Der Beschluss hat auch Auswirkungen  auf die DMP-Vertragspartner, die innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Richtlinie die laufenden  DMP-Verträge anpassen müssen. Die wichtigsten Änderungen:

Insgesamt nehmen rund 4,7 Millionen GKV-Versicherte an einem DMP Diabetes mellitus teil.

PCR-Testkapazitäten: Labore fordern Klarheit für den Herbst

Vor dem Hintergrund einer möglichen starken SARS-CoV-2-Infektionswelle im Herbst fordern die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) eine rasche Entscheidung über die Festlegung der erforderlichen Testkapazitäten, insbesondere durch eine Anschlussregelung für die am 30. Juni auslaufende Coronavirus-Testverordnung.  Ferner fordert ALM , entsprechend dem Votum des Deutschen Ärztetages, den Arztvorbehalt zum Nachweis von SARS-CoV-2 wieder im Infektionsschutzgesetz zu verankern. Genauso wie der Expertenrat der Bundesregierung spricht sich ALM gegen anlasslose Bürgertests in Testzentren aus; sie würden zum weiteren Pandemie-Management nicht mehr gebraucht.

Nach kurzzeitig rückläufigen Infektionszahlen im Mai sieht ALM aufgrund der Testergebnisse eine Trendumkehr: die Zahl der PCR-Tests  stieg in der 23. Kalenderwoche um 30.000 gegenüber der Vorwoche auf knapp 582.000, die Positivenrate stieg von 34,6 auf 43,5 Prozent. Die Auslastung der Labore wird mit 21 Prozent angegeben, ein sehr niedriger Wert.  Die verfügbare Kapazität liege bei 2,75 Millionen Tests pro Woche. An der Datenerhebung haben sich 183 fachärztliche Labore beteiligt. 

WTO-Pandemieentscheidung: Kritik von allen Seiten

Die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf hat entschieden, dass der Patentschutz für Impfstoffe gegen die Covid-19-Infektion in Entwicklungs-und Schwellenländern aufgehoben werden kann. Nichtregierungs-Organisationen kritisieren die Halbherzigkeit der Entscheidung, weil Diagnostika und therapeutische Wirkstoffe nicht vom Patentschutz befreit werden. Nationale und internationale Verbände der pharmazeutischen Industrie sehen in der Entscheidung eine politische Instrumentalisierung des Patentrechts, ohne die Probleme kausal zu lösen.

So weist der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) darauf hin, dass es seit Jahresbeginn ein Überangebot an Covid-19-Impfstoffen gebe. Bislang wurden nach Verbandsangaben weltweit 13,9 Milliarden Dosen produziert. Die Lockerung des Patentschutzes könne dazu führen, dass noch mehr Impfdosen auf Halde produziert werden. Notwendig sei es, ärmere Länder bei der Durchführung von Impfkampagnen zu unterstützen.   Gelinge das nicht, seien auch Anstrengungen von Regierungen und Pharma-Unternehmen für den Aufbau lokaler Produktionskapazitäten in Afrika vergebens. Zu den Leistungsangeboten der westlichen Industrie gehören beispielsweise Projekte wie die von BioNTech: vorproduzierte Produktionsmodule, mit denen in Entwicklungs- und Schwellenländern vor Ort Impfstoffe hergestellt werden können. 

Negativ betroffen von der WTO-Entscheidung seien auch Schwellenländer wie Indien: dort haben Unternehmen beispielsweise den ersten DNA-Impfstoff entwickelt sowie einen weiteren mRNA-Impfstoff. Die Aushebelung des Patentschutzes konterkariere Bemühungen von Unternehmen in diesen Ländern, sich unabhängiger vom Weltmarkt zu machen.