Bis zum Sommer will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Abstimmung mit den Bundesministerien für Inneres und Verteidigung ein Gesetz zur Herstellung von Resilienz des Gesundheitssystems in Krisenfällen vorlegen. Das Gesetz soll umfassend ausgestaltet werden und auf eine komplett neue Bedrohungslage ausgerichtet sein. Es ist daher nicht nur ein Reflex auf die während der Corona-Epidemie festgestellten Systemschwächen, sondern eine Reaktion auf den Klimawandel und auch auf einen militärischen Bündnisfall. "Nach dem verbrecherischen russischen Angriff auf die Ukraine hat diese Herausforderung leider an Bedeutung gewonnen. Und deswegen haben wir eine Gesetzeslücke, die wir angehen, um für einen Katastrophenfall oder sogar einen militärischen Bündnisfall – so unwahrscheinlich er ist – vorbereitet zu sein", sagte Lauterbach in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Im Krisenfall müsse jeder Arzt, jedes Krankenhaus, jedes Gesundheitsamt wissen, was zu tun sei. Es brauche klare Zuständigkeiten, etwa für die Verteilung einer hohen Zahl Verletzter auf die Kliniken. Auch die Meldewege müssten klar sein, etwa zu den Möglichkeiten von Patientenverlegungen im gesamten Bundesgebiet. Die bestehenden Vorschriften zur Bevorratung reichten nicht aus. Ferner müssten Reaktionen auf den Krisenfall geübt werden. Es sei damit zu rechnen, dass Deutschland im Bündnisfall zu einer Drehscheibe bei der Versorgung von Verletzten und Verwundeten auch aus anderen Ländern werde. Lauterbach verwies dabei auf die führende Rolle Deutschlands bei der Versorgung Schwerstverletzter aus der Ukraine. Zur Vorbereitung des Gesetzes finde ein Austausch mit Spezialisten der Bundeswehr sowie den Ministerien für Inneres und Verteidigung statt.
Die Zahl der 2022 in den EU-Mitgliedsländern gemeldeten Fälle an Syphilis sind im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent auf 35.391 gestiegen, bei der Gonorrhö stieg die Zahl sogar um 48 Prozent auf 70.881. Die Zunahme bei Chlamydien betrug in den 27 Ländern 16 Prozent und erreichte 216.508 Fälle. "Diese Zunahme ist erstaunlich und besorgniserregend", sagte die Direktorin des European-Centre of Disease Control (ECDC), Andrea Ammon, bei der Vorstellung der Daten in Stockholm. Wahrscheinlich stellten die Zahlen aber nur eine Spitze des Eisbergs dar, weil es nationale Unterschiede bei den Testverfahren und dem Zugang zur medizinischen Versorgung gebe. Es sei dringend erforderlich, die Präventionsstrategien und eine umfassende Aufklärung zu stärken. Die Angebote für Tests, Behandlung und Vorsorge müssten ausgebaut werden.
Die Techniker Krankenkasse sieht die Finanzstabilität der der GKV mittelfristig durch neuartige Gen- und Zelltherapien als bedroht an. Diese Therapien, die in der Regel einmalig eingesetzt werden und eine Aussicht auf Heilung versprechen, können im Einzelfall Kosten von bis zu 4,1 Millionen Euro verursachen. Inzwischen sind in Deutschland 15 Gentherapeutika zugelassen, die Zahl der hochpreisigen Innovationen dürfte sich in Zukunft stark erhöhen. Laut einem Report der Techniker Krankenkasse laufen im Bereich der Gentherapeutika weltweit 1500 Studien. Sollten die gegenwärtig noch in der Entwicklung befindlichen Wirkstoffe Marktreife erlangen, so könnte dies die gesetzliche Krankenversicherung mit zusätzlichen Ausgaben von 27 bis knapp 36 Milliarden Euro belasten.
Vor diesem Hintergrund fordert der Vorstandsvorsitzende der TK, Jens Baas, eine Debatte über die Preisbildungsmechanismen für diese neuartigen Arzneimittel. Schon jetzt entfielen mehr als die Hälfte der Arzneimittelausgaben auf neue Wirkstoffe. In den letzten fünf Jahren seien die Ausgaben für die patentgeschützte Arzneimittel um durchschnittlich 17,7 Prozent pro Jahr gestiegen. Würde sich dieser Trend ungebremst fortsetzen, würden im Jahr 2050 25 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung durch diese Medikamente absorbiert, prognostiziert Baas.
Pläne des Bundeslandwirtschaftsministeriums für ein neues Tierschutzgesetz und erhebliche Strafverschärfungen bei Verstößen sorgen derzeit für Empörung bei Wissenschaftlern, Forschungseinrichtungen, Universitäten und der forschenden Pharma-Industrie. Unisono beklagen die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, die Verband der Hochschulklinika, die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir geplante Gesetz habe fatale Auswirkungen für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Es stehe in Widerspruch zu dem vom Bundesgesundheitsminister geplanten Medizinforschungsgesetz und zur Pharmastrategie der Bundesregierung. Tierversuche seien nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil des experimentellen Methodenspektrums. Viele Einrichtungen, darunter auch die Charité, arbeiten allerdings auch an Alternativen; an der Berliner Spitzen-Uni existiert dafür sogar ein eigenes Institut.
Frankreich hat als erstes Land weltweit die "garantierte Freiheit" zum Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung aufgenommen. Die Abgeordneten der Nationalversammlung und des Senats stimmten in Versailles mit 780 zu 72, deutlich mehr als die erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit, der Verfassungsänderung zu. In einer Botschaft an alle Frauen sagte Ministerpräsident Gabriel Attal: "Ihr Körper gehört Ihnen, und niemand hat das Recht, an Ihrer Stelle darüber zu verfügen."
Aufgrund seiner historischen republikanischen Tradition ist Frankreich strikt säkularisiert. Anders als in Deutschland existiert eine konsequente Trennung von Staat und Kirche. Das zeigt sich auch im schon geltenden französischen Abtreibungsrecht, das Schwangerschaftsabbrüche bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet, auch als Leistung der Sozialversicherung.
Die jetzige Verfassungsänderung geht auf eine Initiative von Präsident Macron aus dem Jahr 2022 zurück. Sie reagiert auf zunehmenden Einfluss religiös-fundamentalistischer Gruppen wie etwa den Republikanern in den USA mit einem starken Einfluss von Kreationisten und Evangelikalen oder der reaktionär-klerikalen PIS-Partei in Polen.
In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig, aber unter bestimmten Bedingungen straffrei. Derzeit berät eine Kommission darüber, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln.