Videosprechstunden: weiterhin viel genutzt von Ärzten Logo of esanum https://www.esanum.de

Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Psychotherapeuten sind Spitzennutzer von Videosprechstunden

Durch die Corona-Pandemie sprang die Nutzung der Videosprechstunde unter Ärzten von 0,1 auf 20,1 % an, die Krankenkassen erwarten auch 2024 Beitragserhöhungen: mehr aus KW 17 erfahren.

Pandemie triggerte Videosprechstunde

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie ist die Nutzung der Videosprechstunde sprunghaft von 0,1 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten im Jahr 2019 auf 20,1 Prozent im Jahr 2020 gestiegen und in der Folgezeit nahezu auf diesem hohen Niveau verblieben. Nach Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung sind Psychotherapeuten mit 60 Prozent Spitzennutzer, gefolgt von Kinderärztenhttps://www.esanum.de/fachbereichsseite-paediatrie/feeds/paediatrie/posts mit 16,6 und Hausärzten mit 14,9 Prozent. Auch bei der Nutzungsintensität liegen Psychotherapeuten an der Spitze: auf sie entfielen im Jahr 2020 78 Prozent aller Videosprechstunden.

Krankenkassen erwarten auch 2024 Beitragserhöhungen

Nach Beitragssatzsteigerungen zu Beginn dieses Jahres erwarten die Krankenkassen auch im kommenden Jahr vor dem Hintergrund stark zunehmender Ausgaben weiter steigende Beiträge. Das notwendige Plus wird auf 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte geschätzt. Gegenwärtig liegt der durchschnittliche Gesamtbeitrag bei 16,2 Prozent. Auch die Pflege soll teurer werden, der Bundestag berät derzeit darüber. Für einen Ledigen würden dann die Beiträge für Krankheit und Pflege im nächsten Jahr bei 20,2 Prozent inklusive Arbeitgeberanteil liegen; wer ein Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit knapp 5.000 Euro bezieht, würde dann mit mehr als 1.000 Euro monatlich belastet.

März: Krankenstand erreicht Allzeithoch

Für den März meldet der BKK-Dachverband einen Krankenstand von 7,02 Prozent seiner erwerbstätigen Versicherten, das ist die höchste Zahl an arbeitsunfähigen erwerbstätigen Versicherten seit Beginn der Erfassung von Krankmeldungen. In den vergangenen zehn Jahren variierte der Krankenstand bei den BKK-Kassen zwischen 4,37 und 6,75 Prozent. Als Ursache für den aktuell hohen Krankenstand nennt der Kassenverband parallel zirkulierende Atemwegserreger. Grippe- und Erkältungskrankheiten machen 1,88 Prozentpunkte der Krankmeldungen aus, gefolgt von Muskel- und Skeletterkrankungen (1,28 Prozent) und psychischen Störungen (0,91 Prozent. Der Krankenstand von COVID-19 ist mit 0,17 Prozent inzwischen eher unbedeutend geworden.

Tarifpoker mit kommunalen Kliniken dauert an

Auch die vierte Verhandlungsrunde für die 55.000 Ärzte an kommunalen Krankenhäusern ist ohne Ergebnis geblieben. Die Arbeitgeber hätten kein konkretes Angebot vorgelegt, heißt es von Seiten des Marburger Bundes, der vor einer Eskalation warnt. Für den 9. Mai plant der MB weitere Warnstreiks. Ausgenommen davon sind Ärzte in Berlin und Brandenburg, wo mit den Vivantes-Kliniken ein eigener Haustarif vereinbart worden war. 

Eine Einigung hat der Marburger Bund dagegen mit dem Arbeitgeberverband der berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken (BG-Kliniken) gefunden: Am Montag einigten sich die Tarifpartner auf eine Anhebung der Gehälter ab dem 1. Juli 2023 um pauschal 200 Euro sowie weitere 5,5 Prozent.  Die Gesamterhöhung muss aber mindestens 8,25 Prozent betragen. Ferner erhalten die Ärzte an BG-Kliniken eine steuerfreie Einmalzahlung von 3.000 Euro, die im Juni ausgezahlt wird. Wer in Teilzeit arbeitet, erhält anteilige Einmalzahlungen. Der neue Tarifvertrag läuft bis zum 31. Dezember 2024.

AWMF beteiligt sich aktiv an Klinikreform

80 Fachgesellschaften beteiligen sich an einer Ad-hoc-Kommission Versorgungsstrukturen der AWMF, um an der Ausgestaltung der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen mitzuarbeiten, die von der Regierungskommission für eine Krankenhausreform vorgeschlagen wurden. Die AWMF unterstütze die Reform, die eine nach Levels und Leistungsbereiche strukturierte Krankenhauslandschaft anstrebt. Erste Ergebnisse hat die AWMF dem Bundesgesundheitsministerium und der Regierungskommission übermittelt. Dazu gehört eine Definition von Fachkliniken. Noch viele offene Fragen sehen die Fachgesellschaften bei der Ausgestaltung der Kliniken des Levels 1i, die stationäre und ambulante Versorgung zusammenführen. Das betreffe beispielsweise die personelle Ausstattung und die Verantwortlichkeiten.   

ASV vergrößert sprunghaft die Reichweite in der Versorgung

Trotz teils erheblicher bürokratischer Hürden leistet die ambulante spezialärztliche Versorgung (ASV) in der Behandlung von Menschen mit seltenen oder hoch komplexen Krankheiten inzwischen einen bedeutenden Beitrag. Derzeit sind 19 Krankheiten für die ASV definiert; in Kürze kommen zwei weitere hinzu. Zum Stichtag 29. März hat sich die Zahl der ASV-Teams in den letzten zwei Jahren nach Angaben des Gemeinsamen Bundesausschusses um 19,5 Prozent auf 777 erhöht. Die Zahl der in der ASV bislang insgesamt versorgten Patienten stieg sogar um 64,2 Prozent auf nunmehr fast 1,9 Millionen. Die meisten Teams gibt es für die Versorgung gastrointestinaler Tumoren (171), die fast 86.000 Quartalspatienten versorgen; in den 117 Teams für gynäkologische Tumoren werden sogar 306.000 Patientinnen versorgt. Die mit Abstand bedeutendste ASV ist die für Rheuma mit rund 920.000 Patienten. Die höchste ASV-Dichte erreicht Nordrhein-Westfalen; in Mecklenburg-Vorpommern existiert noch keine ASV.   

Mehr Umsatz, weniger Apotheken  

Der Umsatz der öffentlichen Apotheken ist 2022 um knapp drei Prozent auf 64,9 Milliarden Euro gestiegen. 17 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaften die Apotheken mit frei verkäuflichen Arzneimitteln oder anderen Selbstzahler-Produkten für Medizin und Pflege. Stark geschrumpft sind die Erlöse aus der Versorgung mit Impfstoffen, der Vergütung zur Ausstellung von Impfzertifikaten und Tests; sie beliefen sich auf 600 Millionen Euro nach 2,5 Milliarden Euro im Vorjahr. Diese Leistungen waren vom Bundesamt für Soziale Sicherheit aus Steuermitteln finanziert worden. 

Diese pandemiebedingten Sondereinnahmen waren offenbar gewinnträchtig kalkuliert. Denn trotz steigenden Durchschnittsumsatz – 3,23 nach 3,1 Millionen Euro – sank der Gewinn vor Steuern um 23 Prozent auf 163.000 Euro. Dieser Wert liegt allerdings noch immer deutlich über dem des Jahres 2019 von 148.000 Euro. Die Zahl der Apotheken ist nach neuesten Daten inzwischen auf 17.939 gesunken; es gibt fast keine Neueröffnungen mehr.