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Wird die Patientenberatung auch in Zukunft unabhängig bleiben?

Die Idee ist gut: Die unabhängige Patientenberatung soll die Rechte der Versicherten durchsetzen – ohne Rücksicht auf die Kasse. Und der Spitzenverband der Kassen zahlt. Das ist wahre Größe

Die Idee ist gut: Die unabhängige Patientenberatung soll die Rechte der Versicherten durchsetzen – ohne Rücksicht auf die Kasse. Und der Spitzenverband der Kassen zahlt. Das ist wahre Größe – oder war das doch ein bisschen zu viel verlangt?

Anfang kommender Woche will der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einige unangenehme Briefe verschicken. Adressaten werden die Unternehmen sein, die bei der Ausschreibung für die künftige Patientenberatung in Deutschland unterlegen sind. Sie haben zehn Tage Zeit, um gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen. Um den 10. Juli herum könnte dann der Sieger bekanntgegeben werden, der für die nächsten fünf Jahre die Beratung übernehmen darf.

Unter den Verlierern ist wohl auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), die bisher für den GKV-Spitzenverband hilfesuchende Versicherte über ihre Rechte aufgeklärt hat – selten zur Freude der Kassen. Die UPD-Berichte zeigen nach Ansicht der Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink in der Tat, dass sich etwa die Hälfte aller Beschwerden in den Beratungen auf die Ausgestaltung der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenkassen bezog.

Die seit langem anhaltenden Streitereien zwischen GKV-Spitzenverband und UDP waren auch schon Gegenstand im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie unabhängig darf die UDP von Beschwerden über Krankenkassen berichten. Selbst Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde im Wahljahr 2013 aufgeschreckt. Zu Tausenden hatten sich Patienten über Krankenkassen beschwert, die ihnen ohne ersichtlichen Grund Leistungen und Krankengeld verweigerten.

Das provozierte nun den Vorwurf, der Spitzenverband wolle auf dem Ausschreibungswege eine unliebsame Kritikerin loswerden. “Hinter den Kulissen rumort es”, ist dort zu hören. Denn die Leistungen der UPD sind nicht nur nach Klein-Schmeinks Ansicht “in keinster Weise” zu beanstanden. Im Gegenteil: Die Anforderungen an die Qualitätssicherung sei außerordentlich hoch gewesen. Und die Beratung in medizinischen, rechtlichen oder psychosozialen Fragen sei immer auf einem hohen Niveau erfolgt – zum Nutzen der Patienten. Und die jährlichen Berichte der UPD seien immer auch Indikatoren für Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem gewesen.

Dagegen wird der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), dessen Einvernehmen für die GKV-Entscheidung nötig ist, mit dem Vorwurf zitiert, die 80 000 Beratungen der UDP im Jahr seien zu wenig. Auch komme nur jeder zweite Ratsuchende tatsächlich zu einem Berater durch. Und in der Ärzteschaft klingt leise der Vorwurf an, die UPD sei bei den Versicherten nicht bekannt genug. Viele Ärzte würden Patienten sogar noch auf die kostenlose Beratungsmöglichkeit durch die UPD hinweisen.

Im Umfeld der UDP wird dies mehr oder weniger eingeräumt, zugleich aber auf die knappen personellen Ressourcen hingewiesen. Zähneknirschend, so heißt es, stockte der GKV-Spitzenverband den Etat für die Beratung von bisher gut fünf Millionen auf künftig neun Millionen Euro auf.

Hier liegt auch ein weiteres Problem. Der GKV-Spitzenverband muss die Beratung finanzieren, bekommt aber trotzdem die meisten Beschwerden ab. Setzt sich ein Patient mit Hilfe der UPD durch, kann das die Kassen richtig viel Geld kosten. Das läuft den Ambitionen des GKV-Spitzenverbandes zuwider, möglichst viel zu sparen.

Nicht nur die Grünen-Politikerin Klein-Schmeink treibt nun die Sorge um, dass der Zuschlag an ein Call-Center geht, das schon bisher in Diensten des GKV-Spitzenverbandes steht und damit auch dessen geschäftliche Interessen im Auge hat. Damit könnte ein Stück Unabhängigkeit gefährdet sein – auch wenn im Auswahlverfahren versucht wurde, dies auszuschließen.

Übrigens: Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) plant wohl, im Zuge des Bundesteilhabegesetzes auch für Behinderte eine unabhängige Beratung einzurichten.

Text: dpa /fw