Je mehr Insulin sich im Gehirn befindet, desto mehr Dopamin wird ausgeschüttet. Dopamin wirkt am Belohnungszentrum im Gehirn. Der Zusammenhang könnte folglich einen Einfluss darauf haben, was wir essen wollen. Diese These stellen Wissenschaftler in einer neuen Studie aus dem Journal Nature Communications auf.
Die Studie wurde von der Neurowissenschaftlerin Frau Dr. Margaret Rice betreut. Sie und ihr Team vermuten, dass die Dopaminausschüttung im Gehirn weitaus stärker von dem Hormon Insulin abhängt, als bisher angenommen. Insulin ist in allen Säugetieren für die Regulation der Blutzuckerspiegel verantwortlich und vermittelt nach dem Essen ein Gefühl von Völle. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der im Gehirn am Belohnungszentrum wirkt und ein Gefühl von Freude vermitteln kann.
Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass Insulin dabei helfen kann, die Wiederaufnahme von Dopamin zu erhöhen, wenn die Insulinspiegel ansteigen. Somit kommt es zu einem Anstieg der Dopaminkonzentration.
Die besondere Neuigkeit an der Arbeit ist jedoch, dass die Forscher demonstrieren wollen, dass die Funktion des Insulins im Dopaminstoffwechselweg für unsere Auswahl an Lebensmitteln verantwortlich sein könnte.
In einer Reihe von Experimenten an Nagetieren führte ein Anstieg von Insulin zu einer Erhöhung der Konzentration an Dopamin in der striatalen Region des Gehirns von 20-55%. In der striatalen Region werden die Effekte der Dopaminwirkung verarbeitet und führen zu den körperlichen Auswirkungen, die auf eine Belohnung folgen.
Der Anstieg des Dopamins fiel zusammen mit einer erhöhten Aktivität von Insulin, die nach der Zufuhr von einfachen Zuckern bei den Mäusen und Ratten auftrat.
In separaten Experimenten hat man den Ratten eine niedrig-kalorische Diät verabreicht. Aufgrund dieser Ernährung zeigten die Ratten eine zehnfach erhöhte Sensitivität gegenüber erhöhten Insulinspiegeln im Gehirn. Man konnte beobachten, dass nun mit einem Zehntel des Insulinspiegels die Dopaminausschüttung stattfand im Vergleich zu Ratten, die eine normale Ernährung erhielten.
Ratten, die eine hoch-kalorische Ernährung erhalten hatten, zeigten keine Insulin-abhängige Reaktion im Striatum.
In einem anderen Experiment wurde den Ratten eine Auswahl zwischen einem Getränk und einer darauffolgenden Injektion mit Insulin-Antikörpern oder einer einfachen Injektion mit einem Placebo angeboten. Die Injektion von Insulin-Antikörpern führte zu einem intakten Insulinsignal, was wiederum in einem Anstieg von Dopamin resultierte. Die Ratten bevorzugten immer die Kombination aus Getränk mit Insulin-Antikörperinjektion gegenüber dem Placebo.
Diese Experimente weisen auf eine neue Rolle des Insulins hin: es scheint zum Belohnungssystem des Körpers zu gehören. Möglicherweise suchen sich Nagetiere und vermutlich auch Menschen bevorzugt Lebensmittel und Speisen mit einem hohen Anteil an Kohlenhydraten oder einem geringen Anteil von Fetten aus, um ihren Dopaminspiegel zu erhöhen.
Frau Dr. Rice betont die Relevanz ihrer Studienergebnisse, da chronisch erhöhte Insulinspiegel zu einer erniedrigten Insulinsensitivität führen und diese mit Übergewicht und einem Typ-2-Diabetes assoziiert ist.
Das Team um Dr. Rice möchte in weiteren Experimenten untersuchen, wie Insulin bei Säugetieren an der Kontrolle über die Nahrungsauswahl und -motivation beteiligt ist. Zudem sollen die Stoffwechselwege im Belohnungssystem weiter auf ihre Insulin-Abhängigkeit analysiert werden. Eine klinische Relevanz hätten diese Untersuchungen, wenn man erforschen könnte, ob sich Veränderungen in der Insulinsensitivität, z.B. durch Adipositas, rückgängig machen lassen würden oder gar verhindert werden könnten.
Text: esanum / ab
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