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Wie der Feinstaub uns das Gehirn vernebelt

Über eine Art Live-Ticker kann jeder Berliner den Stand der Luftverschmutzung in seiner Stadt verfolgen. Die Zahlen sind nicht sonderlich beunruhigend: so liegt der Feinstaubanteil derzeit weit unt

Über eine Art Live-Ticker kann jeder Berliner den Stand der Luftverschmutzung in seiner Stadt verfolgen. Die Zahlen sind nicht sonderlich beunruhigend: so liegt der Feinstaubanteil derzeit weit unter der EU-Höchstgrenze.

Feinstaubbelastung wird vor allem durch Verbrennungsvorgänge produziert. Den größten Beitrag zu der Luftverschmutzung liefern Haushalte, Kleinverbraucher und der Straßenverkehr. Das tückische am Feinstaub ist, dass man ihn nicht sieht. Die Partikel haben zum Teil einen Durchmesser von 2,5 mm (PM 2,5) und sind damit nicht größer als Bakterien. Unbemerkt gelangen die Teilchen in unsere Lungenbläschen.

Viele Studien haben gezeigt, dass Feinstaubbelastung mit kardiovaskulären Erkrankungen verbunden ist. Aber auch zerebrovaskuläre Erkrankungen, kognitive Beeinträchtigung und psychische Krankheitsbilder werden mit Feinstaubbelastung assoziiert.

Neue Studie untersucht strukturelle Gehirnveränderungen nach Feinstaubexposition

Eine neue Untersuchung(DOI: 10.1161/STROKEAHA.114.008348 ) von Wilker et al. wurde kürzlich im Fachjournal Stroke veröffentlicht und beleuchtet den Zusammenhang zwischen Feinstauexposition und strukturellen Hirnveränderungen. Die Gruppe untersuchte Nachkommen der Framingham-Kohorte in drei verschiedenen Städten: Boston, New England und New York. Alle drei Städte zeichnen sich, ähnlich wie Berlin, durch einen moderaten Feinstaubanteil in der Luft aus. Die Wissenschaftler untersuchten den langfristigen Effekt einer geringfügigen PM 2,5 Einwirkung auf das Gehirn. Sie analysierten dafür von 943 Erwachsenen die MRT-Bilder, aufgenommen zwischen 1995 und 2005. Die Probanden hatten weder Schlaganfälle erlitten, noch waren sie an einer Demenz erkrankt. Das Alter der Probanden betrug 60 Jahre. Für verschiedene Faktoren, wie für den sozioökonomischen Status wurde adjustiert.

Gehirnvolumen schrumpft durch PM 2,5

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass eine Zunahme von PM 2,5 um 2 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft mit einer Abnahme des Gehirnvolumens um 0,32 Prozent verknüpft war und ein um 46 Prozent gesteigertes Risiko bestand von einem stummen Schlaganfall betroffen zu sein. Ein stummer Schlaganfall bezeichnet eine Ischämie in Bereichen, deren Minderdurchblutung keine typische klinische Symptomatik verursacht. Obwohl diese Art des Schlaganfalls nicht bemerkt wird, kommt es zu irreversiblen Schäden im Gehirn, die man nachweisen kann.  Stumme Infarkte können mit einer eingeschränkten kognitiven Funktion oder Demenz verbunden sein.

“Langfristige Luftverschmutzung zeigte, negative Effekte auf das Gehirn, auch in niedriger Konzentration. Speziell ältere Menschen waren in unserer Studie betroffen und die Veränderungen ließen sich bei klinisch Gesunden nachweisen”, so Wilker. Die Reduzierung des Gehirnvolumens durch den Feinstaub sei vergleichbar mit den Spuren, die ein Jahr des Alterns hinterlasse.

Emissionsraten in Deutschland seit 1995 sinkend

In Anbetracht dieser Studienergebnisse ist es beruhigend, dass die PM 2,5 Emissionen in Deutschland von 0,18 Tonnen im Jahr 1995 auf 0,11 Tonnen im Jahr 2012 gesenkt werden konnten. Trotzdem wurde in einigen Teilen Berlins die von der EU vorgesehene Höchstgrenze von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im vergangenen Jahr zu häufig überschritten.

Text: esanum /kme