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Weniger Bewegung im Homeoffice, dafür mehr Kilos und mehr Rückenbeschwerden

Ist der Trend zum Homeoffice gesundheitsförderlich? Dieser Frage widmete sich ganz aktuell der Sports, Medicine and Health Summit 2021.

Was verändert sich im Homeoffice?

Ist der Trend zum Homeoffice gesundheitsförderlich? Dieser Frage widmete sich ganz aktuell der Sports, Medicine and Health Summit 2021.

Flexible Arbeitsmodelle sind bereits seit Jahren auf dem Vormarsch. Doch spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie erhalten sie nochmal einen enormen Bedeutungsgewinn. Das so genannte Homeoffice, das Arbeiten von Zuhause, ist derzeit viel diskutierter Alltag für immer mehr Menschen.

Dr. Stefan Peters vom Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie gab einen Überblick zur körperlichen Aktivität im Homeoffice.

Knapp 40 Prozent der Arbeitnehmenden wünschten sich nach Zahlen des Ministeriums für Arbeit und Soziales Arbeit im Homeoffice. Eine Studie von 2020 der DAK Gesundheit unter 2.600 Befragten zeigt, dass sich 60 Prozent im Homeoffice eher produktiv oder produktiver sehen. Das Ifo Institut sieht ein Potenzial, nachdem 56 der Beschäftigten im Homeoffice arbeiten könnten, aktuell tun es 32 bis 39 Prozent.

Gesundheit – der Ruf schlechter als die Realität

Auf Dauer sei Homeoffice ungesund, so suggerieren viele Medien. Die Annahme scheint nicht ganz aus der Luft gegriffen. Bestimmte körperliche Aktivitäten fallen weg: der Fußweg zur Arbeit zum Beispiel. Anderseits könnte sich die körperliche Aktivität auch erhöhen, weil frei gewordene Zeit wie der Wegfall des Autoweges zur Arbeit durch Bewegung ersetzt wird. Auch die höhere Flexibilität bei der Zeitplanung könnte Bewegung körperliche Aktivität begünstigen.

Ein selektives Review zeigt heterogene Ergebnisse

  • ein repräsentatives Sample von 2018 aus dem U.S. National Household Travel Survey mit 309.000 Datensätzen verglich Personen, die häufig oder gelegentlich im Homeoffice arbeiten vs diejenigen, die die Möglichkeit nicht haben. Ergebnis: Homeoffice führt beispielsweise zu einer vermehrten Nutzung aktiver Transportformen zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
  • Eine Querschnittsuntersuchung (Elldér) von 2011 bis 2016 mit schwedischen BürgerInnen und einem Datensatz von knapp 12.000 ergibt: auch hier wählen Personen, die Vollzeit im Homeoffice arbeiten, signifikant häufiger aktive Formen der Fortbewegung.
  • Eine Untersuchung mit 3.700 Personen (Henke et al) aus 2016 zeigte: Angestellte eines US-amerikanischen Finanzunternehmens, mit 9 bis 33 Stunden im Homeoffice, als "medium" bezeichnet, zeigte ein signifikant niedrigeres Risiko für körperliche Inaktivität – bei anderen Zeitkategorien war dies nicht der Fall.

"Sweet spot" Hypothese

Es könnte sein, so der Referent, dass viel Homeoffice abträglich ist für körperliche Aktivität, aber zu wenig Homeoffice ebenfalls, dass sich also ein mittleres Ausmaß als zuträglich erweist. Darüber gibt es widersprüchliche Ergebnisse. Limitationen der selektiven Reviews: Die Querschnittsstudien enthalten Störvariablen wie Länderunterschiede, Berufsart, sozioökonomischer Status, urbaner Raum.

Offen bleibt derzeit: ist das Homeoffice der ausschlaggebende Faktor oder eher die Frage der zeitlichen Flexibilität. Auf Letzteres deuten viele Untersuchungen hin. Generell sind große individuelle Unterschiede zu erwarten je nach Persönlichkeit, Motivation und Kompetenzen und Zielen des Einzelnen.

Corona-Pandemie

Aktuell muss das Thema natürlich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie betrachtet werden. Ein aktuelles Paper (peters et al) zur körperlichen Aktivität in der COVID-Pandemie gibt einen Überblick. Bewegungsförderung muss besonders auf das Setting Homeoffice zugeschnitten sein. Anleitungen dazu sind abrufbar bei DVGS.clickmeeting.de.

Im Anschluss stellte Uwe Dresel, bei der DAK Gesundheit zuständig für Prävention und Gesundheitsförderung, die Ergebnisse einer Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit mit 7.040 ArbeitnehmerInnen (Alter 18-65) in Deutschland im Zeitraum 29. Januar 2021 bis 19. Februar 2021 vor.

Wie häufig ist Homeoffice aktuell

  • 35 Prozent sind ganz oder mehrmals pro Woche im Homeoffice tätig
  • laut Statista und Hans-Böckler-Stiftung beträgt die Quote 24 Prozent der Beschäftigten im Januar 2021
  • 83 Prozent möchte nach der Pandemie gern weiter ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten

Wie verändert sich das Bewegungsverhalten Homeoffice

  • 44 Prozent bewegen sich deutlich weniger
  • 17 Prozent genauso
  • 18 Prozent etwas mehr
  • 4 Prozent deutlich mehr

Um welche Bewegungen geht es

Bei Alltagsaktivitäten (Spazieren, Haus-und Gartenarbeit) sagen

  • 33 Prozent, dass sie sich weniger bewegen
  • 28 Prozent bewegen sich mehr
  • 28 Prozent genauso

Zum Transport (zu Fuß oder per Fahrrad) sagen

  • 54 Prozent, dass sie sich weniger bewegen
  • 34 Prozent genauso wie sonst

Bei Sport- und Training

  • 46 Prozent nehmen weniger am organisierten Sport (Verein, Studio) teil
  • 35 Prozent gleichbleibend
  • 21 Prozent machen mehr selbständigem Sport (Joggen, Gymnastik zu Hause)
  • 43 Prozent gleichbleibend
  • 30 Prozent machen weniger

Wie hat sich das Körpergewicht verändert

  • 26 Prozent haben 3 Kg zugenommen
  • 7 Prozent haben mehr als 5 Kg zugenommen

Rückenbeschwerden im Homeoffice

  • 25 Prozent haben etwas mehr Rückenprobleme
  • 7 Prozent haben deutlich mehr Beschwerden

Strategien der Befragten, um den Gefahren vorzubeugen

  • 22 Prozent sagen, sie tun nichts extra, um in Bewegung zu bleiben
  • 50 Prozent unterbrechen das Sitzen häufiger
  • 23 Prozent beziehen Bewegung gezielt in den Tagesablauf ein
  • 20 Prozent machen Bewegungseinheiten zwischendurch
  • 18 Prozent haben sich Trainingsanleitungen für Zuhause angeschafft
  • 17 Prozent nutzen digitale Angebote für Bewegung daheim

Zusammenfassung

Homeoffice führt bei vielen zur Reduzierung der körperlichen Aktivität in allen Bereichen. Das ist bei knapp 9 Millionen Menschen, die derzeit im Homeoffice arbeiten, ein relevanter Gesundheitsfaktor. Gesundheitliche Risiken sind sehr wahrscheinlich.

Fazit

DAK Gesundheit empfiehlt, Bewegungsbausteine in den Alltag bewusst zu integrieren, bei Seminaren mit Führungskräften wird das Thema aufgegriffen. Digitale kostenlose Workshops der DAK bieten entsprechende Lerninhalte an.

Quelle: SMHS 2021