Der Deutsche Ärztinnenbund e.V. (DÄB) hat sich dafür ausgesprochen, Embryonenspenden von imprägnierten Eizellen rechtssicher zu ermöglichen. Hintergrund ist ein laufendes Gerichtsverfahren gegen den Verein „Netzwerk Embryonenspende Deutschland e.V.“.
Dieser hatte übrig gebliebene befruchtete Eizellen, deren Erzeuger bereits eine erfolgreiche künstliche Befruchtung hinter sich hatten, an andere kinderlose Paare vermittelt, die weder auf natürlichem noch auf künstlichem Weg selbst Kinder zeugen konnten. Dem Verein wurde vorgeworfen, gegen das Verbot der Eizellenspende verstoßen zu haben, da es sich bei der Spende um Eizellen gehandelt habe, die durch das Auftauen befruchtet wurden. Auch noch nach zwei Freisprüchen in erster und zweiter Instanz hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Ein endgültiges Urteil soll am 4. November fallen.
Die Embryonenspende ist in Deutschland nur in einem bestimmten Fall eindeutig erlaubt. Und zwar bei überzähligen Embryonen, die aus mehreren Zellen bestehen. Dann sei es nach dem Embryonenschutzgesetz sogar wichtiger, Leben zu retten, als das Verbot gespaltener Mutterschaft zu befolgen, erklärt Dr. Gabriele du Bois, Fachärztin für Humangenetik und Vorsitzende des DÄB-Ethikausschusses in einer Stellungnahme vom 26. Oktober 2020. Eindeutig verboten ist die Spende einer unbefruchteten Eizelle.
Unklar ist die Rechtslage allerdings bei imprägnierten Eizellen, die eingefroren wurden, nachdem das Spermium zwar in die Eizelle eingedrungen ist, aber die Zellkerne noch nicht verschmolzen waren, so wie es in den Fällen war, die der Verein vermittelt hatte. Für die Gegner dieser Art von Embryonenspende stellt das Auftauen der Vorkernstadien bereits eine Befruchtung dar. Für sie ist dies einem Embryo, der schon aus mehreren Zellen besteht, gleichzusetzen.
Der DÄB allerdings spricht sich für diese Art der Embryonenspende aus, da die befruchteten Eizellen nicht absichtlich für die Spende gewonnen und befruchtet wurden, sondern eigentlich für die Frau vorgesehen gewesen seien, von der die Eizellen stammten. Das Netzwerk vermittelt die Eizellen nur, wenn die eigentlichen Eltern sie nicht mehr benötigen, weil sie bereits eines oder mehrere Kinder durch die künstliche Befruchtung bekommen haben und auch nur an kinderlose Paare. "Diese Embryonen entstehen bei erlaubten Kinderwunschbehandlungen und bieten darum bislang ungewollt kinderlosen Paaren eine vertretbare Möglichkeit, doch noch Eltern zu werden", sagt du Bois und auch ihre Kollegin, DÄB-Präsidentin Dr. Christiane Groß, teilt diese Meinung: "Mit der Embryonenspende können auch Paare Eltern werden, bei denen die Frau nicht über eigene fertile Eizellen verfügt, ohne dass das Verbot der Eizellspende tangiert wird", erklärt DÄB-Präsidentin Dr. Christiane Groß. Sie bekämen einen Embryo, der weder von der mütterlichen noch von der väterlichen Seite Gene des Kinderwunschpaares mitbringe. "Vergleichbar ist das mit einer Adoption."
Der DÄB bezeichnet die Gründe, die einst für das Verbot gesprochen haben, als veraltet, sowohl aus technischer als auch aus gesellschaftlicher Sicht. Deshalb müsste das Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1990 angepasst und durch ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz ergänzt werden. Das sei aber sehr komplex, da viele Bereiche wie das Selbstbestimmungsrecht der Frau, das Recht auf Wissen seiner Abstammung, Familienrecht und Kindeswohl in den Entwurf mit eingehen müssten. Vorschläge haben die Ärztinnen in der Reproduktionsmedizin (ÄRE) bereits 2017 vorgelegt. Darin wird hinsichtlich der Frage nach der genetischen Abstammung eine Regelung wie beim Samenzellspenderregister vorgeschlagen. Auch soll vor der Embryonenspende eine psychosoziale Beratung aller Parteien zur Pflicht gemacht werden. "Wenn möglich, sollte eine 'offene Embryo-Adoption‘ mit Wissen aller Parteien erfolgen", so du Bois. Und damit die Embryonenspende gesellschaftlich akzeptiert werde, müsste sie in der Öffentlichkeit bekannter gemacht werden.