Die Biotech-Branche in Bayern wächst. Das IZB bei München gilt als Deutschlands erstes Gründerzentrum, das sich auf Biotechnologie spezialisiert hat. Nun feiert es Jubiläum - und bekommt mit Corona ein zusätzliches Forschungsgebiet.
Die Corona-Pandemie hat die Biotechnologie schlaglichtartig in den Fokus gerückt. Bayerns Biotech-Hotspot hat sich in Martinsried bei München etabliert - seit 25 Jahren arbeiten dort junge Forschende und etablierte WissenschaftlerInnen unter einem Dach. Im Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB) entwickeln sie unter anderem Wirkstoffe für Medikamente, technisches Laborzubehör und Dienstleistungen. Im Jubiläumsjahr 2020 spielt dort auch Corona eine Rolle - weil sich einige der Start-Ups mit dem Virus beschäftigen und weil wegen der Pandemie der Festakt ausgefallen ist.
IZB-Geschäftsführer Peter Zobel hat die Anfänge in Martinsried miterlebt, er ist seit fast 25 Jahren dabei. Das Projekt startete damals mit 1.000 Quadratmetern Fläche und fünf Start-Ups, initiiert vom Freistaat Bayern. Inzwischen umfasst das IZB 26.000 Quadratmeter Fläche, auf denen 50 Firmen mit 700 MitarbeiterInnen tätig sind. Damals habe sich das keiner träumen lassen. "Wir waren in Deutschland das erste Gründerzentrum mit Fokus auf Biotech." Zu den Start-Ups der ersten Stunde gehörten die Firmen Morphosys und Medigene, die heute börsennotierte Unternehmen sind.
Die Öffentlichkeit könne mit dem Begriff Biotech heute viel mehr anfangen. "Die Menschen haben verstanden, dass es nicht nur um Gentomaten geht, sondern um die Bekämpfung von Krankheiten", sagt Zobel. Verändert habe sich in den 25 Jahren aber nicht nur die Wahrnehmung der Branche, sondern auch die Finanzierung der Start-Ups. Heute komme es öfter vor, das eine junge Firma einen zweistelligen Millionenbetrag von Investoren erhält. Jüngst machten die KrebsforscherInnen von Catalym mit einer Finanzspritze von 50 Millionen Euro auf sich aufmerksam.
Die Finanzierung ihrer Projekte ist für Start-Ups Zobel zufolge aber nach wie vor die größte Herausforderung. In den USA beispielsweise sei es wesentlich einfacher, Wagniskapital zu bekommen. Wenn ein Start-Up an einem Arzneimittel-Wirkstoff forscht, sei schließlich nicht gesichert, dass der auch eines Tages zur Zulassung komme - insofern gingen Geldgeber ein Risiko ein. In Deutschland investierten vermögende Menschen eben lieber in Immobilien oder Wald anstatt in risikoreiche Forschungsprojekte, sagt Zobel.
Seit Jahren fordert die deutsche Biotech-Branche Steuervorteile für Wagniskapitalanleger, ähnlich wie in den USA. Das sieht auch Zobel so: Steuervorteile könnten Geldgeber animieren, sich für Start-Ups zu engagieren. Hier sei die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Schließlich würden nicht selten erfolgreiche Start-Ups von US-Pharmafirmen aufgekauft. Damit gehe das hier erarbeitete Know-How ins Ausland. Zobel erinnert an den Verkauf der Firma Rigontec im Jahr 2017 für bis zu 464 Millionen Euro an den US-Pharmariesen MSD.
Die Abwanderung von Firmen ins Ausland will die Staatsregierung zu verhindern helfen und Start-Ups stärker fördern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte jüngst einen Start-up-Fonds angekündigt, "der am Ende auf bis zu 250 Millionen hoch gerechnet wird". Anstelle von bisher maximal zehn Millionen soll ein Unternehmen künftig bis zu 25 Millionen Euro Zuschuss bekommen können. "Damit erfolgreiche Start-ups nicht am Ende gekauft oder finanziell so strukturiert werden, dass aus einem bayerischen Start-up ein chinesisches oder amerikanisches wird."
Auch wenn die Finanzierung schwierig ist und viele Forschungsansätze gerade in der Medikamentenentwicklung nicht unbedingt zum Ziel führen - also irgendwann als Tabletten in der Apotheke zu kaufen sind: die Biotech-Branche wächst. Die Clustermanagement-Agentur BioM stellte in ihrem jährlichen Report eine "starke Gründerdynamik" fest.
14 neue Start-Ups wagten laut BioM 2019 den Sprung auf den Markt, dem Bericht nach ein "Allzeithoch". Die Zahl der Beschäftigten bei den knapp 250 bayerischen Biotech-Firmen stieg demnach um 5 Prozent auf 16.000. Standorte gibt es auch in Nürnberg, Würzburg und Regensburg.
Das Corona-Virus hat den Start-Ups im IZB ein neues Forschungsfeld beschert, mehrere Firmen beteiligen sich an der Forschung zu dem neuartigen Virus SARS-CoV-2 und der COVID-19-Erkrankung: GNA Biosolutions entwickelte einen neuen Schnelltest; auch Ella Biotech und Exosome Diagnostics arbeiten an COVID-19-Tests. Die Firmen Leukocare, Immunic Therapeutics, Eisbach Bio und Origenis forschen zu Corona-Impfstoffen beziehungsweise COVID-19-Medikamenten.