Weniger Wundinfektionen, geringere Schmerzen, kürzere Krankenhausaufenthalte, schnellere Rückkehr in den Alltag: Bei vielen minimalinvasiven Eingriffen im Bauchraum belegen Studien und Metaanalysen heute Vorteile für die Patienten.
Das stellt die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) in einem aktuellen Beitrag in der Chirurgischen Allgemeinen klar. Gallenblasen- und Blinddarm-operationen sowie mittlerweile mehr als ein Drittel aller Leistenbruchoperationen werden daher in Deutschland mit kleinen Schnitten in laparoskopischer Technik operiert. Früher hinterließen Bauchoperationen eine mehr oder weniger lange, sichtbare Narbe. Für die Entfernung der Gallenblase mussten Chirurgen beispielsweise den Bauch weiträumig mit einem größeren Schnitt öffnen. Heute erfolgt die Operation über drei oder vier kleine Hautschnitte mit Spezialinstrumenten. Die Bauchhöhle wird mit Gas gefüllt, der Arzt operiert unter Sicht einer Videokamera, und es verbleiben kaum erkennbare winzige Narben. Die minimalinvasive Operationstechnik hat sich vor mehr als zwanzig Jahren bei der Entfernung der Gallenblase durchgesetzt, und gilt heute als Standard. "Die Leitlinien empfehlen sie seit Mitte der 1990er Jahre als bevorzugte Operationsvariante, weil sich die Patienten schneller erholen und früher entlassen werden können", berichtet Professor Dr. med. Matthias Anthuber, ab Juli 2018 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am Klinikum Augsburg. In Deutschland werden zwischen 92 und 98 Prozent aller Gallenblasen minimalinvasiv entfernt.
Auch bei Blinddarmoperationen ist der minimalinvasive Eingriff heute international Standard. "Die Patienten haben nach der Operation weniger Schmerzen, es kommt seltener zu Wundinfektionen, sie können früher nach Hause und schneller wieder in die Schule oder an den Arbeitsplatz zurückkehren", sagt der angehende DGCH-Präsident Matthias Anthuber. Er verweist auf eine im vergangenen Jahr veröffentliche Meta-Analyse, die die Ergebnisse aus 32 Studien mit 3.642 Patienten zusammenfasst: "Die laparoskopische Appendektomie schnitt dort in allen Bereichen besser ab", ergänzt Professor Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, Generalsekretär der DGCH.
So erfolgen in Deutschland bereits 55 bis 70 Prozent aller Blinddarm-operationen laparoskopisch. "Erfahrene Chirurgen setzen die Methode mittlerweile selbst bei komplizierten Fällen, etwa einem durchgebrochenen Blinddarm, ein", berichtet Meyer. Auch dafür gibt es eine Empfehlung in den Leitlinien der internationalen Fachgesellschaften. Es muss allerdings die entsprechende Ausstattung in der Klinik vorhanden sein. Und noch viel wichtiger: Der Chirurg muss über ausreichend Erfahrung mit der Operationstechnik verfügen und die Lernkurve in strukturierten Trainingsprogrammen hinter sich gelassen haben. "Das gilt ausnahmslos für alle minimalinvasiven Eingriffe", betont Anthuber.
Den Leistenbruch operieren Chirurgen mittlerweile in 20 bis 40 Prozent der Fälle minimalinvasiv. Hier sollte der Chirurg entsprechend der individuellen Situation des Patienten entscheiden. "Bei Frauen mit beidseitigem Leistenbruch, bei jüngeren Patienten oder bei einem Zweiteingriff nach vorausgegangener Operation in konventioneller, offener Technik ist die minimalinvasive Technik vorteilhaft", betont Anthuber. Eine Klinik sollte heute daher beide Verfahren anbieten und das Vorgehen der individuellen Patientensituation anpassen.
Bei Operationen zur Behandlung der Fettleibigkeit, bei denen Teile des Magens entfernt oder ein Magenbypass angelegt wird, setzen die Ärzte seit circa 20 Jahren konsequent auf die minimalinvasive OP-Technik. Dies ist für die massiv übergewichtigen Patienten deutlich schonender. Der Anteil der laparoskopischen Operationen in der Adipositas-Chirurgie liegt in Deutschland bei 97 Prozent. "Diese Eingriffe haben sich gerade bei diesen sehr speziellen Patienten mit häufigen, auch schwerwiegenden Begleiterkrankungen bewährt. Allerdings sollten diese Eingriffe nur spezielle adipositaschirurgische Zentren vornehmen", betonen Anthuber und Meyer.
Gehäuft wenden Chirurgen die minimal-invasive Operationstechnik auch bei Darmkrebs an. In hochwertigen Studien konnten Vorteile im frühen Verlauf nach der Operation nachgewiesen werden. Auch im Langzeitverlauf gab es keine Nachteile wie Tumorrückfall oder eine erhöhte tumorbedingte Sterblichkeit. "Der Erfolg der Operation hängt jedoch gerade bei Tumordiagnosen von der technischen Expertise und Erfahrung des Chirurgen ab. Es darf nicht ein minimales Abweichen von chirurgischen Standards geben, wie sie in der offenen OP-Technik für die Entfernung des Primärtumors und der begleitenden Lymphknoten erarbeitet wurden", erläutern Anthuber und Meyer.
Chirurgen orientieren sich bei der Wahl des Operationsverfahren an durch wissenschaftliche Studien systematisch entwickelte Empfehlungen. "Voraussetzung für die Anwendung ist jedoch nicht allein die wissenschaftliche Erkenntnis, sondern auch die Fähigkeit des Chirurgen gemeinsam mit seinem Team eine minimal-invasive Operation fachgerecht durchzuführen. Dies erfordert praktische Weiterbildung, Trainingskurse und Begleitung durch bereits erfahrene Kollegen", resümiert Anthuber.
Wie gut die evidenzbasierten Empfehlungen im Klinikalltag umgesetzt werden, zeigt das Bespiel NOTES. Bei dieser Technik nutzt der Chirurg natürliche Körperöffnungen wie den Mund, den Enddarm, die Harnröhre bzw. Blase oder bei der Frau die Scheide, um zum Operationsgebiet zu gelangen ohne erkennbare äußere Narben zu hinterlassen. Hier konnten Studien bislang jedoch keine Vorteile für den Patienten belegen, weswegen NOTES-Verfahren bislang nicht Eingang in die klinische Routine und auch nicht in Leitlinien gefunden haben. "Man darf jedoch gespannt sein, ob in zukünftigen Studien für ausgewählte Indikationen Vorteile bewiesen werden können", betonen die Chirurgen Anthuber und Meyer. Sie sind sich einig: Narbenfreiheit darf niemals für ein sicheres Operationsverfahren geopfert werden.