Rettungskräfte kommen zum Einsatzort und werden angegriffen: Das sind keine Einzelfälle, wie eine Studie aus Nordrhein-Westfalen zeigt. Häufig sind die Patienten die Angreifer.
Beschimpft, beleidigt und oft auch mit Gewalt attackiert: Eine Studie für die nordrhein-westfälische Landesregierung beschreibt das Ausmaß der Angriffe auf Rettungskräfte im Einsatz. Danach ist in NRW jeder achte Feuerwehrmann und Rettungsdienstmitarbeiter in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von körperlicher Gewalt geworden. Noch deutlich häufiger würden Einsatzkräfte angepöbelt, teilten das Innen- und das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Über Beleidigungen bei Einsätzen hätten 60 Prozent der für die Untersuchung befragten Rettungskräfte berichtet. Für die Umfrage hatten 810 Einsatzkräfte über ihre Gewalterfahrungen Auskunft gegeben.
Zu gewaltsamen Übergriffen kommt es laut Studie häufiger in Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern wie Düsseldorf, Köln oder Essen. Die Täter sind demnach in rund 90 Prozent der Fälle 20 bis 39 Jahre alte Männer. In fast drei Viertel der Fälle gehe die Gewalt von den Patienten selbst aus. "Es ist nicht hinnehmbar, dass Helfer bei einem Notfall Sorge haben müssen, selber angegriffen zu werden", sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) laut Mitteilung. Für Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigen die Angriffe "ein erschütterndes Maß an Verrohung".
"Die Gewalt kommt ohne Vorwarnung", sagte die Geschäftsführerin der an der Untersuchung beteiligten Unfallkasse NRW, Gabriele Pappai. Die befragten Retter hatten berichtet, dass sie während der Diagnose und Erstversorgung angegriffen worden seien. Besorgniserregend sei, dass die Einsatzkräfte häufig überzeugt seien, dass solche Übergriffe zum Job gehörten, betonte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Komba, Andreas Hemsing. Er appellierte an die Betroffenen, "jeden Fall von Gewalt zu melden und strafrechtlich verfolgen zu lassen". Laut Studie wünschen sich 70 Prozent der Befragten mehr Fortbildung in den Bereichen Deeskalation und Selbstverteidigung.
Der Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum hatte für die Studie etwa 4500 Einsatzkräfte angeschrieben, 810 beteiligten sich. Die komplette Auswertung soll im Januar vorgestellt werden.