Die Versorgung mit Schutzimpfungen auch durch Betriebsärzte ist ein wichtiger Bestandteil des im Juli 2015 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention". Ziel ist dabei, den Impfschutz in der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern und gerade das Setting Arbeitsplatz dafür zu nutzen.
Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und der betrieblichen Gesundheitsförderung können Betriebsärzte über 43 Millionen arbeitende Menschen ansprechen und für präventiv-medizinische Maßnahmen sensibilisieren. Das Impfen ist mit § 132e im SGB V als Aufgabe im Betrieb zwar gesetzlich festgeschrieben, allerdings wurden keine weiteren Angaben dazu gemacht, wie dies zwischen den unterschiedlichen Akteuren, also Betriebsärzten, Krankenkassen oder Unternehmen, geregelt werden soll.
Zur Umsetzung des Präventionsgesetzes in der betrieblichen Praxis hatten BARMER und DGAUM bereits im März 2016 eine Kooperation vereinbart. Im Rahmen des Modellvorhabens nach § 20g SGB V "Gesund arbeiten in Thüringen" wird dort nicht nur an Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Prävention, vor allem im Feld von Klein- und Mittelunternehmen, sondern auch an einem bundesweit geltendem Vertragswerk zur Regelung der Impfungen durch Betriebsärzte nach den §§ 20i bzw. 132e SGB V gearbeitet.
Gestützt auf Rechtsgutachten externer Experten steht die DGAUM aktuell in Kontakt mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und hat dort für die Umsetzung des Impfens im Betrieb eine Gesetzesergänzung im SGB V angeregt: § 132e SGB V muss zwingend in die datenschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage von § 295a SGB V aufgenommen werden. Dort ist die Abrechnung u. a. von ärztlichen Leistungen in der hausarztzentrierten bzw. der sogenannten "Besonderen Versorgung" durch externe Leistungsanbieter geregelt.
Für die gesetzliche Krankenversicherung regeln die §§ 20i und 132e SGB V die Rahmenbedingungen für die primäre Prävention der Versicherten durch Schutzimpfungen. Diese gehören zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Der damit verbundene Sicherstellungsauftrag ist ebenfalls in § 132e SGB V geregelt: die Versorgung mit Schutzimpfungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung wird auf der Grundlage von Selektivverträgen organisiert. In der selektivvertraglichen Versorgung können die Leistungserbringer ihre Leistungen dabei ausschließlich direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Insbesondere für Betriebsärzte stellt dies bisher ein erhebliches Problem dar, da diese vielfach nicht über die für eine solche Direktabrechnung erforderlichen Kapazitäten zur ordnungsgemäßen Datenverarbeitung verfügen. Für eine wirtschaftlich effiziente Abrechnung wäre aber die Einschaltung einer privatrechtlich organisierten Abrechnungsstelle erforderlich.
Dies ist allerdings im Moment ausgeschlossen, da das Bundessozialgericht die Rechtmäßigkeit einer solchen Einschaltung vom Vorliegen einer formalgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage abhängig macht, die auf dem Gebiet der Versorgung mit Impfleistungen noch fehlt. Mit der von der DGAUM angemahnten Aufnahme von § 132e in § 295a SGB V könnte diese Gesetzeslücke geschlossen werden. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung der Betriebsärzte in entsprechende Selektivverträge zur Regelung des Impfens im Betrieb bislang wenig erfolgreich gewesen. Alle aktuell bekannten Vertragsentwürfe haben für dieses Problem noch keine Lösung gefunden und setzen auf den Weg der Direktabrechnung zwischen den die Impfleistung erbringenden Betriebsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen.
In dem Bemühen, eine Lösung für das Thema Schutzimpfungen durch Betriebsärzte zu finden, arbeitet die DGAUM inzwischen ebenfalls mit dem Unternehmen VSA zusammen. Die VSA ist ein Dienstleistungsunternehmen, das u. a. im Feld von Abrechnungen für Ärzte und Apotheken aktiv ist. Gegenüber dem BMG haben die Kooperationspartner DGAUM und BARMER nun einen alternativen Weg ausgearbeitet und vorgeschlagen. Aktuell warten DGAUM und BARMER auf Antwort aus dem BMG, ob dieser alternative Weg dort Akzeptanz und Unterstützung findet.
Sollte der von BARMER und DGAUM, sowie von deren Partner VSA, vorgeschlagene alternative Weg zur vertraglichen Regelung von Schutzimpfungen durch Betriebsärzte seitens des BMG Unterstützung finden, so stünde damit ein Modell zur Verfügung, das auch von allen anderen gesetzlichen Krankenkassen genutzt werden könnte. Nur mit einem flächendeckenden und praktikablen Prozess wird man das Ziel einer nachhaltigen Verbesserung des Impfschutzes in der Bevölkerung erreichen können.