Fitness-Apps und Smartwatches überwachen jeden Schritt, jeden Herzschlag. Und die elektronischen Kontrolleure und Motivationshelfer werden immer beliebter. Dabei sammeln viele von ihnen Informationen nicht nur vom und für den Nutzer - sondern auch für den Anbieter.
Wenn Jenny Preuß das Haus verlässt, hat sie die Smartwatch immer am Handgelenk. Die Uhr weiß, wohin sie geht, wie viele Meter sie gelaufen ist und wie schnell ihr Herz schlägt. "Ich finde es praktisch", sagt die 27-Jährige aus Solingen. Alle E-Mails und Nachrichten werden ihr auf das Gerät geschickt - und beim Sport kann sie mit einem Blick ihren Puls kontrollieren.
Von diesen sogenannten Wearables gibt es immer mehr, ob als Smartwatch, Fitness-Armband oder sogar als "smarte" Babybekleidung, die die Atmung des Säuglings überwacht. Die tragbare Elektronik misst Bewegung, sammelt Gesundheitsdaten und erkennt, wie lange der Träger schläft. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt aber vor den vielseitigen Geräten - denn die teilen ihre Ergebnisse oft nicht nur dem Nutzer mit. Bei einer Untersuchung von Fitness-Apps und Wearables haben die Verbraucherschützer erhebliche Datenschutzmängel entdeckt.
20 von 24 überprüften Apps senden Informationen zu Gesundheit, Nutzerprofil, Standort, Nutzungsverhalten oder technischen Daten an Anbieter. 16 Apps senden bereits Daten an Dritte, bevor den Nutzungsbedingungen zugestimmt wurde. Und 10 von 12 untersuchten Wearables sind nicht vor ungewollter Standortverfolgung geschützt: Auch Dritte können dann die Bewegungen der Nutzer beobachten. Aufgrund der Ergebnisse hat die Verbraucherzentrale die Anbieter Apple, Garmin, Fitbit, Jawbone, Polar, Runtastic, Striiv, Under Armour und Withings abgemahnt.
Auch aus sportlicher Sicht gibt es Verbesserungsbedarf, meint Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. "Apps und Wearables bieten keine individuelle Betreuung, sondern nur mathematische Berechnungen." Dabei seien die Daten nicht verlässlich, sagt der Sportwissenschaftler. "Wir haben mal fünf Geräte getestet, beim Streckenmessen. Und alle haben unterschiedliche Ergebnisse gezeigt." Die Geräte könnten eine individuelle Betreuung nicht ersetzen. "Nach sechs bis acht Wochen liegen sie in der Ecke. Warum? Weil es langweilig ist, jeden Tag von Apple eine Medaille verliehen zu bekommen."
Auch Froböse hat Bedenken, wenn es um die Daten geht. Nur wenige davon würden dem Nutzer helfen, etwas über seine Gesundheit zu erfahren. "Im Moment werden immer mehr Dinge gemessen, immer kleinteiliger. Nicht, weil es den Nutzern hilft, sondern um immer mehr Daten herauszuholen. Dabei braucht es nur wenige Parameter für ein gutes Training", erklärt der Sportwissenschaftler.
Eine Zukunft für das digitale Fitnesstraining sieht Froböse trotzdem - wenn der Nutzer besser informiert wird. "Was heißt das, wenn ich 8000 Schritte gelaufen bin? Ist das schlecht? Der Nutzer muss kompetent gemacht werden. Ich könnte mir da zum Beispiel ein Call-Center oder eine Online-Plattform vorstellen, wo die Werte individuell analysiert werden und erklärt wird, was sie bedeuten."
Der Wearable-Markt befindet sich im Wachstum. Nach Informationen des Statistikportals Statista wurden im vergangenen Jahr weltweit 102,4 Millionen Wearables umgesetzt, 25 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dabei waren bei einer Umfrage der Verbraucherzentrale NRW 78 Prozent der Befragten um die Sicherheit ihrer Daten besorgt. Allerdings wird die Datenherausgabe unter gewissen Voraussetzungen toleriert: 61 Prozent fänden es akzeptabel, die Wearable-Daten zu nutzen, um Zeugenaussagen zu überprüfen. Aber nur 13 Prozent sind dafür, den Krankenkassentarif auf Basis der Daten zu berechnen.