Migräne ist eine zyklische Erkrankung, die sich aus einer prä-ictalen, ictalen und post-ictalen Phase in wiederkehrender Folge zusammensetzt. Mithilfe der Bildgebung des Gehirns während dieser drei Phasen der Migräne ist es gelungen, den "Migränegenerator" und sein Zusammenspiel mit anderen Hirnregionen, wie beispielsweise dem Hypothalamus oder dem spinalen Trigeminuskern, näher zu charakterisieren.
Seit Längerem wird bereits vermutet, dass verschiedene Hirnregionen in ihrem jeweiligen Zusammenspiel an der Ausbildung eines Migräneanfalls beteiligt sind. Das Neuroimaging während und außerhalb der Schmerzphase (= ictale Phase) bietet daher eine gute Möglichkeit, sich die zugrundeliegenden Beziehungen der Gehirnabschnitte einmal genauer anzusehen.
Studien identifizierten unlängst den dorsalen Pons als eine Region, welche in engem Zusammenhang mit der Migräne steht und daher als "Migränegenerator" angesehen wird. Daneben scheinen aber auch weitere Hirnareale, wie der Hypothalamus und das dopaminerge System oder das ventrale und das dorsale Mesencephalon sowie der Nucleus ruber beteiligt zu sein.
Bereits in der Prodromalphase der Migräne zeigten Hypothalamus und dorsaler Pons gesteigerte Aktivitäten. Ebenso nahm die Aktivität der spinalen Trigeminuskerne bei Patienten zu, je näher diese einem erneuten Migräneanfall kamen.
Darüber hinaus brachten Beobachtungsstudien, in denen Migränepatienten für 31 Tage ein tägliches MRT erhielten, wertvolle Erkenntnisse darüber, wann bestimmte Hirnzentren im Zyklus der Migräne aktiver waren oder welche Zentren wann miteinander kommunizierten und so möglicherweise das Schmerzempfinden beeinflussen konnten.
In diesen Versuchen zeigte sich, dass der Hypothalamus in der Prodromalphase eine höhere Konnektivität zum spinalen Trigeminuskern aufwies. Während der eigentlichen Kopfschmerzphase traten Hypothalamus und dorsaler Pons in stärkere Wechselwirkung miteinander. Ferner schien der anteriore Hypothalamus eine wichtige Rolle bei der Entstehung der chronischen Migräne zu spielen.
Nervenäste des spinalen Trigeminuskerns innervieren auch das Periost sowie Muskeln im Kopfbereich. Die Reizung dieser Nervenfasern – beispielsweise durch externen mechanischen Druck auf die Kopfhaut – führt beim Migränepatienten einerseits zu einer Schmerzwahrnehmung und ist andererseits Ausgangspunkt der Schmerzmodulation bei Kopfschmerzattacken. Die Druckschmerzhaftigkeit bei Migräne ist dabei in der Regel besonders groß im Bereich der Schläfen und des Nackens.
Desweiteren sind meningeale Kollateralen an der Migräneentstehung beteiligt. Im Zusammenspiel mit Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) kommt es an diesen Gefäßen in den Hirnhäuten zur Vasodilatation. Typischerweise bilden Migränepatienten dann das sogenannte Axon-reflex-Erythem. Damit einhergehend erhöht sich die Schmerzsensitivität der Patienten.
Da dieser pathophysiologische Prozess bei der Migräne durch CGRP getriggert ist, könnten gegen das CGRP gerichtete Antikörper in Zukunft einen weiteren neuartigen Therapieansatz in der Migränebehandlung darstellen.
Dorsaler Pons, Hypothalamus und spinaler Trigeminuskern zählen aufgrund von MRT-Beobachtungen zu den Schlüsselarealen innerhalb des Migränezyklus. Welche Möglichkeiten ihr Zusammenspiel während der prä-ictalen, der ictalen sowie der post-ictalen Phase der Migräne für die zukünftige Diagnostik oder als Therapieansatz bietet, bleibt jedoch erst einmal Gegenstand weiterer Forschungen.
Bereits heute therapeutisch nutzbar könnte indes die CGRP-getriggerte Vasodilatation sein, welche innerhalb meningealer Kollateralen auftritt und als weiterer Ausgangspunkt für eine Migräne gilt. Diese Pathophysiologie ließe sich möglicherweise mittels anti-CGRP-Antikörpern modulieren.
esanum ist Medienpartner des Deutschen Schmerzkongresses 2017. Verfolgen Sie hier das gesamte wissenschaftliche Programm im Live-Stream.
Quelle: