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Untersuchungsausschuss zu Schottdorf: Kommissar in höchster Not

Der Auftritt eines Schlüsselzeugen könnte die Wende im Untersuchungsausschuss Labor bedeuten. Nach derzeitigem Stand wird vom Vorwurf politischer Manipulation bei den Betrugsermittlungen gegen Ärzt

Der Auftritt eines Schlüsselzeugen könnte die Wende im Untersuchungsausschuss Labor bedeuten. Nach derzeitigem Stand wird vom Vorwurf politischer Manipulation bei den Betrugsermittlungen gegen Ärzte wenig übrigbleiben.

Kriminalhauptkommissar Stephan Sattler ist 52 Jahre alt und verbittert. Noch immer leidet er am Scheitern eines großen Projekts, das für ihn zum Alptraum wurde. “Das ist ein unheimlich verletzendes Gefühl”, sagt der Polizist am Dienstag im Untersuchungsausschuss Labor des Landtag.

Das große Projekt, das war die Ende 2006 gegründete Sonderkommission Labor des Landeskriminalamts. Sattler war erster SoKo-Leiter und stürzte sich mit Feuereifer in die Arbeit. Der Kripokommissar glaubte, einem riesigen Betrugskartell Tausender Ärzte auf der Spur zu sein.

Doch nach internen Konflikten im LKA wurde er zuerst als Chef degradiert und 2008 ganz von den Ermittlungen entbunden. Die Augsburger Staatsanwaltschaft verfolgte ab 2009 die meisten Fälle nicht mehr weiter. “Die machen das tot, die stecken das weg”, sagt er. “Da friert Ihnen die Seele.”

Aus dem Fall ist ein Politikum geworden. Denn Sattler wollte sich mit seinem Scheitern nicht abfinden. 2010 erhob er als Zeuge in einem Strafprozess gegen einen Münchner Arzt gravierende Vorwürfe gegen höhere Stellen.

Laut der damaligen Berichterstattung in den Medien unterstellte Sattler Einflussnahme höherer Stellen, weil die Ermittler eine Parteispende des Augsburger Laborarzts Bernd Schottdorf an die CSU aufgedeckt hatten. “Seit wir das der Staatsanwaltschaft gemeldet haben, hatten wir unheimliche Schwierigkeiten, das zu ermitteln”, wurde Sattlers Zeugenaussage damals wiedergegeben. Doch heute will Sattler nichts von einem Vorwurf der Einflussnahme wissen: Er sei falsch zitiert worden. “Nach meinem Dafürhalten ist das nicht richtig.”

Das Schottdorf-Labor gilt als eines der größten Europas. Sattlers Ermittlungen richteten sich gegen Tausende Kunden in der niedergelassenen Ärzteschaft. Nach seiner damaligen Zeugenaussage geriet er selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft – wegen Verdachts der uneidlichen Falschaussage. Das Verfahren wurde aber eingestellt.

Die Kernfragen des Untersuchungsausschusses: Warum verliefen die Betrugsermittlungen gegen die Ärzte im Sand? War es politische Manipulation oder hatte die Augsburger Staatsanwaltschaft sachliche Gründe? “Es steht immer so im Raum, da gab es dunkle Mächte, die auf tapfere Ermittler, auf stolze LKA-Beamte Einfluss genommen haben, damit die ihren Job nicht erledigen können”, sagt der stellvertretende Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD).

Nun steht aber auch die Frage im Raum, ob Kripomann Sattler und seine Verbündeten selbst politischen Einfluss mobilisieren wollten, um die Ermittlungen in ihre Richtung zu lenken. Einem Münchner Staatsanwalt schrieb Sattler damals, dass sich der LKA-Kollege Robert Mahler den Linken-Politiker Gregor Gysi als Anwalt genommen hatte: “Vielleicht lässt oder muss sich die Geschichte politisch lösen, wenn es denn so sein muss.”

Sattler wird auch mit einer Mobbing-Mail konfrontiert, die er 2009 an den LKA-Präsidenten Peter Dathe geschrieben hatte. Er warf anderen Ermittlern Rechtsbeugung vor, beschuldigte Kollegen des fehlenden Arbeitseifers und schwärzte zwei Vorgesetzte an: Diese hätten über den Präsidenten gelästert. “Im Nachgang betrachtet, würde ich sowas nie mehr schreiben”, sagt er.

Der Ausschussvorsitzende Alexander König (CSU) will noch keine Bewertung abgeben: “Wir müssen erst die weiteren Zeugen abwarten.” Warum die Augsburger Staatsanwaltschaft 2009 die Betrugsermittlungen gegen die meisten betroffenen Ärzte nicht weiter verfolgte, ist nach wie vor offen. Denn in München lief ein Pilotverfahren gegen einen Mediziner, das ausdrücklich als Vorbild für mögliche weitere Prozesse dienen sollte. Der Münchner Arzt wurde verurteilt, aber viele weitere Fälle waren in Augsburg schon vorher eingestellt oder verjährt.

Nach jetzigem Stand müssen die Augsburger Staatsanwälte wohl mit dem Vorwurf leben, einen Fehler gemacht zu haben. Der Grund dafür war nach bisherigem Stand aber nicht Einflussnahme von oben, sondern die Befürchtung, mit den Verfahren vor Gericht Schiffbruch zu erleiden. Einen Rufschaden hat jedenfalls das Landeskriminalamt erlitten. “Ein Intrigantenstadl”, sagt ein Abgeordneter nach Sattlers Vernehmung.

Text und Foto: dpa/fw