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Unterschiedliche Prognosen bei Harnblasenkrebs und Querschnittlähmung

Studien deuten darauf hin, dass Querschnittgelähmte ein erhöhtes Risiko haben, an Harnblasenkrebs zu erkranken. Noch sind aber viele Fragen offen, etwa zu den krankmachenden Mechanismen.

Bessere Prognose bei Personen, die bereits vor Querschnittlähmung an einem Harnblasentumor erkrankt waren

Studien deuten darauf hin, dass Querschnittgelähmte ein erhöhtes Risiko haben, an Harnblasenkrebs zu erkranken. Noch sind aber viele Fragen offen, etwa zu den krankmachenden Mechanismen. Mit einem nationalen Team haben Forschende des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung und UrologInnen des Berufsgenossenschaftlichen Klinikums Hamburg erstmals Daten von Personen untersucht, die bereits bei Eintritt der Querschnittlähmung an einem ihnen bisher unbekannten Harnblasentumor erkrankt waren. Diese Personen haben laut der aktuellen Studie eine bessere Prognose als Betroffene, die erst Jahre nach der Diagnose Querschnittlähmung an einem Harnblasentumor erkrankten.

Das Studienteam hat die Daten von 7.004 PatientInnen ausgewertet, die zwischen 1998 und 2018 am Querschnittgelähmten-Zentrum des BG Klinikums Hamburg behandelt wurden. Bei vier der Querschnittgelähmten wurde bei der urologischen Erstuntersuchung, die das Klinikum in den ersten Wochen nach einer Querschnittlähmung durchführte, ein Harnblasentumor festgestellt. Die vier Betroffenen wussten bis zu diesem Zeitpunkt also nicht, dass sie daran erkrankt waren. Ihre Daten haben die Forschenden in der aktuellen Arbeit mit denen von 37 Querschnittgelähmten verglichen, die im selben Zeitraum am Querschnittgelähmten-Zentrum behandelt wurden, aber erst viele Jahre nach Eintritt der Lähmung an einem Harnblasentumor erkrankt waren.

Der Vergleich der Gruppen machte deutliche Unterschiede in den ersten fünf Jahren nach der Krebsdiagnose sichtbar: Die vier Personen, die bereits vor der Querschnittlähmung an einem Harnblasentumor erkrankt waren, hatten eine viel bessere Prognose als Personen, die schon viele Jahre querschnittgelähmt waren und dann einen Tumor in der Blase entwickelten. Es zeigte sich, dass keiner der vier Querschnittgelähmten an einem sehr aggressiven Tumor litt, der bereits in die Muskulatur eingewachsen war. Auch waren die Zellen durch die Krebserkrankung nicht so stark verändert.

Diese Erkenntnisse passen zu den Daten über HarnblasenkrebspatientInnen in der Allgemeinbevölkerung des Robert Koch-Instituts. Die Ergebnisse unterscheiden sich aber stark von den Befunden von Querschnittgelähmten, die erst Jahre später einen Harnblasentumor entwickeln. Hier traten häufiger invasivere Tumoren auf und in der Mehrzahl der Fälle lag ein abnormales Zellbild vor.

Unterschiede bei den Überlebensraten

Diese histopathologischen Befunde wirken sich auf die Prognose aus: Während alle vier Querschnittgelähmten auch fünf Jahre nach der Diagnose Harnblasenkrebs am Leben waren, nahm die Überlebensrate bei den Langzeit-Querschnittgelähmten rapide ab: Fünf Jahre nach ihrer Harnblasenkrebsdiagnose waren 65% verstorben.

Langzeitfolgen im Blick

Anders als bei Langzeit-Querschnittgelähmten hat die Querschnittlähmung die Prognose der Personen nicht erkennbar negativ beeinflusst, die bereits bei Eintritt der Querschnittlähmung unwissend an Harnblasenkrebs erkrankt waren. "Das können wir auf Basis unserer begrenzten Daten aber nur für die ersten fünf Jahre zeigen. Wie es nach zehn oder mehr Jahren aussieht, muss in einer weiteren Studie untersucht werden. Denn wir wissen aus früheren Studien, dass PatientInnen, die zehn oder mehr Jahre querschnittgelähmt sind, ein erhöhtes Risiko haben, an aggressiven Formen von Harnblasentumoren zu erkranken", erklärten die Autoren um Dr. Ralf Böthig, Prof. Klaus Golka und Privatdozent Dr. Roland Thietje.

Quelle:
Böthig R et al., Incidental bladder cancer at initial urological workup of spinal cord injury patients. Spinal Cord Series and Cases 2020; doi: 10.1038/s41394-020-0307-4