Die Ergebnisse (DOI: dx.doi.org/10.1038/ncomms10996) zeigen, dass eine kleine Möglichkeit, einen schmerzhaften elektrischen Schlag zu erhalten für die meisten Menschen mehr Stress bedeutet als eine Konstellation in der sie sicher wissen, dass ihnen ein Schock bevorsteht.
Wissenschaftler des University College London (UCL) rekrutierten 45 Freiwillige und baten sie daraufhin ein Computerspiel zu spielen, in welchem sie Steine umdrehen mussten, unter denen potentiell Schlangen lauern könnten.
Ziel war es, zu erraten, ob eine Schlange unter dem jeweiligen Stein lag oder nicht. Drehten sie einen Stein mit einer Schlange löste dies einen kleinen elektrischen Schlag auf der Hand des jeweiligen Probanden aus.
Da die Teilnehmer im Laufe der Zeit besser mit dem Spiel vertraut wurden, änderte sich die Wahrscheinlichkeit mit der ein bestimmter Felsen eine Schlange beherbergte. Dies führe bei den Probanden zu einer deutlich fluktuierenden Unsicherheit.
Ein ausgeklügeltes Computermodell maß die Unsicherheit der Teilnehmer bezüglich der Frage, ob eine Schlange unter einem bestimmten Felsen versteckt war oder nicht.
Zur Vermessung von Stress, analysierten die Forscher die Pupillenerweiterung, die Schweißproduktion und die Erfahrungsberichte der Teilnehmer.
Je höher das Niveau der Unsicherheit war, desto mehr Stress wurde durch die Probanden erfahren. Die Ergebnisse zeigten darüber hinaus, dass die stressigsten Momente diejenigen waren, in denen die Probanden einen Stein mit 50%iger Wahrscheinlichkeit für einen Schock drehen sollten. Steine mit 0%iger oder 100%iger Wahrscheinlichkeit erzeugten hingegen am wenigsten Stress.
Menschen, bei denen die Stressniveaus annähernd so hoch wie ihre Unsicherheit ausfiel waren signifikant besser beim erraten, ob sie einen Schock bekommen oder nicht. Diese Beobachtung könnte darauf hindeuten, dass uns Stress dabei helfen kann, die Gefahr einer Situation besser einschätzen zu können.
Erstautor Archy de Berker erklärt, dass es für Menschen scheinbar viel schlimmer sei nicht zu wissen, dass man einen Schock bekommen wird, als zu wissen, dass man auf jeden Fall einen bekommen wird oder eben nicht. Genau die gleichen Effekte konnten die Wissenschaftler in ihren physiologischen Messungen nachweisen: Die Probanden schwitzen mehr und ihre Pupillen wurden größer, wenn sie sich sehr unsicher waren.
Auch wenn viele Menschen dieses Konzept als logisch und vertraut einstufen dürften, ist es tatsächlich das erste Mal, dass die Wirkung von Unsicherheit auf Stress wissenschaftlich quantifizieren wurde.
Co-Autor Dr. Robb Rutledge bemerkt, dass Menschen, die sich für einen Job bewerben, normalerweise entspannter sind, wenn sie sich vergleichsweise sicher sind, dass sie die Stelle bekommen oder nicht bekommen werden. Laut ihm ist das stressigste Szenario immer eines, in dem man wirklich nicht weiß was passieren wird. Letztendlich scheint es dann die Unsicherheit zu sein, die uns ängstlich werden lässt.
Text: esanum /pvd
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