Wohlgenährte rosa Wonneproppen zieren Webseite und Plakate der Messe. Ein Baby! Das ist der Herzenswunsch vieler Paare, bei denen es auf natürlichem Wege mit dem Nachwuchs nicht klappen will. Betroffene sollen sich an einem Wochenende schlau machen können über die Möglichkeiten der Medizin und dann alles richtig machen auf dem Weg zum eigenen Nachwuchs - das versprechen die ersten Kinderwunschtage in Berlin. Es ist nach Veranstalter-Angaben die erste Publikumsmesse zu dem Thema. Doch schon im Vorfeld gibt es Kritik daran.
Denn auf der Messe am 18. und 19. Februar präsentieren sich zahlreiche ausländische Kliniken, die auch hierzulande illegale Verfahren im Portfolio haben. Eizellenspenden und Leihmutterschaft etwa. "Das ist eine Werbeveranstaltung, von der gerade für Patienten keine sachlichen Informationen zu erwarten sind", sagt der Berliner Landesvorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte, Matthias Bloechle, der Deutschen Presse-Agentur. Die Messe sei unnötig.
Dabei gibt es schon länger Anzeichen, dass sich Paare von Verboten kaum abhalten lassen, wenn sie unbedingt ein Kind wollen. Viel diskutiert wurde vor zwei Jahren etwa der Fall einer 65-jährigen Berlinerin, die dank Samen- und Eizellenspenden in der Ukraine Vierlinge zur Welt brachte und sich von Fernsehkameras begleiten ließ. Auch der Deutsche Ethikrat will sich im März bei einer Veranstaltung mit dem "reproduktiven Reisen" und Konsequenzen in Deutschland beschäftigen.
"Wir haben viele Leute aus dem Ausland, auch aus Deutschland", sagt Craig Reisser von den US-Fruchtbarkeitszentren Oregon Reproductive Medicine aus Portland, die sich in Berlin präsentieren wollen. Wie viele Deutsche direkt oder vermittelt von einer deutschen Klinik zu Kinderwunschbehandlungen verreisen, wird aber nirgends erfasst. 1000 bis 3000 Paare seien es wohl, schätzt Ulrich Hilland, Vorsitzender des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands (BRZ).
In Deutschland stoßen die Kinderwunschtage in eine Lücke: die zwischen medizinischen Möglichkeiten und Gesetzgebung. Gerade bei der nach dem Embryonenschutzgesetz verbotenen Eizellenspende fordern manche Fachleute schon länger eine Lockerung. "Das Verbot ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Hilland. Es sei aber wichtig, Paare gut über mögliche Risiken aufzuklären und sicherzugehen, dass Kinder eines Tages die Spenderin ausfindig machen können - anders, als es im Ausland in der Regel der Fall ist.
Dorthin aber bauen die Kinderwunschtage Paaren nun die Brücke, ausdrücklich auch Homosexuellen. Nur liquide müssen sie sein. Eine Eizellenspende im mittleren Preissegment etwa koste in den USA zwischen 40 000 und 45 000 Dollar (37 000 und 42 000 Euro), inklusive Behandlung sowie Vergütung für die Spenderin, rechnet Reisser vor. Günstiger sind Kliniken in Spanien, Polen oder Tschechien. Diese gelten bei Deutschen bislang als die gängigeren Ziele.
Die Veranstalter wissen um die rechtliche Problematik. Wie deren Berater, Rechtsanwalt Holger Eberlein, sagte, könnten Ärzte wegen Beihilfe belangt werden, wenn sie über verbotene Verfahren mehr als nur informieren würden. Die Messe bemüht sich daher um einen wissenschaftlichen Charakter und hat einen umfassenden Seminarplan.
"Ich sehe das mit gemischten Gefühlen", sagte Reproduktionsmediziner Hilland. "Infos sollte man weitergeben dürfen" - aber er sieht einen hohen Grad an Kommerzialisierung, besonders bei den US-Einrichtungen. "Da ist die Frage, wie weit will man es mit den Hoffnungen von Paaren treiben?" Der BRZ habe sich angesichts dessen gegen einen Stand bei den Kinderwunschtagen entschieden.
Veranstalter ist eine Firma aus Großbritannien, die dort seit einigen Jahren mit "Shows" am Markt ist - Gesundheitsmessen für Produkte und Leistungen zu Themen wie Allergien oder eben Fruchtbarkeit. Sie will in einer Zeit, in der Betroffene in der Info-Flut im Internet leicht die Orientierung verlieren, mit persönlichem Kontakt punkten.
Der Markt hierzulande hat jedenfalls Wachstumspotenzial: Bislang nutzen die meisten Kinderlosen gar nicht erst Kinderwunschbehandlungen - und wenn doch, dann spät als Ultima Ratio, wie es in einer Studie des Bundesfamilienministeriums heißt.
Daten aus dem sogenannten IVF-Register zeigen: Wenn Patientinnen eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen, sind sie inzwischen im Schnitt 35,2 Jahre alt - etwa 2,5 Jahre älter als Patientinnen 1997. Die besonders fruchtbare Zeit ist bei Frauen mit Mitte 30 allerdings schon um Jahre überschritten. Wenn es dann zum Beispiel auch im Reagenzglas nicht klappt, kann es für eine Adoption im Inland zu spät sein. Und was bleibt dann - außer aufgeben oder dem Weg ins Ausland?