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“Überlernende” Chirurgen agieren signifikant besser

Wissenschaftlich erforscht: Die Notwendigkeit eines Chirurgen, über die Facharztprüfung hinaus zu üben. Einer neuen Untersuchung zufolge ist das “Überlernen” eine sehr effektive chirurg

Wissenschaftlich erforscht: Die Notwendigkeit eines Chirurgen, über die Facharztprüfung hinaus zu üben.

Einer neuen Untersuchung zufolge ist das “Überlernen” eine sehr effektive chirurgische Lernmethode, die die Lernkurve verkürzt. Als Überlernen bezeichnet man die Fortsetzung des Übens, obwohl das Lernziel bereits erreicht wurde.

Forscher der Drexel Universität in Philadelphia fanden heraus, dass das Training der angehenden Chirurgen an einem Simulator, über das erforderliche Wissen hinaus, zu einem nachhaltigeren Wissenserwerb und Erlernen der geforderten Fähigkeiten führt. Im Gegensatz zu denen, die nach dem Erreichen eines initialen Lernziels aufhörten zu üben. Die Ergebnisse der Studie wurden 2015 auf dem jährlichen Klinikkongress des amerikanischen Colleges für Chirurgen vorgestellt.

“Bei all den Veränderungen, die jetzt in der chirurgischen Ausbildung vonstattengehen, verlangt es eine dringende Optimierung und Maximierung in der Ausbildung unserer Assistenzärzte”, erklärt Hauptautor Andres E. Castellanos, MD, FACS, Leiter der Abteilung für minimalinvasive Chirurgie und Robotertechnik am Drexel University College of Medicine. “Unser Ziel ist es herauszufinden, wie wir die chirurgische Ausbildung verbessern können. Wir müssen die Leute dazu bringen auch nach der Prüfung weiter zu lernen und zu üben, um bessere Chirurgen auszubilden und damit eine qualitativ hochwertigere Medizin zu schaffen.”

Chirurgen übten am LapSim um Kompetenz zu erweitern

Zurzeit werden sowohl verschiedene virtuelle Programme für den Wissenserwerb als auch die Verbesserung chirurgischer Techniken bei Routineeingriffen genutzt. Dabei ist das Standardvorgehen für die Auszubildenden, so lange an einem 3D Simulator zu üben, bis die gewünschte Kompetenz auf dem Gebiet erreicht ist, um dann zum nächsten Eingriff überzugehen.

Ziel der Pilotstudie war es, den Effekt des Lernens und Übens über den Punkt der gewünschten Fähigkeit hinaus zu evaluieren. Dafür wurde ein simuliertes Cholezystektomiemodell genutzt, an dem das Beibehalten der laparoskopischen Fähigkeiten getestet wurde.

Für die Studie wurden 20 Assistenzärzte der Allgemeinchirurgie und der Notfallmedizin ausgewählt. 10 davon wurden zufällig in eine Kontrollgruppe eingeteilt, die anderen 10 bildeten die Testgruppe. Die Assistenzärzte vollzogen eine laparoskopische Cholezystektomie an einem LapSim virtuellen Simulator. Beide Gruppen übten in regelmäßigen Sitzungen, bis sie ein definiertes Leistungsniveau von mindestens 80 Prozent erreichten. Diese 80 Prozent sind äquivalent zu 80 Prozent der Fähigkeiten eines erfahrenen Chirurgen.

Die Testgruppe fuhr – nach Erreichen des definierten Levels – ununterbrochen mit den Übungen am LapSim fort. Dabei erledigten sie die gleiche Anzahl an Wiederholungen, die sie brauchten, um das 80 Prozent-Level zu erreichen. Außerdem übten die Assistenzärzte der Testgruppe doppelt so viel, wie eigentlich für das Erreichen des ersten Lernziels vorgesehen war.

Die Forscher beurteilten in der Testung die Gesamtpunkzahl, die Zeit, Umgang mit den Trokaren, rechts/links und die Gewebspenetration. Nach einer, vier und 12 Wochen wurden dann die behaltenen Kompetenzen getestet.

Medizinisches Wissen muss nachhaltig und aktuell sein

Die Studie zeigte nicht nur eine verkürzte Lernkurve, auch die Gesamtpunktzahl am LapSim war bei der Testgruppe deutlich erhöht im Gegensatz zu der Kontrollgruppe (76 vs. 68). Außerdem war der Wissenserwerb bei der Testgruppe nachhaltiger und die Eingriffe wurden etwa 20 Prozent schneller durchgeführt. Auch die Fehlervermeidung war effizienter in der Testgruppe und insgesamt traten weniger Fehler auf.

“Wir wollen den Standard anheben. Mit dieser Methode werden wir die Leute zwar initial etwas härter arbeiten lassen, aber im Allgemeinen zeigt unsere Studie ja auch, dass wir die Lernkurve sogar verkürzen”, sagt Dr. Castellanos.

Bis jetzt hat sich niemand mit dem Effekt des Überlernens in Bezug auf das Behalten chirurgischer Fähigkeiten beschäftigt. Diese Studie gibt einen Überblick über die Effizienz des Trainings über das Lernziel hinaus.

“Wenn man über das geforderte Maß hinaus lernt, hilft das, das Wissen aufrecht zu halten. Besonders in Hinblick auf die 80 Stunden-Woche unserer Assistenzärzte ist dies wichtig. Natürlich können wir die nötigen Fähigkeiten vermitteln. Wir müssen nur ein wenig umdenken und unsere Lehrmethoden anpassen, um es langfristig effektiver und effizienter zu gestalten”, erklärt Dr. Castellanos.

Die Forscher wollen zukünftig noch größere Studien zu dem Thema durchführen. “Zusätzlich zum Überlernen wollen wir einen Blick auf die Art der Lehre werfen. Wenn wir das Überlernen schon sehr früh in der Ausbildung mit komplexen Eingriffen kombinieren, glauben wir bessere und effizientere Chirurgen ausbilden zu können”, sagt Dr. Castellanos. “Wir hoffen inständig, dass unsere Forschung einen Stein ins Rollen bringt und eine Veränderung bewirkt. Unsere Gruppe arbeitet an verschiedenen Studien, um Daten zu sammeln und zukünftig ein besseres Curriculum zu ermöglichen.”

Text: esanum/ sb

Foto: nimon / Shutterstock.com