Immer wieder gelangen tropische Stechmücken wie die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus mit Warenlieferungen oder im Gepäck von Reisenden nach Europa. Zunehmend finden sie hier Lebensbedingungen vor, die eine dauerhafte Ansiedlung ermöglichen. In weiten Teilen Südeuropas, bis hinein nach Süddeutschland, haben sich so bereits stabile Populationen tropischer Mücken etabliert.
In Freiburg im Breisgau und entlang des Oberrheins ist es im Sommer inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr, einer Asiatischen Tigermücke zu begegnen. Auch Exemplare des Japanischen Buschmoskitos Aedes japonicus werden dort seit einigen Jahren regelmäßig nachgewiesen. "Die Ausbreitung dieser Exoten findet zunächst entlang der Hauptreiserouten statt", berichtet Professor Dr. med. Egbert Tannich vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. So haben Forscher des Instituts, die in Kooperation mit anderen Instituten und Fachgesellschaften Mückenpopulationen in Deutschland erfassen, die tropischen Arten zunächst an Autobahnraststätten nachgewiesen.
Auch wenn die beiden Aedes-Arten Krankheitserreger wie das Zika-Virus und die Erreger des Dengue- oder des West-Nil-Fiebers übertragen können, sieht Tannich die Gefahr von Ausbrüchen in Deutschland als gering an. "Mit Ausnahme des Chikungunya-Fiebers benötigen die Krankheitserreger für eine Übertragung erhöhte Temperaturen über einen längeren Zeitraum, wie sie bei uns auch im Sommer nur selten anzutreffen sind", sagt der Tropenmediziner. Im Rahmen des bundesweiten Mücken-Monitorings, das vor zwei Jahren durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ins Leben gerufen wurde, habe sich gezeigt, dass hierzulande noch keine für Menschen gefährlichen Viren zirkulieren. In verschiedenen Ländern Südeuropas komme es allerdings immer wieder zu Ausbrüchen des West-Nil- und des Dengue-Fiebers. Aus Italien und Frankreich seien zumindest Chikungunya-Ausbrüche bekannt – bei steigender Besiedlung mit Aedes albopictus und fortschreitender Erwärmung sei damit auch in Deutschland zu rechnen, so Tannich.
Bestandteil des Mücken-Monitorings sind auch Untersuchungen zur so genannten Vektor- oder Überträgerkompetenz. Dabei testen die Forscher, welche Mückenarten prinzipiell in der Lage sind, bestimmte Erregertypen zu übertragen. Theoretisch könnten tropische Krankheitserreger, wenn sie erst einmal hier sind, auch von einheimischen Mücken wie der Gemeinen Hausmücke Culex pipiens weiterverbreitet werden. "Unter Laborbedingungen kann diese in ganz Deutschland häufige Art durchaus tropische Erreger wie das West-Nil- oder das Japan-Enzephalitis-Virus übertragen", sagt Tannich. Allerdings sei es im Freiland hierfür in Deutschland zu kühl.
Ziel des Stechmücken-Monitorings ist es letztlich, die ökologischen und klimatischen Bedingungen zu identifizieren, unter denen sich die verschiedenen Mückenarten und die von ihnen übertragenen Erreger etablieren können. "Nur mit solchen Daten lässt sich abschätzen, ob und in welchen Gegenden Deutschlands die ursprünglich tropischen Krankheiten überhaupt ausbrechen können", betont Tannich – um frühzeitig durch gezielte Maßnahmen das Auftreten neuen Plagen zu verhindern.
Quelle: KIT 2018